Schweißen ist heute ein komplexes Arbeitsfeld, das viel Übung braucht. Bevor man echtes Metall zusammenfügt, kann man seine Fertigkeiten in diesem Bereich digital erproben.
Was die Achterbahn schon seit Jahren zum besonderen Ereignis macht, spielt auch in der Ausbildung eine immer größere Rolle: die virtuelle Realität (VR). Sich mit einer VR-Brille durch den Raum bewegen, auf diese Art und Weise der Held eines Computerspiels sein oder eine Ausstellung besuchen – der eine oder andere hat das sicher schon einmal gemacht. Doch auch im modernen Arbeitsleben spielt VR eine zunehmende Rolle – im Flugsimulator können (angehende Piloten) ohne reale Gefahren schwierige Situationen in der Maschine meistern. Auch Feuerwehrleute üben so den Einsatz unter realen Stressbedingungen, aber trotzdem rein virtuell. Und Ärzte können – bevor sie eine komplizierte und risikoreiche Operation am menschlichen Körper wagen – zuerst eine 3D-Simuation durchlaufen.
Aber auch dort, wo es dem ersten Anschein nach nicht um Leben und Tod geht, macht VR Sinn. Beispielsweise in der klassischen Metallbearbeitung und speziell dem Schweißen. Hier geht es eigentlich heiß her, doch um die Sicherheit für Nachwuchskräfte am Anfang ihrer Ausbildung zu erhöhen, hat die IHK-Akademie Südlicher Oberrhein in Offenburg vor Kurzem ihr Ausbildungs-Know-how erweitert und in zwei Anlagen für das virtuelle Schweißen investiert.
Nah dran am echten Schweißen
Anders als bei der klassischen virtuellen Realität sieht der Auszubildende dabei nicht eine komplett künstliche Umwelt, sondern es wird eine „erweiterte Realität“ (Augmented Reality) geschaffen. Sprich: Im Sichtfeld des Schweißhelms ist die reale Umgebung zu sehen, das zu bearbeitende Metall wird dagegen optisch dem Schweißvorgang entsprechend dargestellt, ebenso Brenner oder Schweißdraht. „Das System ist sehr nahe dran an der Realität, man merkt nur kleine Unterschiede, sogar das typische Schweißgeräusch wird erzeugt“, beschreibt Jürgen Kimmig, Ausbilder im Bereich Metall bei der IHK-Akademie. Egal ob das Schweißen von Winkeln, Zylindern oder anderen Gegenständen aus Stahl, Edelstahl oder Aluminium – im Prinzip ist alles möglich. Kimmig: „Man kann auch das Schweißen in sogenannten Zwangspositionen üben, beispielsweise über Kopf, wie das oft auf Baustellen der Fall ist.“
Umweltfreundlicher Nebeneffekt
Das virtuelle Schweißen hat eine Reihe von Vorteilen, unter anderem bei den Themen Nachhaltigkeit und Sicherheit. „Wir sparen eine große Menge Rohmaterial und Zeit ein“, sagt Kimmig. Die Geräte können in einem klassischen Schulungsraum, ja selbst an einem normalen Büroarbeitsplatz betrieben werden, eine normale Steckdose reicht aus. Auch wenn zu Simulationszwecken Handschuhe und Schutzanzug angelegt werden können, besteht im Unterschied zum echten Schweißen keine Verbrennungsgefahr.
Und wer schon einmal bei einem Schweißvorgang zuschauen konnte, weiß: Der Beobachter muss sich ebenfalls schützen. Beim virtuellen Schweißen hingegen kann der Ausbilder, der die Arbeit der jungen Nachwuchskräfte verfolgt, seinen eigenen Helm und seine eigene Schutzkleidung im Spind lassen. Entscheidend ist, dass der Schweißvorgang von vielen Personen gleichzeitig an einem großen Bildschirm verfolgt werden kann. So können die einzelnen Handbewegungen während der Arbeit besser beobachtet werden. „Ist die Bewegung zu langsam oder zu schnell, war der Abstand des Brenners zum Material zu groß, oder hat der Winkel nicht gepasst? All das kann live oder im Nachgang bei der Fehleranalyse aufgearbeitet werden“, sagt Jürgen Kimmig.
Das virtuelle Schweißsystem verfügt neben einer Aufzeichnungsfunktion nämlich auch über ein eigenes Analysetool. Hier können sämtliche relevanten Parameter des Schweißvorgangs eingesehen und ausgewertet werden. Ziel: die Präzision der Auszubildenden beim Arbeitsvorgang zu verbessern.
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