Alle Menschen sind gleich. Aber: Es gibt auch Menschen, die besonders klug, fleißig, intelligent, begabt sind. Die IHK Südlicher Oberrhein fördert genau solche Menschen mit einem Stipendium. Vergeben wird es an Absolventen, die ihre Ausbildung mit einem sehr guten Ergebnis abgeschlossen haben. Wieviel Sympathie und irgendwie doch wieder Normalität hinter dieser Exzellenz steckt, was sie fördert und wie wichtig das Bekenntnis zur Exzellenz überhaupt ist, beschreiben drei Porträts aktueller Stipendiaten.
Eine, die sich nach ihrem Abitur in keinem Studium, dafür in einem Beruf gesehen hat, von dem man meinen könnte, dass kaum noch jemand Lust darauf hat, ist Judith Hunzinger. Die 21-jährige Müllheimerin lernte im von der IHK anerkannten Ausbildungsbetrieb und in der mit vielen Prädikaten ausgestatteten Müllheimer Buchhandlung Beidek den Beruf der Buchhändlerin. Mit 89 von 100 Punkten beendete sie ihre Ausbildung und bei der IHK-Abschlussveranstaltung traf sie auf eine junge Frau, die ebenfalls IHK-Stipendiatin war und ihr voller Begeisterung davon berichtete. „Also habe ich mich beworben, weil ich mir dachte, dass sich mir mehr berufliche Möglichkeiten erschließen mit einem Abschluss als Handelsfachwirtin“, erzählt Judith Hunzinger. Mit der Qualifizierung hierfür startet sie nun im Oktober 2024. Wenn sie daran zurückdenkt, wie am Gymnasium das Mindset „Abitur ist gleich Elite“ gepflegt wurde, fühlt sie heute noch ihren diesbezüglichen Widerwillen. Das Stipendium sieht sie als ziemlich hilfreich, um ihre Karriere aufzubauen: „Dass man mit Abi etwas Besseres sein soll, und deshalb unbedingt studieren gehen muss, schien mir für mich nicht passend. Jetzt in den Genuss eines Stipendiums zu kommen, ist wunderbar, denn mein Beruf ist meine Berufung, für die ich kein Studium benötige. Aber ich finde es großartig, mich weiter zu qualifizieren, um meinen Job richtig gut zu machen“, lacht Judith Hunzinger.
Wer gefördert wird
Bis zu 8.700 Euro erhält jeder Stipendiat der IHK Südlicher Oberrhein, zehn Prozent der Kosten für die Weiterbildung müssen die Teilnehmenden selbst tragen. Zum 1. Januar 2024 wurden 54 Stipendiaten aufgenommen, wobei nur junge Berufstätige unter 25 Jahren (zum Zeitpunkt der Aufnahme des Stipendiums) gefördert werden können – und sie müssen ihre IHK-Abschlussprüfung mit mindestens 87 Punkten absolviert haben. „Diese nicht unerhebliche Fördersumme wird finanziert durch die Stiftung ‚Begabtenförderungswerk‘ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung“, erläutert Christiane Möller, die bei der IHK verantwortlich ist für den Bereich Aus- und Weiterbildung und die Teamleitung „Fachkräfteservice/Wirtschaft-Schule“ innehat. Da eine Weiterbildung – insbesondere in berufsbegleitender Art und Weise – auch das Privatleben erheblich beeinflusst, stellt die Kammer eine Weiterbildungsberatung zur Verfügung. „Für uns ist dies ein sehr wichtiges Angebot, weil vielen Menschen die Optionen, nach einer guten dualen Ausbildung eben auch noch einen Bachelor oder Master machen zu können, gar nicht bewusst sind“, erläutert Christiane Möller.
Tim Rogge hat von den Stipendien der IHK erfahren, weil er danach gesucht hat. „Ich wollte unbedingt nach dem Ende meiner Ausbildung eine eigene Wohnung haben“, erinnert er sich. Sich weiterbilden und daheim ausziehen – eine ziemliche Herausforderung. Ein Berufsschullehrer gab ihm den Tipp, dass er doch eine IHK-Förderung mit seinem sehr guten Durchschnitt von 1,6 in Anspruch nehmen sollte. Tim Rogge ging auf die IHK-Website. Das Weiterbildungsstipendium war perfekt anschlussfähig an seine Ausbildung zum Kaufmann für Groß- und Außenhandelsmanagement bei der Edeka Südwest Stiftung & Co. KG in Offenburg. Nun wird sich der 22-jährige ab September an der IHK-Akademie auf den Weg zum Fachwirt für Logistiksysteme/Fachwirt für Güterverkehr und Logistik machen. Bis dahin absolviert er bei der IHK die Ausbildereignungsprüfung – einfach „um weiter im Flow des Lernens zu bleiben“. Warum er ausgerechnet diese Weiterbildung gewählt hat? „Logistik ist für mich absolut faszinierend. Das hatte ich schon in der Ausbildung gemerkt. Außerdem arbeite ich jetzt in der Zentrallogistik der Edeka, bei der ich auch gerne bleiben möchte“. Und: In der eigenen Wohnung lebt er auch schon…
Der schnellere Weg
Daran, den Arbeitgeber zu wechseln, will auch André Lempert unter keinen Umständen denken. 2020 hat er bei der Fischer Group Rohrtechnik GmbH in Achern seine Ausbildung beendet, im vergangenen Oktober hat er seine Weiterbildung zum Industriemeister Metall an der IHK-Akademie abgeschlossen, wobei er unbedingt seine Dankbarkeit für das Stipendium zum Ausdruck bringen will. Heute arbeitet er in der mechanischen Instandhaltung der Fischer Group. Für den Weg über die „Meisterschaft“ hat er sich entschieden, weil der einfach schneller war. Tempo scheint ohnehin ein Faktor zu sein, der für André Lempert eine Rolle spielt: Schon während seiner Hauptschulzeit absolvierte er ein Praktikum bei Fischer, ging anschließend für zwei Jahre auf die Berufsfachschule in Bühl, um dann gleich mit dem zweiten Lehrjahr zu starten und sich auch noch eine Lehrzeitverkürzung zu erarbeiten. André Lempert weiß, dass ihm der Technische Betriebswirt jetzt noch eine Möglichkeit zur Weiterqualifizierung bietet, aber zuerst will er „mal gucken, ob ich eine Industriemeisterstelle bekomme“, zeigt er sich zur Abwechslung mal weniger „atemlos“. Dass er die von der IHK geförderte Weiterbildung binnen eines Dreivierteljahres absolviert hat, lag an seiner Entscheidung für die Vollzeit-Variante. „Ich wohne ja noch bei meinen Eltern und so konnte ich es mir auch erlauben, auf mein Gehalt zu verzichten und stattdessen samstags auf Minijob-Basis arbeiten zu gehen, und das eben in Kombination mit dem Stipendium“, resümiert er diese Zeit.
Wie gut sich das private Leben mit einer beruflichen Weiterbildung auch finanziell organisieren lässt, darauf hebt auch Christiane Möller nochmals ab, wobei sie bedauert: „Wir stellen fest, dass an den Schulen die Möglichkeiten rund um die Ausbildung mit Förderpreisen, Stipendien etc. nicht bekannt sind. Selbst Bafög plus Förderpreis beziehungsweise Stipendium ist möglich zu kombinieren, wobei das gut abgestimmt sein muss.“
Text: Doris Geiger
Bild: Adobe Stock – magele-picture
Bilder (Porträts): Tim Rogge (ganz oben), Judith Hunginger und André Lempert