Die regionale Konjunktur der vergangenen Monate ist besser gelaufen als gedacht. „Der von den Unternehmen befürchtete breite Konjunktureinbruch in den Wintermonaten hat sich nicht bewahrheitet“, sagt Alexander Graf, zuständig für die Konjunkturumfrage der IHK Hochrhein-Bodensee. Dennoch bleibt die Lage zu Beginn des Jahres angesichts von Ukrainekrieg, hoher Energiepreise, Rekordinflation und weltweiter Zurückhaltung hinsichtlich der konjunkturellen Aussichten angespannt.
Der von der IHK Hochrhein-Bodensee errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region steigt von 85 Punkten im Herbst auf 116 Punkte zum Jahreswechsel – und damit sogar über den Vorjahreswert: Im Frühjahr 2022 lag der Index bei 114 Punkten. Dennoch werden die Aussichten nicht als rosig beschrieben: „Aktuell blicken die Unternehmen mehrheitlich weiter mit einer gewissen Skepsis auf die kommenden Monate“, stellt Alexander Graf, IHK-Konjunkturexperte, fest.
Geschäftslage hat zugelegt
Die Geschäftslage der Unternehmen ist zum Jahreswechsel gegenüber der Herbstumfrage gestiegen. Der Lageindikator liegt mit 136 Punkten leicht über dem Landesniveau (131 Punkte) und über dem Wert des Frühjahrs (122 Punkte). Insgesamt beurteilen 47 Prozent der teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als gut, 41 Prozent als befriedigend und rund zwölf Prozent als schlecht.
Industrie zeigt sich erholt
Die Einschätzungen der Industrie zur Lage haben sich gegenüber der Herbstbefragung deutlich verbessert. Mit einem von 120 auf 138 gestiegenen Indikatorwert für die Lage der Produktionsbetriebe in der Region Hochrhein-Bodensee zeigt sich die rückläufige Tendenz der letzten zwölf Monate überwunden. Aktuell sprechen 46 Prozent der Unternehmen von einer guten und weitere 46 Prozent von einer befriedigenden Geschäftslage. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als schlecht bezeichnen, ist seit Herbst von 14 auf acht Prozent zurückgegangen.
Abgenommen hat der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie. Mit rund 85 Prozent liegt er nun im langjährigen Mittel. Leicht verbessert zeigt sich die Tendenz im Auftragseingang. So berichten zum Jahreswechsel wieder mehr Produktionsbetriebe von einer steigenden Tendenz im Auftragseingang (28 Prozent) als von einer fallenden Tendenz (21 Prozent). Die Ertragslage bezeichnen aktuell 36 Prozent der Betriebe als gut – damit zeichnet sich auch hier ein leichter Anstieg gegenüber der Herbstbefragung ab.
Regionaler Handel optimistischer
Verbessert hat sich auch die Situation im regionalen Handel. Waren es im Herbst noch 13 Prozent der Händler, die von guten Geschäften sprachen, so sind es zum Jahreswechsel mehr als ein Drittel. Gleichzeitig zeigt sich der Anteil der Betriebe, die sich in einer schlechten Geschäftslage befinden, bei rund neun Prozent unverändert. Weiter berichten 31 Prozent der Betriebe von gegenüber dem Vorjahresquartal gestiegenen Umsätzen. Allerdings wird die Ertragslage nur von zehn Prozent der Handelsunternehmen als gut beurteilt. Das Kaufverhalten der Kunden bezeichnen 59 Prozent der Befragten aktuell als zurückhaltend.
Dienstleistungsbereich hält sich gut
Auch die Unternehmen der Dienstleistungsbranche sprechen mehrheitlich von einer guten Geschäftslage. So hat die Zahl der Unternehmen mit einer positiven Beurteilung seit Herbst von 41 auf 55 Prozent zugenommen. Allerdings hat sich auch der Anteil derer, die ihre Lage als schlecht einschätzen, von zehn auf 18 Prozent vergrößert. Beim Umsatz verzeichnen 58 Prozent eine Zunahme, 26 Prozent dagegen einen Rückgang gegenüber dem Vorjahresquartal. Erfreulicher zeigt sich zu Jahresbeginn die Nachfrageseite: 29 Prozent der Dienstleister verzeichnen hier ein steigendes Auftragsvolumen; der Anteil derer mit einem gleichbleibenden Volumen beträgt rund 56 Prozent.
Erwartungen für die kommenden Monate
Die Geschäftserwartungen in der Region Hochrhein-Bodensee sind weitaus optimistischer als noch im Herbst vergangenen Jahres. Unter dem Eindruck der zu diesem Zeitpunkt extrem gestiegenen Strom- und Energiepreise sowie einer drohenden Mangellage waren die Erwartungen auf das niedrigste Niveau der vergangenen 25 Jahre gesunken: jeder zweite Betrieb befürchtete eine schlechtere Geschäftsentwicklung. Aktuell sieht jedes zweite Unternehmen für die kommenden zwölf Monate gleichbleibende Geschäfte voraus, nur noch jedes vierte Unternehmen rechnet weiterhin mit sich verschlechternden Zahlen. Der Anteil der optimistischen Einschätzungen hat sich von acht auf 23 Prozent erhöht.
Deutlich gestiegen sind die Erwartungen der Produktionsbetriebe. Hier erhöht sich der Anteil der Unternehmen, die mit verbesserten Geschäften rechnen von zwei auf 25 Prozent, während die Zahl der Pessimisten, die mit einer Verschlechterung der Geschäftsverläufe planen, von 52 Prozent auf nur noch zwölf Prozent zurückgeht.
Auch unter den Dienstleistungsbetrieben hellen sich die Prognosen zum großen Teil auf. 28 Prozent erwarten eine Verbesserung, 48 Prozent einen gleichbleibenden Verlauf und 24 Prozent – gegenüber 49 Prozent im Herbst – befürchten einen Rückgang des Geschäfts.
Im Handel nimmt die Zahl der Unternehmen, die eine Verbesserung erwarten, zwar auf rund 16 Prozent zu, gleichzeitig sehen mit 29 Prozent aber weiter deutlich mehr Händler schlechtere Geschäftsverläufe für die kommenden Monate voraus.
Weiter Zurückhaltung bei Investitionen
Was ihre Investitionsabsichten im Inland betrifft, lassen die Unternehmen weiter Vorsicht walten. Sie zeigen sich gegenüber der Herbstumfrage wenig verändert. Neben der Ersatzbeschaffung (63 Prozent) wird im Produktionsbereich insbesondere in Umweltschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen (61 Prozent der Betriebe) investiert, während in Handel und Dienstleistung bei 60 Prozent der Betriebe gleichzeitig Investitionen in die Digitalisierung anstehen.
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung
Die Energiepreise und der Fachkräftebedarf sind und bleiben für viele Unternehmen die großen Herausforderungen. Energiesparen ist dabei für 84 Prozent der Betriebe in der Region das Gebot der Stunde. Zudem investieren 40 Prozent in Energieeffizienzmaßnahmen oder versuchen einen Großteil der gestiegenen Strom- und Energiekosten an die Kunden weiterzugeben. Bringen die möglichen Maßnahmen nicht den erwünschten Kosteneffekt, so sind die Unternehmen gezwungen, an anderer Stelle zu reduzieren. Dies führt aktuell bei 18 Prozent der Unternehmen dazu, dass sie geplante Investitionen zurückstellen müssen, und bei zehn Prozent, dass die Produktion oder das Angebot zurückgefahren wird.
Zudem stellt die Suche nach geeigneten Fachkräften drei Viertel der Unternehmen in der Region vor große Probleme. Für einen Großteil der Produktionsbetriebe (71 Prozent) bergen des Weiteren die zum Teil immer noch hohen Rohstoffpreise ein Risiko für die kommenden Monate. Für jeden zweiten Dienstleistungsbetrieb bereiten die steigenden Arbeitskosten und für 61 Prozent der Handelsbetriebe die schwächelnde Inlandsnachfrage Sorgen.
Für weite Teile der Wirtschaft wird es darum gehen, die Weichenstellungen auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu vollziehen, um langfristige Herausforderungen wie die Dekarbonisierung, die Digitalisierung und den demografischen Wandel zu meistern. Konjunkturell hoffnungsvolle Signale kommen dabei vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der derzeit nicht von einer weiteren Eintrübung der Konjunkturaussichten ausgeht und die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft für 2023 auf 2,9 Prozent erhöht hat.
ag
Grafiken: Der regionale Index für das Konjunkturklima steigt von 85 Punkten im Herbst auf 116 Punkte zum Jahreswechsel. (oben)
Die Geschäftslage wird in der Region deutlich besser eingeschäfzt als noch im Herbst. Auch die Erwartungen an die kommenden Monate sind optimistischer. (Mitte)
Die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise zählt mit 84 Prozent zu den größten Herausforderungen der regionalen Wirtschaft. (unten)
Ausführliche Dokumentation der Konjunkturumfrage unter www.ihk.de/konstanz – 5707522