2019 feierten die Exportkreditgarantien des Bundes – besser bekannt unter dem Namen Hermesdeckung – ihr 70-jähriges Bestehen. Doch was genau sind eigentlich Exportkreditgarantien, wie funktionieren diese, und wer kann sie nutzen? Hierzu haben wir mit Bernd-Georg Wieczorek von der Euler Hermes AG gesprochen. Als Firmenberater ist er für Unternehmen und Banken in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg der erste Ansprechpartner, wenn es um das Thema „Exportkreditgarantien“ geht.
Herr Wieczorek, was verbirgt sich hinter den Exportkreditgarantien des Bundes?
Die Exportkreditgarantien des Bundes sind ein zentrales Instrument der deutschen Außenwirtschaftsförderung. Sie sichern deutsche Exporteure und die sie finanzierenden Banken gegen politisch und wirtschaftlich bedingte Forderungsausfälle ab.
Und wie funktionieren sie?
Das Grundprinzip der Exportkreditgarantien ist seit ihrer Einführung 1949 im Wesentlichen unverändert geblieben. Sie sichern das Risiko entlang der gesamten Wertschöpfungskette ab: von der Produktion über die Lieferung bis hin zur Zahlung der letzten Rate. Das Risiko des Zahlungsausfalls wird vom Exporteur beziehungsweise der den Export finanzierenden Bank zu einem großen Teil auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen. Hierfür zahlt der Deckungsnehmer eine risikoadäquate Prämie.
Warum ist es für ein Unternehmen überhaupt wichtig, eine solche Absicherung zu haben?
Deutsche Unternehmen gewähren ihren Kunden jedes Jahr Kredite in Höhe von mehreren Milliarden Euro, indem sie Waren liefern und Leistungen erbringen, die sie erst später bezahlt bekommen. Das Risiko: Die Außenstände werden nicht rechtzeitig oder im schlimmsten Fall gar nicht beglichen. Durch die Coronakrise ist dieses Risiko noch einmal deutlich gestiegen. Selbst solvente Kunden mit einem funktionierenden Geschäftsmodell können in diesen Zeiten plötzlich und unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Hermesdeckungen sind jedoch nicht nur ein wichtiges Element des Risikomanagements. Sie erleichtern auch die Finanzierung eines Auslandsgeschäfts.
Zur Person
ist seit 2009 Firmenberater für die Exportkreditgarantien des Bundes. 1984 startete er nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität in Göttingen seinen beruflichen Werdegang bei der Dr. Jebens GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Elmshorn. 1985 wechselte er als Firmenanalyst zur Euler Hermes AG in Freiburg. 2009 übernahm er dort die Tätigkeit als Firmenberater für die Exportkreditgarantien des Bundes für die Region Baden-Württemberg.
Wer kann Exportkreditgarantien nutzen?
Die Exportkreditgarantien des Bundes stehen grundsätzlich allen Exportunternehmen mit Sitz in Deutschland und allen Banken, die deutsche Exporte finanzieren, zur Verfügung – unabhängig von der Größe des Unternehmens oder des Geschäfts. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) nutzen Hermesdeckungen.
In welchen Ländern kann ich Geschäfte mit Hermesdeckungen absichern?
Hermesdeckungen stehen für nahezu alle Länder zur Verfügung. Allein im letzten Jahr hat der Bund Exporte in 153 verschiedene Länder abgesichert. Hermesdeckungen kommen dort zum Einsatz, wo kein ausreichendes Angebot privater Kreditversicherer besteht. Insofern liegt der Schwerpunkt auf Schwellen- und Entwicklungsländern.
Jüngst hat die Bundesregierung die Absicherungsmöglichkeiten auf bisher „marktfähige Länder“ erweitert. Was hat es damit auf sich?
Normalerweise gelten Geschäfte zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen für Exporte innerhalb der EU sowie in OECD-Staaten als „marktfähig“. Das heißt, dort stehen ausreichend Absicherungsangebote der privaten Versicherungswirtschaft zur Verfügung. Eine Absicherung von Geschäften zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen durch staatliche Exportkreditversicherungen ist in diesen Ländern „zu normalen Zeiten“ deshalb nicht zulässig. Vor dem Hintergrund der Coronakrise hat die EU diese Regelung Ende März jedoch aufgehoben. Seitdem können Exportgeschäfte zu kurzfristigen Zahlungsbedingungen auch in diesen Ländern mit staatlichen Exportkreditgarantien abgesichert werden.
Stichwort Corona. Gibt es überhaupt noch Deckungsschutz, und wie wirkt sich die aktuelle Krise auf bestehende Deckungen aus?
Selbstverständlich stehen die Exportkreditgarantien des Bundes auch weiterhin zur Verfügung. Gerade jetzt sind sie essenziell und ermöglichen vielen Exportunternehmen das Überleben. Die Coronakrise führt auch nicht dazu, dass ein bestehender Deckungsschutz grundsätzlich entfällt oder eingeschränkt wird.
Hiesige Exporteure und Banken, die Fragen zu den Deckungsmöglichkeiten oder bestehenden Deckungen haben, können sich gerne direkt an mich wenden.
Interview: Jörg Hermle
Sprechtag
Der Fachbereich International bietet zu Exportgarantien des Bundes im Exportgeschäft am 2. Dezember den nächsten Sprechtag mit der Euler Hermes AG an. In terminierten Einzelgesprächen mit dem Hermes-Experten können alle Fragen rund um die Kreditabsicherungsmöglichkeiten beantwortet werden.
Jörg Hermle, Teamleiter International
Telefon: 07721 922-123
Mail: hermle@vs.ihk.de