Nach zwei Amtszeiten – die Satzung der IHK Südlicher Oberrhein erlaubt keine dritte – reicht Steffen Auer am 22. Juli den Präsidentenstab weiter. 2012, in seiner ersten Neujahrsrede, war der Fachkräftemangel in der Region einer seiner Schwerpunkte – und ist es bis heute geblieben. Im Gespräch mit „Wirtschaft im Südwesten“ zieht Auer Bilanz.
Herr Dr. Auer, Sie blicken auf zehn Jahre Präsidentschaft der IHK Südlicher Oberrhein. Was hat Ihnen dieses Amt gebracht, was Ihnen sonst verschlossen geblieben wäre?
Steffen Auer: Das war zum einen der Austausch mit vielen Menschen in der Region, ob Unternehmer oder Politiker. Unglaublich, was ich da gelernt habe. Es hat mir den Blick erweitert, das war toll. Zum anderen war das die Art zu kommunizieren. Gerade im politischen Umfeld. Das habe ich gelernt. Wie ich trotz völlig anderer Meinung ein Gespräch führen kann und nach Austausch und vielleicht gerade mal einer Annäherung zufrieden aus einem Gespräch herausgehe.
Und Annäherungen hat es während Ihrer Amtszeit viele gegeben.
Ich sehe die IHK als Netzwerker. Wir müssen einfach besser zusammenarbeiten in der Region, um in Stuttgart und Berlin stärker wahrgenommen zu werden. Da haben wir in den vergangenen zehn Jahren gute Verbindungen und Kontakte aufgebaut – ob mit Handwerkskammer, WVIB, WRO, Südwestmetall oder den Wirtschaftsförderern in den Kommunen der Region. Wir müssen das Kirchturmdenken abstellen. Wenn wir es nicht machen, wer macht es dann?
Zu Ihrem Amtsantritt stand das Thema Digitalisierung längst nicht so weit oben auf der Agenda. Das hat sich gewaltig geändert.
Die Themen Innovation und Digitalisierung müssen in die Köpfe unserer Unternehmer rein. Die Coronapandemie hat gezeigt, dass dieses Thema noch schneller kommt als erwartet. Die Betriebe müssen sich vorbereiten. Und auch wir als IHK müssen intern noch digitaler werden. Da hat sich in den vergangenen Jahren bereits viel getan; wir sind deutlich weiter als viele andere Kammern in Deutschland.
Was geblieben ist, ist der Fachkräftemangel.
Diese Thema wird der IHK auch in Zukunft erhalten bleiben. Ebenso die Frage, wie wir junge Leute, die es zum Studium drängt, in die Ausbildung bekommen. Da gab es einige Maßnahmen, ob „Unternehmer machen Schule“, Aktionen wie „Kariyer Macher“ für türkische Jugendliche oder Projekte, um französische Jugendliche zu locken.
Überhaupt war Ihnen das Thema Frankreich immer sehr wichtig…
Wir sind Federführer Frankreich geworden und haben hier DIHK-weit mit der Kammer im Saarland den Hut auf. Ein Erfolg war sicher, dass wir die grenzüberschreitende Ausbildung überhaupt möglich gemacht haben. Und natürlich, dass die Reaktivierung der Bahn-strecke Colmar-Freiburg in den Aachener Vertrag aufgenommen wurde. Auch bei der Entwicklung des Standorts Fessenheim sind wir dabei. Diese grenzüberschreitenden Pläne sind einzigartig.
Viele dieser Projekte laufen für die 70.000 Kammermitglieder am südlichen Oberrhein eher im Verborgenen. Können Sie verstehen, dass da manch einer hadert, warum er einen Beitrag zahlen muss?
Gerade deshalb müssen wir intern so durchdigitalisiert und effizient wie möglich sein bei Aufgaben wie Gebührenbescheiden oder Zollpapieren. Damit die Mitarbeitenden mehr Zeit für die Mitglieder haben. Wir müssen weg von der administrativen Arbeit hin zu mehr kreativer Hilfe.
Schauen wir zum Schluss noch auf Ihre Person: Wie schwierig wird es für Sie werden, den IHK-Präsidenten nun bald hinter sich zu lassen?
Ich hatte schon viele verschiedene Lebensstationen, von der Promotion über die Beratung zum Mittelstand. Wenn etwas beendet ist, ist es für mich beendet. Da bin ich mit mir im Reinen. Wenn ich etwas mache, mache ich es richtig. Aber wenn ich irgendwo nicht mehr dabei bin, dann bin ich eben nicht mehr dabei. Und so wird auch das Präsidentenamt für mich von einem Tag auf den anderen enden. Aber ich bleibe der IHK ja als Mitglied der Vollversammlung am südlichen Oberrhein und als Mitglied im Aufsichtsrat der IHK Digital GmbH erhalten.
Interview: naz