Im Frühsommer sorgt die Erholung in der Industrie dafür, dass die Geschäftslage in der gesamten Wirtschaft der Region besser eingeschätzt wird als zu Jahresbeginn. Bei der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage berichten 43 Prozent der Firmen von gut laufenden Geschäften (Jahresbeginn: 26 Prozent). Nur elf Prozent (25 Prozent) bezeichnen sie als schlecht. Damit beurteilt die regionale Wirtschaft ihre Situation auch besser als im Sommer 2020, als zeitweilige Grenzschließungen und Unterbrechungen der Lieferketten die Industrieproduktion zusätzlich beeinträchtigten.
Unsere von den Schließungen betroffenen Hoteliers und Gastronomen, stationären Einzelhändler und Dienstleister aus der Messe-, Veranstaltungs- oder Kulturwirtschaft warten dringend auf weitere Öffnungsschritte, die mit den fortschreitenden Impfungen auch möglich werden“, sagte IHK-Vizepräsident Hans-Rüdiger Schewe Mitte Mai. Mit der Wiedereinführung der Insolvenzantragspflicht wachse allerdings die Gefahr, dass manche Betriebe doch noch aufgeben müssten. Die regionale Wirtschaft begrüßt, dass mit der Verabschiedung des Infektionsschutzgesetzes bundeseinheitliche Regelungen gelten. „Die beschlossenen Änderungen dürfen jedoch den Stillstand, die Ungleichbehandlung von Unternehmen und damit die Hoffnungslosigkeit in weiten Teilen der Wirtschaft nicht weiter zementieren“, fordert Schewe. Wenn alle Branchen endlich wieder frei wirtschaften könnten, entlaste dies auch die öffentlichen Haushalte.
26 Prozent der regionalen Unternehmen befinden sich laut IHK-Umfrage gegenwärtig bereits wieder in oder sogar über der Vorkrisenauslastung. 19 Prozent rechnen damit, noch in diesem Jahr zur normalen Geschäftstätigkeit zurückkehren zu können. Weitere 25 Prozent erwarten, dies im nächsten Jahr zu erreichen. „Sollte es bei der Lieferung von Impfstoffen und Tests zu Engpässen und Verzögerungen kommen oder würden neue Virusmutationen die Wirksamkeit der Impfstoffe reduzieren, besteht die Gefahr, dass sich diese optimistischen Erwartungen nicht erfüllen“, betont der IHK-Vizepräsident.
Sorge bereitet auch der Anstieg der Rohstoffpreise. Auf der einen Seite profitiert die Exportwirtschaft von der Erholung in China und den USA. So rechnen 44 Prozent der regionalen Firmen mit noch höheren Ausfuhren in den kommenden zwölf Monaten. Auf der anderen Seite hat der wirtschaftliche Aufschwung in wichtigen Abnehmerländern auch eine verstärkte Nachfrage nach Rohstoffen zur Folge, beispielsweise nach Stahl oder für die Produktion von Halbleitern. Dies könnte nicht nur zu Lieferengpässen bei der heimischen Industrie führen, sondern auch über steigende Rohstoffpreise zu höheren Produktionskosten.
Insgesamt hat das Kreditgewerbe aus der Region dazu beigetragen, dass viele Firmen bislang relativ gut durch die Pandemie gekommen sind. Arendt Gruben, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Schwarzwald-Baar, verweist auf die umfangreiche Unterstützung seiner Branche bei der Abwicklung der Coronahilfen: „Regelmäßige Anpassungen, Erweiterungen und Korrekturen der Hilfsprogramme führten zu zahlreichen Fragen bei unseren Kunden. Um dabei schnell und unkompliziert zu unterstützen, haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilweise auch an Samstagen gearbeitet. Mit großem Erfolg – weit über die Hälfte der Hilfsmittel wurde zu Beginn der Coronakrise beantragt. Eine zweite oder gar dritte Welle an Liquiditätsengpässen blieb somit aus.“
Der wirtschaftliche Aufschwung in der regionalen Industrie verbessert die Finanzlage der Betriebe. 48 Prozent der befragten Unternehmen aus der Region bewerten sie mit gut.
Jürgen Findeklee, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Schwarzwald-Donau-Neckar, ergänzt: „Wenn wir die aktuelle finanzielle Situation unserer Firmenkunden mit deren Lage im Herbst 2020 vergleichen, so sehen wir hier eine deutliche Entspannung. Die Mehrzahl der Konten weist eine solide Liquiditätssituation aus. Außerdem ist die Nachfrage nach Krediten, die zur Überwindung der Folgen aufgrund der Coronakrise benötigt wurden, signifikant zurückgegangen, wohingegen wieder verstärkt Investitionskredite verlangt werden. Für uns ein klares Indiz für den wirtschaftlichen Aufschwung in der Region.“
Auch aus Sicht von Markus Waizenegger, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Tuttlingen, bestehen zumindest in der Industrie aktuell kaum Liquiditätsengpässe: „Nach einem noch etwas verhaltenen Jahresbeginn hat die heimische Industrie wieder spürbar an Fahrt aufgenommen. In aller Regel verfügen die Unternehmen über ausreichend Liquidität, teilweise werden Zusatzkredite aus dem vergangenen Jahr nicht beansprucht und zurückgegeben. Auch die durch fehlenden Konsum extrem hohe Liquidität bei den Banken dürfte die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen in den nächsten Monaten eher positiv beeinflussen.“
AS
Anne Spreitzer, Fachbereich Standortpolitik
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