Die Exportwirtschaft in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg hat im vergangenen Jahr im Vergleich zu den Vorjahren starke Einbrüche aufgewiesen. Die Coronapandemie und der damit einhergehende Lockdown in zahlreichen Auslandsmärkten bewirkten kurzfristige Lieferengpässe und behinderten den reibungslosen Warenaustausch spürbar.
Ungelöste Handelskonflikte zwischen den USA und China sowie zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) ließen zusätzlich wichtige Absatzmärkte außerhalb der EU einbrechen. Zudem trat Ende 2020 Großbritannien als sehr kaufkräftiger und bedeutender Absatzmarkt aus dem EU-Binnenmarkt aus. Das neue Freihandelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien bedeutete zwar ein starkes Zeichen für einen freien und fairen Welthandel und gegen Protektionismus. Es blieb aber aufgrund seiner unvollständigen und interpretationsfähigen Regelungen weit hinter den Erwartungen der Unternehmen zurück.
„Wichtige Absatzmärkte für die baden-württembergischen Betriebe waren außerhalb der Europäischen Union im vergangenen Jahr die Volksrepublik China, Nordamerika, Türkei und Australien“, sagt IHK-Außenwirtschaftsexperte Jörg Hermle. Die aktuelle IHK-Exportanalyse habe ergeben, dass starke Wachstumsimpulse auch aus kleineren Märkten, zum Beispiel aus Taiwan und Südkorea, kamen. Innerhalb der Europäischen Union konnten die Unternehmen zusätzlich von der erhöhten Nachfrage in Belgien, Griechenland, Irland und Dänemark profitieren. Dagegen verzeichneten die USA, Brasilien, Indien, Südafrika, Saudi-Arabien, Russland, Großbritannien und Spanien große Umsatzrückgänge.
Das Statistische Landesamt hat einen Auslandsumsatz für Waren und Dienstleistungen aus der Region in Höhe von rund 7,6 Milliarden Euro für das verarbeitende Gewerbe ab 50 Mitarbeitern ermittelt. Das entspricht einem Rückgang von rund elf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Landkreis Rottweil nahmen die Exporte um sieben Prozent auf 2,19 Milliarden Euro ab. Der bislang sehr exportstarke Landkreis Tuttlingen musste ein deutliches Minus von 14,7 Prozent auf 3,53 Milliarden Euro verkraften, und der Schwarzwald-Baar Kreis verzeichnete ebenfalls einen starken Rückgang von 12,1 Prozent bei den Auslandsumsätzen auf 1,88 Milliarden Euro.
Bei der Auslandsmarkterschließung steigt stetig die Bedeutung bei der Ausstellung von Ursprungszeugnissen und Bescheinigungen für den Außenwirtschaftsverkehr, die bei der IHK beantragt werden. So wurden vergangenes Jahr von der IHK mehr als 20.000 Außenwirtschaftsdokumente ausgestellt, davon zwei Drittel digital. Der Warenwert für das Zollpassierscheinheft Carnet ATA/CPD betrug 5,3 Millionen Euro.
Arbeitskreis
Exportorientierte Unternehmen können bei der IHK vielfältige Unterstützung bekommen. Ein Beispiel ist der Arbeitskreis Netzwerk International zum weltweiten Waren- und Dienstleistungsaustausch. Interessierte Geschäftsführer, Exportleiter, Area Sales Manager, Länderreferenten oder Business Development Manager können sich hier über die aktuelle Wirtschaftslage und auch künftige Markteintrittsstrategien austauschen.
Die Exportlage in den Landkreisen
Die regionale Exportquote, also der Anteil des Auslandsumsatzes an den Gesamtverkäufen, betrug im Landkreis Rottweil 48,1 Prozent und im Landkreis Tuttlingen 56,7 Prozent. Der Schwarzwald-Baar-Kreis verzeichnete eine Exportquote von 39,3 Prozent. Nur der Landkreis Tuttlingen kommt punktgenau an die baden-württembergische Exportquote von 56,7 Prozent heran. Gegenüber dem Vorjahr sind die Exportquoten in Tuttlingen und Rottweil gestiegen, während sie im Schwarzwald-Baar-Kreis leicht rückläufig waren.
Mit zunehmenden Impfmöglichkeiten verbessern sich nun auch die Möglichkeiten für den Welthandel wieder. Die Pandemie hat jedoch aufgezeigt, wie schnell wichtige Lieferketten durch weltweite Abhängigkeiten unterbrochen werden können. Die Wirtschaft steht daher vor der Überlegung: Sollen in Zukunft wieder mehr Güter national oder zumindest innerhalb des EU-Binnenmarktes produziert werden, oder soll die Globalisierung und damit einhergehende internationale Arbeitsteilung weiter vorangetrieben werden?
„Die starke nationale und internationale Wirtschaft in den letzten Jahren führte zu einer der längsten Aufschwungsphasen Deutschlands sowie des EU-Binnenmarktes und hatte damit Arbeitsplätze über Jahre gesichert. Deshalb sollte in dieser Situation nicht voreilig zu einem neuen Protektionismus zurückgekehrt werden, wie er vielerorts bereits begonnen hat oder zumindest propagiert wird. Dennoch gilt es darüber nachzudenken, wie sich Unternehmen auf solche oder ähnliche Krisensituationen künftig besser vorbereiten können. Hierzu zählen die notwendige Optimierung von Logistikketten und die rechtzeitige Erstellung von Liquiditätsplänen“, sagt Jörg Hermle.
Text: He
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