In dieser Serie erläutern wir aktuelle Themen und Stichworte rund um das Gewinnen und Beschäftigen von Fachkräften. In Baden-Württemberg wird in etwa jede fünfte Ausbildung vorzeitig abgebrochen. Ärgerlich und teuer fürs Unternehmen, entmutigend für den Jugendlichen. Sogenannte Ausbildungsbegleiter können das verhindern. Daniel Zeller ist einer von dreien bei der IHK Südlicher Oberrhein.
Herr Zeller, wann kann man Sie und Ihre Kollegen um Hilfe bitten?
Daniel Zeller: Wenn Probleme innerhalb der Ausbildung auftreten, die zu einem Abbruch führen könnten, dann treten wir in Erscheinung.
Wer ruft Sie an?
Alle. Die Firmen, die Ausbilder, die Jugendlichen selbst oder ihre Eltern – oder auch die Berufsschule, mit der Bitte „Schauen Sie mal nach. Da stimmt was nicht.“
Wo drückt denn der Schuh am häufigsten?
Die meisten Probleme treten im Zwischenmenschlichen auf. Der Ausbilder versteht nicht, wie jemand ständig unpünktlich oder bockig sein kann, der Jugendliche fühlt sich gegängelt oder nicht respektiert… All so etwas. Ich muss wirklich eine Lanze für unsere Unternehmen brechen. Es gibt so viele gute Beispiele dafür, wie stark sich für die Auszubildenden eingesetzt wird. Aber da, wo Menschen aufeinandertreffen, menschelt es eben auch. Und sehr oft liegt die Wurzel tiefer. Da müssen wir uns dann in Gesprächen vorarbeiten.
Was wären zum Beispiel tiefere Gründe?
Corona hat zum Beispiel einen großen Effekt gehabt – der immer noch nachhallt. Und jetzt der Krieg… Das alles beschäftigt die Jugend sehr. Depressive Verstimmungen sind nicht selten. Sehr häufig haben wir es auch mit Drogenproblemen zu tun. Suchtproblematiken – von Drogen über Spiele bis zum Essen – haben sich aufgrund von Corona deutlich verstärkt.
Und wie sieht dann Ihre Hilfe aus?
Wir suchen das Gespräch mit allen Beteiligten, versuchen auch, die Eltern mit ins Boot zu holen, und überlegen gemeinsam eine Lösung. Wichtig ist, dass es mit „Verweisarbeit“ à la „Hier hast du eine Telefonnummer, meld dich dort doch mal“ nicht getan ist. Wenn die Jugendlichen sich öffnen, muss man sie schnappen und mit ihnen zu den vereinbarten Terminen gehen, sonst passiert da nichts.
Wie erfolgreich ist Ihre Arbeit?
Von den bei unserer IHK als gefährdet gemeldeten Ausbildungsverhältnissen können wir 80 Prozent retten. Vielleicht nicht immer im ursprünglichen Unternehmen, aber zumindest haben die meisten so am Ende eine Ausbildung in der Tasche. Dies ist auch eine Coronanachwehe: Viele Jugendliche sind mangels Praktika und fehlender Berufsorientierung in der Schule in völlig falschen Berufen gelandet.
Was raten Sie da?
Den Unternehmen raten wir: Bietet Praktikumsplätze an bis zum Umfallen. Ich weiß, das ist aufwendig, aber wenn am Ende von 30 Kandidaten drei überzeugende hängen bleiben, hat sich das doch schon gelohnt. Wir als IHK bieten das Berufsprofiling an, mit dem sich eine berufliche Richtung gut entwickeln lässt.
Was kostet die Ausbildungsbegleitung?
Für die Unternehmen und die Jugendlichen sind wir kostenfrei im Einsatz. Die Ausbildungsbegleitung wird zu einem sehr großen Teil vom Wirtschaftsministerium finanziert, den Rest steuert die IHK bei.
Interview: Ulrike Heitze
Hier gibt es Hilfe und Infos zur Ausbildungsbegleitung:
- Die Ausbildungsbegleiter der IHK
Markus Keßner
Telefon: 0761 3858-164 und 0175 2234361
Mail: markus.kessner@freiburg.ihk.de
Esther Schröter
Telefon: 07821 2703 633
Mail: esther.schroeter@freiburg.ihk.de
Daniel Zeller
Telefon: 0761 3858-185 und 0151 52150028
Mail: daniel.zeller@freiburg.ihk.de - Das IHK-Berufsprofiling für Ausbildung und Studium:
www.ihk.de/freiburg – 3740036