
Frau Dreißig, Frau Keller, wie war die Situation in Ihren Betrieben im ersten und nun im zweiten Lockdown für Ihre Auszubildenden?
Claudia Dreißig: Während des ersten Lockdowns konnten wir glücklicherweise einen sehr geregelten Ablauf aufrechterhalten. Unsere Auszubildenden wurden unter anderem im Housekeeping und in der Technik gebraucht und waren daher voll ausgelastet. Im zweiten Lockdown gestaltet sich das Ganze aufgrund der Länge der Schließung etwas schwieriger, weshalb unsere Auszubildenden leider nur teilweise eingesetzt werden können.
Hülya Keller: Im ersten Lockdown konnten wir unsere Auszubildenden noch in viele touristische und betriebliche Projekte involvieren, wie beispielsweise die Abwicklung der Absagen von Reisen bei Partnern und Kunden. Sie waren mit dem Verkaufs- und Projektteam immer sehr nah am Kunden. Auch hatten wir im ersten Lockdown viele interne betriebliche Projekte, wie beispielsweise Neugestaltung und Umstrukturierung der Verkaufs- und Büroräume et cetera, geschaffen.
Claudia Dreißig
Claudia Dreißig ist seit August 2019 Hotelmanagerin des Resorts „Der Öschberghof“. Sie hat bereits ihre Ausbildung im Öschberghof absolviert und sammelte einige Jahre Erfahrungen in anderen Hotels, bevor sie nach Donaueschingen zurückkehrte. Die Gäste des Öschberghofs mit einzigartigen Momenten jeden Tag aufs Neue zu begeistern, ist ihre tägliche Motivation und der Grund, warum sie diesen Beruf gewählt hat.
Das Fünf-Sterne Superior-Resort in Donaueschingen beschäftigt derzeit 78 Auszubildende in den Bereichen Hotelfach, Restaurantfach und Küche, jeweils auch mit Zusatzqualifikation, unter anderem in Verbindung mit dem Hochschulzertifikat Hotelökonom. Neu ist die Möglichkeit zu einer Ausbildung zum Hotelkaufmann (m/w/d). Außerdem bietet der Öschberghof das duale Studium in den Studiengängen Hotelmanagement, Sportbusiness Management und Fitnesswissenschaft und –ökonomie.
Wie findet die Ausbildung momentan statt?
Claudia Dreißig: Da momentan kein regulärer Hotelbetrieb herrscht, unterstützen wir unsere Auszubildenden mit abteilungsspezifischen Schulungen und geben ihnen so wichtige Informationen weiter. Die Inhalte der Berufsschule werden je nach Ausbildungsberuf online vermittelt.
Hülya Keller: Derzeit agieren wir auf Sparflamme. Es werden viele unterschiedliche Webinare, wie beispielsweise Verbesserung der Buchführung den Azubis zur Verfügung gestellt. Jedes Ausbildungsjahr schaut sich unterschiedliche Webinare an, welche sie dann später mit einer Präsentation online vorstellen. Des Weiteren erhalten sie zusätzliche freie Zeit, ihr Schulwissen innerhalb der Geschäftszeiten zu verfestigen beziehungsweise zu verbessern.
Haben Sie einzelne Ausbildungsinhalte zeitlich verschoben?
Claudia Dreißig: Selbstverständlich ist der Ausbildungsablauf durch die Pandemie und die damit verbundene Schließung verschoben. Der Ausbildungsplan wird jedoch ständig überarbeitet, um zu gewährleisten, dass unsere Auszubildenden alle wichtigen Abteilungen kennengelernt haben
Hülya Keller: Ja – leider, mit Ausnahme der Buchhaltung, der Personalabteilung und zeitweise dem Prozessmanagement.
Wie unterscheidet sich die Ausbildung jetzt vom Normalzustand?
Claudia Dreißig: Im Moment ist es bedauerlicherweise nicht möglich, dass alle Abteilungen, wie beispielsweise Service, durchlaufen werden. Die Auszubildenden sind vorwiegend an der Rezeption tätig, um eine Rundumbetreuung für unsere Gäste zu bieten. Sobald das Resort wieder öffnen darf, werden selbstverständlich alle Abteilungen regulär eingebunden.
Hülya Keller
Hülya Keller ist langjährige Verkaufsleiterin und Prokuristin der Hauser Reisen GmbH in Rottweil. Ihr oberstes Ziel ist, die Kunden optimal zu beraten und zu betreuen. Seit über 70 Jahren dreht sich bei Hauser Reisen, einem der größten Reiseveranstalter in der Region, alles ums Reisen. Für den Erfolg der Reisen stellt das Hauser-Team sein ganzes Engagement und Know-how zur Verfügung. Qualität, Sicherheit und erstklassiger Service für die Kunden und Gäste stehen dabei an erster Stelle. Das Team von Hauser Reisen wird von elf Auszubildenden verstärkt, die von Hülya Keller betreut werden. In einer umfangreichen und abwechslungsreichen Ausbildung lernen die Auszubildenden die einzelnen Bereiche des Unternehmens kennen.
Hülya Keller: Als ein Dienstleistungsunternehmen fehlt uns natürlich das tägliche Tagesgeschäft. Die größte Herausforderung besteht darin, wie wir einen Acht-Stunden-Tag sinnvoll für unsere Azubis füllen können. Es konnten viele interne Projekte nun tatsächlich aufgearbeitet und abgeschlossen werden, zu denen wir sonst nicht gekommen wären, wie beispielsweise Organisation des Archivs, Umstrukturierung und auch zum Teil Neuaufbau unserer Homepage.
Wie schaffen Sie es trotz Lockdowns, Ihren Azubis die nötigen Kompetenzen zu vermitteln? Gibt es besondere Pläne für den Restart?
Claudia Dreißig: Bereits heute freuen wir uns sehr auf den Tag, an dem das Resort seine Türen wieder öffnen darf. Damit wir auch dann den besten Service für unsere Gäste bieten können, finden bereits intensive Schulungen in verschiedenen Bereichen statt. So werden auch in der Schließzeit die wichtigsten Informationen vermittelt, die Azubis sind bestmöglich vorbereitet, und der erfolgreichen Wiedereröffnung steht nichts im Wege.
Hülya Keller: Wir haben die hauser.akademie ins Leben gerufen, über die sich alle Mitarbeiter und damit auch Azubis online in den verschiedensten Bereichen weiterbilden können. Unsere Azubis können meiner Meinung nach sofort bei einem Restart wieder in das Tagesgeschäft einsteigen. Sie sind zum größten Teil noch sehr motiviert und haben Spaß an dem, was sie machen. Sie sind es auch noch gewohnt fünf Tage die Woche acht Stunden zu arbeiten beziehungsweise haben auch durch den Präsenz- oder derzeitigen Onlineunterricht an den Schulen noch einen guten regulären Tagesablauf.
Das Interview führte Daniela Hermann

Jörg Tausendfreund zur Situation der Azubis in der Coronapandemie
Aktuell befinden wir uns vielfach in unterschiedlich großen Unsicherheiten, die durch den Lockdown, die fehlende Perspektive und konkrete Informationen zum Verlauf von schrittweiser Öffnung oder des echten Wiederanlaufens vieler Wirtschaftszweige. Diese Unsicherheit überträgt sich in Unternehmen von der Leitung durch die gesamte Belegschaft hindurch. Azubis sind davon nicht ausgenommen und vielfach aufgrund ihrer Position im Unternehmen und ihrer Jugend noch deutlich empfänglicher für das Gefühl der Unsicherheit. Es ist eine sehr menschliche Reaktion, dann, wenn wir nicht weiterwissen, in eine gewisse Art von Stillstand zu kommen. Dieser Stillstand kann leider sehr schnell sehr erdrückend werden. Ein Neustart wird immer schwieriger und ist mit viel Anstrengungen verbunden.
In einem Interview hat es der Inhaber eines großen Hotels so beschrieben: „Wenn es wieder losgeht, dann müssen meine Mitarbeitenden im Service erst einmal wieder lernen, lange auf den Füßen zu sein, mit Stress und mit Gästen umzugehen. Wir müssen nach dieser langen Zeit einfach viele Dinge wieder neu lernen.“ Das ist ein gutes Beispiel für den Aufruf, aktiv zu bleiben und auch das Lernen nicht zu vergessen. Denn umso mehr wir uns an diesen Stillstand gewöhnen, desto schwieriger wird der Neustart.
Doch zum Glück braucht es nicht viel. Aktiv bleiben heißt ja jetzt nicht, sich dazu zu quälen, Sport zu treiben, sondern vielmehr insgesamt in einem aktiven Zustand zu bleiben. Das kann auch einem Hobby nachgehen sein, Lesen, Basteln, Malen oder Schreiben – natürlich auch gerne Sport machen. Denn aktiv hat hier mehr etwas damit zu tun, interessiert zu bleiben und eben nicht aufzuhören. Und das ist es dann auch, was später den Wiedereinstieg zum Lernen in der Ausbildung und in der Schule deutlich erleichtert. Mal ganz abgesehen davon, dass Lernen nicht vergessen für uns alle gilt.
Denn wenn uns die aktuelle Situation eines ganz deutlich zeigt, dann doch, dass wir uns auf Wandel und Veränderung einstellen und damit bestmöglich umgehen müssen. Darüber hinaus zeichnet es sich doch heute schon ab, dass wir erst am Anfang dieses massiven Veränderungsprozesses stehen. Und da brauchen wir unbedingt die Ideen, die Energie und das Engagement von Azubis, Schülern und jungen Menschen im Allgemeinen.
Die IHK-Azubinare
Die aufgezeichneten Azubinare können abgerufen werden unter www.ihk-sbh.de.
Themen der Azubinare sind:
„Der erste Eindruck wirkt – der letzte bleibt“ – Die Macht und Erfolgsfaktoren der Kommunikation (Referentin: Ramona Hasenfratz)
Eigene Ziele? – Warum und wofür eigentlich? (Referent: Jörg Tausendfreund)
Aktiv bleiben? – In einer Zeit, in der es nichts zu tun gibt… (Referent: Jörg Tausendfreund)
Lernen nicht vergessen! – Das sagt sich so leicht, in einer Zeit, in der Lernen echt keinen Spaß macht! (Referent: Jörg Tausendfreund).