Im Verantwortungsbereich der IHK Südlicher Oberrhein werden pro Jahr knapp zehn Prozent der Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst. Zwar entscheiden sich einige dieser Abbrecher für eine andere Ausbildung oder ein Studium. Für kleine und mittlere Unternehmen ziehen Vertragslösungen jedoch große finanzielle und personelle Belastungen nach sich, ungeachtet dessen, ob die Auszubildenden ihre berufliche Entwicklung anderweitig fortsetzen.
Damit es erst gar nicht zum Abbruch kommt, ist seit Februar IHK-Ausbildungsbegleiter Markus Keßner im Einsatz. „In vielen Fällen könnte die Vertragsauflösung verhindert werden, wären die Anzeichen erkannt und offene Gespräche geführt worden“, sagt der neue Mann im Team des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung. Die Statistik gibt ihm recht: 50 Prozent der betroffenen Betriebe in Baden-Württemberg sagen, ein Abbruch hätte mit frühzeitiger Vermittlung verhindert werden können. Unter den Auszubildenden sind sogar 75 Prozent dieser Meinung. Keßner ist einer von 20 Ausbildungsbegleitern im Land und Teil des Projekts „Erfolgreich ausbilden! – Ausbildungsqualität sichern“ vom Landeswirtschaftsministerium. Zwei Jahre lang wird die Stelle bei der IHK zu 80 Prozent vom Ministerium gefördert. Zielvorgabe ist die Betreuung von kontinuierlich 35 Jugendlichen, mit vier jungen Leuten ist er bereits in Kontakt. Die Erfolge der bereits aktiven Ausbildungsbegleiter sprechen für das Projekt: In etwa 76 Prozent der abgeschlossenen Fälle wurde eine Vertragslösung vermieden.
Doch wie lässt sich die Unzufriedenheit, die zum Ausbildungsabbruch führt, rechtzeitig erkennen? „Das ist ein schleichender Prozess“, sagt Keßner, „da gibt es viele Indikatoren, beispielsweise fehlende Motivation, unentschuldigtes oder häufiges Fehlen, wiederholtes Zuspätkommen.“ Wenn das Umfeld diese Anzeichen auch sieht, braucht es doch die Unterstützung von außen. „Bei einer zunächst fremden Person ist das Konfliktpotenzial einfach deutlich niedriger als im Gespräch mit Eltern, Ausbildern oder Lehrern“, weiß der Ausbildungsbegleiter. Keßner hat unter anderem zwei Jahre lang Arbeitssuchende auf dem Weg zurück in die Arbeit bei der Handwerkskammer unterstützt; neun Jahre war er bei der Jugendberufshilfe Ortenau tätig und zuvor in der katholischen Jugendarbeit sowie in der Arbeitnehmerseelsorge aktiv. Keßner hat zudem eine zweijährige Ausbildung zum Betriebsseelsorger sowie verschiedene Zertifikate. Und auch mit der dualen Ausbildung kennt sich der 56-Jährige aus: „Meinen Berufsweg habe ich als Schlosser begonnen.“
Um Kontakt zu potenziellen Ausbildungsabbrechern aufzunehmen, will Keßner Sprechzeiten an den Beruflichen Schulen einrichten. Verbindungen zu den Schulsozialarbeitern gibt es schon. Das Angebot soll möglichst niederschwellig sein. Die Schwierigkeiten der jungen Leute sind weitreichend, weiß Keßner: „Das geht von Zweifeln an der Berufswahl über Schulden bis zu Drogenproblemen.“ So langwierig der Prozess von der ersten Unzufriedenheit zur endgültigen Vertragslösung, so zeitaufwendig ist auch die Begleitung eines potenziellen Abbrechers. „Aber es lohnt sich“, glaubt der erfahrene Mann. „Dem Betrieb geht ein Facharbeiter verloren. Und auch die finanziellen Auswirkungen sind hoch. Im Durchschnitt kostet so eine Vertragslösung inklusive Neubesetzung einen Betrieb etwa 7.000 Euro.“
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Markus Keßner
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