Viele Jahre war der chinesische Markt Wachstumsmotor für die Wirtschaft in unserer Region. Überproportional haben davon die hiesigen Unternehmen profitiert. Doch es zeigten sich auch immer wieder die Schattenseiten, etwa die wachsende Abhängigkeit. Darüber haben sich die Mitglieder des Außenwirtschaftsausschusses der IHK Hochrhein-Bodensee bei der Firma Grieshaber Logistik Park Hochrhein in Rheinfelden nun ausgetauscht. Mit dem Ausschussvorsitzenden Christian Bücheler haben wir darüber gesprochen, wie die Unternehmen das Geschäft mit China heute bewerten.
Herr Bücheler, was war das Fazit bei ihrer letzten Ausschusssitzung?
Christian Bücheler: Das Geschäft mit China wird immer schwieriger. Das merkt besonders der Maschinenbau. Bis zu zwei Drittel des Maschinenexports werden nach China geliefert. Schon kleinste Schwächen der chinesischen Wirtschaft haben dann enorme Auswirkungen. Hinzu kommt, dass China Großaufträge im Projektbereich inzwischen zunehmend an staatlich geführte Unternehmen vergibt. Ausnahme sind nach wie vor Aufträge im Hochtechnologiesektor. Aber gerade bei Großprojekten in der EU konkurrieren zunehmend chinesische Anbieter teilweise mit Dumpingpreisen gegenüber den europäischen Herstellern.
Christian Bücheler
Ausschussvorsitzender
Würden Sie sagen, deutsche Unternehmen sind hier benachteiligt?
Zumindest auf der regulatorischen Ebene. Ein Beispiel sind Zusammenschlüsse und Kooperationen. Diese sind kartellrechtlich oft unmöglich, da die EU-Gesetzgebung dies verbietet. Allerdings passt dies nicht mehr in die heutige Zeit, da der Wettbewerb globaler wird und gerade bei Großaufträgen nur ein gemeinsames Angebot noch wettbewerbsfähig ist. Auch sind die Rahmenbedingungen nicht mehr vergleichbar, der oft zitierte „Kampf der Systeme“ kommt durchaus zum Tragen. Chinesische Unternehmen profitierten z.B. davon, dass die Arbeitszeit in China vergleichsweise deutlich höher liegen. Die Formel „996“: 9 Uhr Beginn, 9 Stunden Arbeit, 6-Tage-Woche ist in China üblich, während bei uns über Arbeitszeitverkürzung bei gleichzeitigem Fachkräftemangel diskutiert wird. Aber auch in Chinas Wirtschaft wachsen die Bäume nicht in den Himmel, eine drohende Immobilienblase und eine Jugendarbeitslosigkeit von über 20 Prozent sind auch dort Herausforderungen, die die Nachfrage schwächen.
Welche Themen sind neben der China-Frage noch für Unternehmen wichtig, die stark im Ausland engagiert sind?
Ein großes Thema ist der Fachkräftemangel. Viele bezweifeln, dass er in Deutschland durch das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz gemildert werden kann. Der Ansatz ist gut, aber er scheitert oft an bürokratischen und organisatorischen Hürden. Wenn ein attraktiver Bewerber trotz Zusage und Arbeitsvertrag eines deutschen Arbeitgebers bis zu neun Monate auf einen Visa-Termin bei der Botschaft vor Ort warten muss, ist die Motivation dahin. Und auch hier tobt der weltweite Konkurrenzkampf um talentierte Fachkräfte. Warum sollte man das deutsche Prozedere auf sich nehmen, wenn Angebote aus Australien, USA, Kanada oder Großbritannien vorliegen, wo zudem Englisch gesprochen wirdß Da sich Indien in vielerlei Hinsicht beachtlich entwickelt hat, werden wir in unserer nächsten Sitzung den indischen Markt etwas genauer beleuchten.
Interview: Uwe Böhm
Bild: Die Mitglieder des Außenwirtschaftsausschusses bei der Firma Grieshaber Logistik Park Hochrhein