Wachstum trotz Krise – geht das? Drei Handelsunternehmen aus der Region zeigen, dass Erfolg trotz der großen Herausforderungen der letzten Jahre möglich ist. Wir haben sie gefragt, welches Geheimnis hinter ihrem Wachstum steht und welche Tipps sie anderen Unternehmern geben können, um Krisen nicht nur zu überstehen, sondern gestärkt aus ihnen hervorzugehen.
Schmidts Märkte
Fokus: Neubau
Im Dezember 2022 eröffnete nach rund 16 Monaten Bauzeit der neue Schmidts Markt XL Edeka in Wehr. Trotz Coronakrise hatten sich die Inhaber dazu entschieden, den alten Markt in Wehr aufzugeben und einen neuen, größeren Markt zu errichten. Matthias Schmidt, der mit seinem Bruder Maximilian die Schmidts Märkte Wehr GmbH führt, berichtet, wie es war, ein großes Projekt erfolgreich zum Abschluss zu bringen und trotz Krisenzeiten nicht den Mut zu verlieren.
Herr Schmidt, Ihr Unternehmen hat in der jetzigen Krisensituation ein großes Neubauprojekt erfolgreich abgeschlossen: Was war Ihr Erfolgsgeheimnis?
Matthias Schmidt: Zum einen darf man den Kopf angesichts der aktuellen Situation nicht in den Sand stecken. Zum anderen kann man, wenn man an einem Projekt dran ist, dieses nicht einfach abbrechen. Die zwei Faktoren kamen bei uns zusammen.
Wir haben das Neubauprojekt acht Jahre lang geplant und im letzten Jahr kam die Krise auf uns zu. Da habe ich mir schon Gedanken gemacht: Bin ich richtig unterwegs? Aber aufzuhören war keine Option.
Wichtig für unseren Erfolg ist es außerdem, an die Menschen, an die Kunden zu denken. Der Preis spielt zwar eine Rolle, wichtiger ist es aber, dass unsere Kunden sich bei uns wohl- und gut aufgehoben fühlen.
Qualität ist das Nächste. Wir können vielleicht zurzeit nicht nur die hochpreisigsten Produkte anbieten, aber wir achten trotzdem darauf, Qualität und Frische immer miteinzubeziehen.
Was sind Ihre größten Herausforderungen?
Zu den größten Herausforderungen gehört für mich momentan, unsere Mitarbeiter weiter zu motivieren, denn sie repräsentieren das Unternehmen. Wir wollen also die Wertschätzung nochmal steigern. Das haben wir zum Beispiel durch höhere Mitarbeiterrabatte erreicht.
Andere Herausforderungen sind natürlich Themen wie die Energiepreise. Die sind aber händelbar und wir bekommen dabei Unterstützung seitens der IHK, den Einzelhandelsverbänden und der Politik.
Welche Tipps würden Sie anderen Unternehmen geben, um Krisenzeiten erfolgreich zu meistern?
Durchhalten! Auf jede Krise kommt auch wieder eine Erfolgszeit. Außerdem sollte man sich manchmal vor Augen halten, dass wir hier in Deutschland auf hohem Niveau jammern. Da sieht es in anderen Ländern ganz anders aus.
Man sollte auch mal die positiven Dinge sehen, kleine Erfolgsfaktoren erleben dürfen und wie schon gesagt, den Kopf nicht in den Sand stecken.
Wie wird es für Sie weitergehen?
Auch für uns gilt: durchhalten, auf die Zähne beißen und sehen, wie wir die Kosten optimieren können. Dafür sind starke Partner sehr wichtig. Wir führen viele Dialoge, unter anderem mit weiteren Unternehmen aus der Branche. Wir sitzen alle in einem Boot, egal welche Position wir haben oder was wir genau tun. Wir können uns helfen, von anderen lernen und uns gegenseitig auf dem Laufenden halten.
Interview: jb
Exporto
Fokus: Wachsen
Exporto wurde im Frühjahr 2020 von Julius Komp und Pascal von Briel mit Hauptsitz in Konstanz gegründet. Gemeinsam mit IT-lern entwickelten sie ein digitales Zoll- und Steuermodell für grenzüberschreitenden E-Commerce. Das Unternehmen wuchs innerhalb kurzer Zeit auf über 150 Mitarbeiter, verteilt auf sechs Standorte europaweit an.
Herr Komp, Ihr Unternehmen ist trotz der Coronakrise und der jetzigen Situation gewachsen: Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Julius Komp: Bei der Coronapandemie ist die E-Commerce-Industrie einer der wenigen Coronagewinner. In der Branche sind die Umsätze seit Beginn der Pandemie um knapp 20 Prozent gestiegen. Neben den geopolitischen und wirtschaftlichen Einflüssen, von denen wir als Unternehmen profitiert haben, gab es aber auch für uns Herausforderungen zu meistern.
Unser Erfolgsgeheimnis war unter anderem, dass wir von Anfang an auf flexible Arbeitszeiten, moderne Soft- und Hardware und vollständig digitale Kommunikation gesetzt haben. Zusätzlich haben wir viel Wert auf hohe Sicherheitsstandards gelegt und jeden unserer Mitarbeiter täglich auf Corona testen lassen.
Es war uns wichtig, dass unser Teamgeist und die Motivation unserer Mitarbeiter trotz Pandemie und Homeoffice nicht verloren geht – also haben wir auf virtuelle Events gesetzt: Unter anderem eine digitale Weihnachtsfeier organisiert oder virtuelle Kochevents veranstaltet.
Was waren in der Zeit Ihre größten Herausforderungen?
Vor allem strukturelle Entscheidungen mussten getroffen und Rollen sowie Zuständigkeiten definiert werden. In kurzer Zeit mussten viele neue Köpfe unter einem Dach vereint werden. In dieser Situation die Motivation und den Zusammenhalt der Mitarbeiter zu stützen und zu fördern bedarf bei 100 Prozent Homeoffice zusätzlichen Einsatz. Viele Mitarbeiter kannten sich nur virtuell und mussten dennoch als Team zusammenwachsen.
In unserem Fall kam als zusätzliche Herausforderung dazu, dass unser Betrieb im Lager natürlich in Präsenz abgewickelt werden muss – hier haben wir auf hohe Sicherheitsmaßnahmen gesetzt, um unsere Mitarbeiter vor Ort so gut wie möglich zu schützen.
Welche Tipps würden Sie anderen Unternehmen geben, um Krisenzeiten erfolgreich zu meistern?
Ein wichtiger Punkt ist es, moderne Soft- und Hardware bereitzustellen, denn darin besteht die Basis für reibungslose Abläufe sowohl für die Mitarbeiter im Homeoffice als auch im Unternehmen selbst.
Eine offene, ehrliche und transparente Kommunikation ist wichtig und vor allem in Krisenzeiten die Dankbarkeit für die zusätzliche Belastung zum Ausdruck zu bringen. Das funktioniert durch Worte oder aber auch, indem zum Beispiel kleine Aufmerksamkeiten an die Haustüre gesendet werden. Wichtig ist, immer eine Strategie bereit zu haben, um auf mögliche Szenarien reagieren zu können und diese auch offen zu kommunizieren.
Welche werden die größten Herausforderungen in den nächsten Jahren sein?
Es wird für Unternehmen unerlässlich sein, auf mehreren Kanälen zu verkaufen. Vorstellen kann man sich das wie eine Einkaufsstraße, in der die Waren nicht nur in einem, sondern in mehreren Schaufenstern gleichzeitig liegen müssen.
Wichtig ist es dabei, Synergien im Marketing und in der Logistik zu nutzen und Daten korrekt auszuwerten.
Mit der sich extrem schnell entwickelnden Digitalisierung nimmt der Verkauf über die Grenzen und der Wettbewerb in den Märkten zu. Eine große Herausforderung für die Unternehmen wird es sein, internationalen Kunden qualitativ dasselbe Kauferlebnis zu bieten, wie ihren heimischen Kunden.
Wie wird sich Ihre Branche dadurch verändern?
Daten erlangen eine immer größere Relevanz – wer keine Daten nutzt, wird ganz klar verlieren. Es gilt weniger auf das eigene Empfinden und die eigene Einschätzung, sondern vielmehr auf die Auswertung von Daten und deren Optimierung zu setzen.
Vor allem werden diejenigen Unternehmen, die auf Synergien setzen, in Zukunft weiter wachsen. Unternehmen werden sich auf mehrere Zielgruppen gleichzeitig ausrichten, diese aber auf unterschiedliche Weise ansprechen müssen.
Der Fokus für langfristigen Unternehmenserfolg wird vor allem auf der Sicherstellung schneller Lieferketten, ständiger Verfügbarkeit der Waren und der Vollständigkeit der Daten liegen. Da schlechte Kundenbewertungen teuer sind, wird es immer wichtiger werden, auf eine hohe Kulanz im Kundensupport zu setzen.
Interview: jb
Schick Mode
Fokus: Gründung
Tim Schick eröffnete im Oktober 2022 „Schick Mode“ in Rheinfelden. Das Fachgeschäft bietet von Jeans bis zu Anzügen Mode für Herren an. Auch eine kleine Auswahl für Damen ist erhältlich. Wie Schick die Gründung während einer Krisenzeit erlebt hat und welche Tipps er anderen Gründern geben würde, hat er uns im Interview erzählt.
Herr Schick, Sie haben sich in der jetzigen Krisensituation für die Gründung entschieden: Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Tim Schick: Es gibt meiner Ansicht nach nie den idealen Zeitpunkt, sich selbstständig zu machen. Man muss diesen Schritt wagen, wenn man ein Ziel vor Augen hat.
Wichtig für den Erfolg ist, an das zu glauben, was man macht und es mit vollem Herzblut zu tun. Außerdem sollte man vorher die entsprechenden Grundsteine legen, das heißt die fachliche Kompetenz in Punkto Warenkenntnisse sowie auch betriebswirtschaftliches Wissen, Personalführung, Unternehmensorganisation et cetera kennen. Diese habe ich durch meine Grundausbildung sowie Weiterbildungen zum geprüften Handelsfachwirt und aktuell noch zum geprüften Betriebswirt bei der IHK gelernt. Das Wissen hat mir bei der Gründung geholfen.
Wenn man ein Unternehmen gründet, muss eine Strategie dahinterstecken und man benötigt natürlich auch Unterstützung von außen, durch Unternehmensberater, Steuerberater, Familie und Freunde.
Um Erfolg zu haben, ist außerdem der gute Umgang mit den Kunden ausschlaggebend. Ich liebe den Kontakt zu Kunden. Auch mal nur Small-Talk zu halten, ist wichtig und bindet die Kunden an den stationären Handel. Stil und Kleidung ist unglaublich vielfältig, wie auch die Bedürfnisse der Käufer. Sie möchten deswegen eine kompetente und vor allem ehrliche Beratung.
Was waren Ihre größten Herausforderungen?
Die größte Herausforderung für mich war die Zeit. Egal wie gut man eine Geschäftseröffnung plant, zum Schluss rennt einem die Zeit davon. Durch den Krieg in der Ukraine und der Pandemie sind Lücken in Lieferketten entstanden, weshalb es sowohl bei der Ware als auch der Inneneinrichtung des Geschäfts zu Lieferengpässen kam.
Welche Tipps würden Sie anderen Unternehmen geben, um Krisenzeiten erfolgreich zu meistern?
Als Unternehmer muss man Durchhaltekraft zeigen, Vertrauen in seine Stärken haben, Schwächen analysieren und den Mut haben, neue Wege zu gehen.
Man sollte einen für sich geeigneten USP aufbauen und in meiner Branche, das Einkaufen zu einem Erlebnis machen. So bleibt man bei den Kunden in Erinnerung und hebt sich von Mitbewerbern ab.
Was werden die größten Herausforderungen in den nächsten Jahren sein?
Eine Herausforderung werden die steigenden Kosten, sowohl die fixen wie auch die variablen, sein. Wichtig ist außerdem der Erhalt beziehungsweise der Wiederaufbau von lückenlosen Lieferketten, um auch dem Onlinehandel verstärkt entgegenzustehen.
Wie wird sich Ihre Branche dadurch verändern?
Es wird schwieriger, gute Qualität zu bezahlbaren Preisen zu verkaufen. Hier wird sich die Branche umstellen müssen. Dafür müssen immer wieder neue Produktionsverfahren entwickelt werden, welche preiswerter sind, jedoch die Qualität der herkömmlichen Verfahren beibehalten.
Bezüglich der Konkurrenz zum Onlinehandel glaube ich daran, dass die Kunden, sofern Innenstädte attraktiver in Punkto Gestaltung und Einkaufsmöglichkeiten werden, verstärkt den Kontakt in den stationären Handel suchen. Online kaufen ist zwar einfach und schnell, aber eine kompetente und ehrliche Beratung mit Erlebnis und Serviceleistung gibt es nur beim stationären Geschäft.
Interview: jb