Begleitung, nicht Beratung: Das ist der Kern vom Kern des neuen IHK-Mentorinnen- und -Mentoren-Service. Ins Leben gerufen hat ihn Christina Gehri, bei der IHK Südlicher Oberrhein stellvertretende Leiterin des Bereichs „Standort & Branchen“, zuständig für die Branchenbetreuung Tourismus und für die Themen Unternehmenssicherung und -nachfolge. Die Betriebswirtin arbeitet seit 30 Jahren bei der IHK und will mit dem neuen Angebot den Stein der Hilfe zur Selbsthilfe ins Rollen bringen. Wir sprachen mit Christina Gehri über emotionale Verstrickungen, die kein Unternehmensberater lösen kann, über das Ehrenamt als solches und über Wunsch und Pflicht, eigenes Know-how nicht brachliegen zu lassen.
Frau Gehri, mit dem Mentoren-Service der IHK Südlicher Oberrhein hält die Kammer ab Juli ein neues Angebot vor, das eine ausgesprochen persönliche Note haben wird. Was genau verbirgt sich dahinter?
Christina Gehri: Es gibt Situationen und Gemengelagen in einem Unternehmen, die kann kein Unternehmensberater, Marketingspezialist oder Rechtsanwalt auf die Schnelle lösen. Meist verbergen sich dahinter emotionale Verstrickungen in Familienunternehmen wie zum Beispiel eine nicht stattfinden wollende oder könnende Generationenfolge. Oder ein Inhaber fällt überraschend durch Krankheit aus oder er verstirbt und es gibt keinen Notfallplan. Oder ein Unternehmen hat permanent Liquiditätsengpässe, obwohl das eigentlich nicht sein dürfte. Manchmal hilft dann ein erfahrener Blick von außen. Den wollen wir organisieren.
Das klingt, als hätten Sie ein Angebot für die Stellen, wo es richtig wehtut – aber keiner richtig hinsieht…
So ist es. Der Mentoren-Service ist dafür gedacht, sehr diskret durch einen Blick von außen das eigene Sichtfeld zu erweitern und damit auch wieder Lösungen zu sehen.
Das könnte ein prima Aktionsfeld für die Berater-Akquise sein…
Das ist es aber nicht. Es gibt einen Kodex, bei dem schriftlich festgehalten ist, dass Akquise absolut ausgeschlossen ist in diesem Kontext. Das Angebot ist für den, der einen Mentor wünscht, ein sehr kostengünstiges Angebot. Der Mentor selbst erhält pro Besuch beziehungsweise Aktionstag im Unternehmen eine kleine Aufwandsentschädigung.
Dann stellt sich die umgekehrte Frage: Machen Sie damit den Beratern das Geschäft kaputt?
Auch das trifft nicht zu. Es geht nicht um Beratung im ureigenen Sinne. Es geht ums Ratgeben. Vielleicht hat jemand einen Marketingspezialisten beauftragt und kommt keinen Schritt voran. Dann kann es hilfreich sein, wenn jemand mit Erfahrung mal auf die Situation schaut und Tipps gibt. Oder der Senior im Unternehmen schafft es nicht loszulassen. Dann kann jemand im gleichen Alter auf Augenhöhe in einem persönlichen und diskreten Gespräch vielleicht einen Knoten zum Platzen bringen. Sozusagen Hilfe zur Selbsthilfe geben. Und die flankiert die Arbeit des professionellen Beraters eher, als dass sie in Konkurrenz zu ihr steht.
Apropos Diskretion: Mentoren gehen ja durchaus ans Eingemachte. Ist das nicht sehr heikel?
Unsere Ehrenamtlichen unterschreiben eine Vereinbarung, in der sie sich auch zum Stillschweigen verpflichten. Das gilt übrigens auch dem IHK-Team gegenüber. Wir erhalten lediglich eine Dokumentation, dass ein Mentoring dann und dann stattgefunden hat.
Wie viele Mentoren haben Sie bereits in Ihrem Pool und wie viele wünschen Sie sich für dieses Projekt?
Im Moment sind es zwölf. Das ist eine sehr zufriedenstellende Anzahl, zumal wir ja gerade erst beginnen. Da ich von IHK-Seite aus die Wirtschaftsjunioren betreue, konnte ich die bisherigen Mentoren aus dem Freundeskreis der Wirtschaftsjunioren heraus gewinnen. Wünschen würde ich mir in nicht allzu ferner Zukunft 50 Mentoren. Das wäre für mich dann auch noch gut zu handhaben, da ich ja sehr sorgfältig Mentor und Mentee auswählen muss. Diese „Paare“ sollten schon zu 100 Prozent matchen, weil sehr viel Vertrauen notwendig ist, um wirklich auf den Punkt zu kommen und ein erfolgreiches Mentoring hinzukriegen.
Was muss ein zukünftiger Mentor mitbringen?
Vor allen Dingen die Lust, das eigene Know-how nicht einfach brachliegen zu lassen, sondern es dort einzusetzen, wo man rasch einen Erfolg herbeiführen kann. Einer der Mentoren hat es so formuliert: „Das ist fast wie unternehmerische Lebensberatung“. Vielleicht liegt er damit gar nicht so falsch. Denn diese Beratungen sind mit Sicherheit sehr anders als die Aufgaben für eine Unternehmensberatung. Sie basieren einfach auf einem ähnlichen Erfahrungshorizont. Und darauf, dass Menschen sich gegenseitig unterstützen und Hilfe anbieten. Einfach so. Das Ehrenamt als solches ist nämlich ebenfalls eine sehr besondere Erfahrung.
Interview: dg
Bild: Adobe Stock – Konstantin
Wer Interesse hat, sich als Mentor oder als Mentee an dem neuen Angebot zu beteiligen, melde sich bei
Christina Gehri
Telefon: 0761 3858-142
Mail: christina.gehri@freiburg.ihk.de.
Weitere Infos auch auf www.ihk.de/freiburg