Angesichts steigender Energiepreise, Lieferkettenproblemen und Teilemangel ist die Stimmung durchwachsen – beim Blick in die Zukunft gaben sich die Branchenvertreter kämpferisch und optimistisch zugleich.
wvib-Präsident Thomas Burger fand in seiner Begrüßung deutliche Worte: „Noch nie war die Welt der Automobilindustrie so in Aufruhr wie heute“. Der Schonacher Unternehmer, selbst Automobilzulieferer, prangerte das Gebaren der Markenhersteller in der Krise an. Firmen wie Mercedes und VW machten in der Krise Kasse – und drangsalierten die Zulieferer, unter anderem indem sie Kosten in die Lieferkette weitergäben, gleichzeitig aber kaum Preissteigerungen akzeptierten. An das Plenum appellierte Burger: „So wie jetzt kann es nicht weitergehen.“
Den Wandel aktiv mitgestalten
IHK-Präsidentin Birgit Hakenjos unterstrich in Ihrer Begrüßung dagegen die langfristigen Aussichten und gab sich kämpferisch: „Wir wollen diesen Wandel aktiv mitgestalten – die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Transformation sind hier vor Ort gegeben.“ Hakenjos betonte die strukturell guten Standortfaktoren der Region, merkte aber zugleich auch an, dass die anstehenden Aufgaben keine kleinen sind.
Die Vorträge des Tages drehten sich dann um die verschiedensten Facetten der Transformation. Der deutsch-amerikanische Internetpublizist Tim Cole nahm sich in seiner Keynote die Digitalisierung der Branche vor und verglich die digitale Transformation mit der Tektonik: „Erdplatten mögen sich nur langsam und unbemerkt bewegen – können aber schlagartig Erdbeben auslösen.“
Auch Martin Koers, langjähriger Geschäftsführer beim Verband der Automobilindustrie (VDA), ging in seinem Vortrag „Beispiellose Krise trifft beispiellose Transformation“ auf die schwierige Gemengelage der Branche ein und stellte die Frage, ob die bisherigen Erfolgsfaktoren der Branche auch in Zukunft Erfolg garantierten. Die von Burger angesprochenen Reibungen in der Lieferkette, Spannungen auf dem Weltmarkt, politische Regulierung ohne Technologieoffenheit, Silodenken in der Klimapolitik, schleppende Digitalisierung – Deutschland drohe, dadurch seine Spitzenposition zu verlieren. Koers appellierte an Politik und Unternehmen: „Wir, die das Auto erfunden haben, dürfen uns nicht die Butter vom Brot nehmen lassen.“
Harald Marquardt, Vorsitzender des Vorstands der Marquardt-Gruppe aus Rietheim-Weilheim und IHK-Vizepräsident, verbreitete mit seiner Keynote unternehmerischen Optimismus. Ob Akkuschrauber, Autoschlüssel oder Smartphone-Fahrberechtigungssysteme – anhand dieser Beispiele illustrierte der Familienunternehmer, wie er und sein Unternehmen sich der Zukunft stellen.
Wider der „German Angst“
20 Prozent seines Umsatzes erziele das Unternehmen in China – die unruhige Lage im Land mache Marquardt trotzdem keine wirklichen Sorgen. Zum Schluss forderte er die Zuhörer energisch zum Handeln wider der German Angst auf: „Wir sollten uns nicht von Tiefdruckgebieten einschüchtern lassen, sondern den Sturm der Transformation nutzen.“
Die zehn Sessions des Gipfelnachmittags drehten sich dann um eine Vielzahl an Zukunftstechnologien und -strategien – auch jenseits der batterieelektrischen Mobilität. Synthetische Kraftstoffe, Wasserstofftechnologie, Klimaneutralität, Batterien „Made in Europe“, Laseranwendungen, Zukunft in China – zu besprechen gab es beim Joint Venture zwischen Industrie- und Handelskammer und privatem Unternehmerverband genug.
Text: JV
Bilder: Michael Kienzler
Martin Schmidt, Fachbereich Standortpolitik
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