Bei einem Firmenbesuch des Sanitätshauses Schaub in Freiburg hat sich IHK-Hauptgeschäftsführer Dieter Salomon über Bürokratiehürden im Gesundheitswesen informiert. Die Firma versorgt monatlich rund 30.000 Patienten. Fast 40 Prozent der Versorgungskosten entfallen allein auf bürokratische Abläufe.
Sanitätsfachgeschäfte sind ein bedeutender Baustein im Gesundheitswesen und ein wichtiges Glied in der medizinischen Versorgungskette. Sowohl in ihren Ladengeschäften und Werkstätten als auch im häuslichen Umfeld, in der Klinik oder im Pflegheim bieten sie neben medizinischen Hilfsmitteln eine umfangreiche Beratung, Betreuung und Versorgung von Patienten durch Spezialisten an. Mehr als 15 Millionen Bundesbürger brauchen bereits heute ein Hilfsmittel. Die Bandbreite reicht von Reha-Hilfsmitteln wie Rollstühlen und Alltagshilfen, über Orthopädie- und Orthopädieschuhtechnik bis hin zur Wundversorgung. Sanitätsfachgeschäfte betreuen Klinikentlassungen, koordinieren termingerechte Lieferungen von Hilfsmitteln und sind Ansprechpartner für Ärzte und Angehörige.
Die Branche wächst, gleichzeitig haben Sanitätshäuser jedoch zunehmend mit bürokratischen Hürden zu kämpfen. Über die Problematiken informierte sich IHK-Chef Dieter Salomon gemeinsam mit Michael Alpert (Geschäftsführer des BWIHK), und Kerstin Andreae (zu dem Zeitpunkt noch Bundestagsabgeordnete der Grünen) bei der Firma Schaub in Freiburg. Mit 310 Mitarbeitern und monatlich rund 30.000 Patientenversorgungen ist das 85 Jahre alte Unternehmen laut eigenen Angaben das größte Sanitätshaus in Baden-Württemberg und versteht sich als Komplettanbieter im Hilfsmittelbereich. „Als Leistungserbringer stehen wir im Moment einem Bürokratiemonster gegenüber“, berichtete Inhaber Peter Wien den Besuchern. So werde beispielsweise aktuell die Verantwortung für falsch ausgestellte Rezepte an die Sanitätshäuser weitergegeben. „Mindestens 60 Prozent der 20.000 Rezepte, die wir monatlich erhalten, sind falsch ausgestellt, weil zum Beispiel die Diagnose unzureichend angegeben wurde oder die Bezeichnung des Hilfsmittels fehlt“, erklärte Wien. Die falschen Rezepte korrigieren zu lassen, kostet die Firma etwa 1.000 Arbeitsstunden im Monat. Nur die wenigsten Ärzte verwenden E-Mails. „Wir müssen hier in Zeiten der digitalisierten Welt tatsächlich den Fax- oder Briefweg oder auch über den persönlichen Kontakt durch den Außendienst gehen“, sagte Schaub-Geschäftsführer Stephan Thoma.
Ein anderes bürokratisches Hemmnis sei die Einholung der Unterschrift des Versicherten. „Bei einigen Krankenkassen wird keine digitale Unterschrift akzeptiert. Sind die Versicherten dement oder komatös, und die Angehörigen leben weit entfernt, bedeutet die Einholung der Unterschrift einen großen Aufwand“, erklärte Thoma. Ein weiteres Problem: Die Vollmacht für den gesetzlichen Vertreter liegt den Krankenkassen häufig nicht vor. Thoma: „Hier wird von uns als Leistungserbringer sogar erwartet, dass wir die nötige Vollmacht anfordern und an die Krankenkassen weiterleiten.“ Zusätzlich zur ärztlichen Verordnung müssen die Sanitätshäuser sogenannte Erhebungsbögen in Papierform ausfüllen. „Die Krankenkassen fordern bis zu 20-seitige Formulare. Diese sind von Kasse zu Kasse auch noch verschieden. Hier würden wir uns zumindest eine Vereinheitlichung wünschen“, sagte Wien. Und dann sind da noch die Rechnungen. „Dokumente, Genehmigungsunterlagen sowie Rezepte werden bei der Abrechnung nur im Original akzeptiert – obwohl die gesamte Dokumentation bereits im Genehmigungsverfahren digital an die Krankenkasse übertragen wurde“, berichtete Thoma. Bei monatlich etwa 20.000 Rechnungen mit durchschnittlich zehn Seiten sind das laut Thoma rund 200.000 Blätter Papier pro Monat, die zusammengestellt, ausgedruckt und verschickt werden müssen. „Hier schlägt die Bürokratie überproportional durch“, klagte Wien.
Salomon und Alpert versprachen, das Thema Bürokratieabbau in der Gesundheitswirtschaft in den IHK-Gremien sowie bei der Dachorganisation DIHK in Berlin einzubringen. „Auf diese Weise können wir auch politisch für die Problematik sensibilisieren“, erklärte Alpert. „Wir müssen es schaffen, dass die beteiligten Akteure besser verzahnt werden“, betonte Salomon. Gleichzeitig waren sich die Teilnehmenden einig, dass die Gesetze angepasst werden müssen.
heo