Der Digital Services Act (DSA), das Gesetz über digitale Dienste, ist eine in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar geltende EU-Verordnung. Er soll einen sichereren digitalen Raum für alle Nutzer von Onlinediensten schaffen und hat die Bekämpfung rechtswidriger Inhalte zum Ziel. Die Absicht ist gut, für Unternehmen mit Angeboten im Netz heißt das aber auch: Sie müssen sich kümmern, zügig.
Ab dem 17. Februar gelten in Folge des Digital Services Act (DSA) einige neue Pflichten für Unternehmen, die einen Webshop betreiben. Dazu gehören unter anderem das rechtzeitige Einrichten von Kontaktstellen für Nutzer und Behörden, das Veröffentlichen von Transparenzberichten, das Anpassen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie gegebenenfalls das Einrichten eines Meldesystems.
Wichtig zu wissen: Der DSA gilt dabei nicht nur für sehr große Onlineplattformen (im Verordnungsjargon: VLOP) wie Zalando, Amazon, Booking.com, Facebook oder Google, sondern für sämtliche Onlinevermittlungsdienste. Damit ist jedes Unternehmen betroffen, das einen Webshop betreibt.
Auf die Details kommt es an
Ausschlaggebend dafür, welche Pflichten zu erfüllen sind, ist, in welche Kategorie von Onlinevermittlungsdiensten der Anbieter fällt. Grundsätzlich unterscheidet der DSA vier Kategorien:
- Bei einer reinen Durchleitung werden vom Nutzer bereitgestellte Informationen lediglich übermittelt oder der Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt. Darunter fallen zum Beispiel VPN- und WLAN-Anbieter, Top-Level-Domains und E-Mail-Dienste.
- Eine Caching-Leistung liegt bei einer automatischen, zeitlich begrenzten Zwischenspeicherung von Informationen vor, die allein der effizienteren Informationsübermittlung dient, zum Beispiel Web- oder DNS-Caching.
- Ein Hosting-Dienst speichert durch den Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag. Das sind etwa Cloud-Computing-Dienste, Web-, E-Mail- und Server-Hosting.
- Eine besondere Form des Hosting-Dienstes und verbunden mit erweiterten Pflichten ist die Onlineplattform: ein Hosting-Dienst, der im Auftrag eines Nutzers nicht lediglich Informationen oder Inhalte speichert, sondern diese auch öffentlich verbreitet. Darunter fallen Social-Media-Plattformen und Onlinemarktplätze, das heißt Onlineshops, bei denen auch dritte Unternehmer ihre Waren anbieten können.
Ob der Betreiber eines Webshops in eine dieser Kategorien eingeordnet wird und in welche, kann von Details abhängen und die daraus folgenden Pflichten sind vielfältig. Deshalb ist eine Prüfung im jeweiligen Einzelfall empfehlenswert.
Pflichten für alle Webshopbetreiber nach dem DSA
Unabhängig davon, ob ein Webshop als Onlineplattform – die letzte Kategorie in der obigen Aufstellung – zu qualifizieren ist oder nicht, hat er ab Mitte Februar in jedem Fall folgende Pflichten zu erfüllen, die für alle Onlinevermittlungsdienste gelten:
- Jährlich müssen Transparenzberichte veröffentlicht werden, insbesondere über das Lösch- und Sperrverhalten von Kundendaten. Ausgenommen davon sind Kleinst- und Kleinunternehmer, sprich: Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von unter zehn Millionen Euro.
- Es muss eine Kontaktstelle eingerichtet werden für den Kontakt zu Behörden und für die Kommunikation mit Nutzern.
- Die AGB müssen in klarer, verständlicher und benutzerfreundlicher Sprache angeben, welche Beschränkungen und Moderationsmaßnahmen für Nutzerinhalte gelten. Werden Beschränkungen auferlegt, muss der Betreiber sorgfältig, objektiv und verhältnismäßig vorgehen und alle Interessen der Nutzer berücksichtigen, insbesondere auch die Meinungsfreiheit der Nutzer. Über wesentliche Änderungen der AGB müssen die Nutzer informiert werden.
Auflagen für Anbieter, die Nutzerinhalte speichern
Ist der Webshop ein Hosting-Dienst, speichert er also Nutzerdaten und -inhalte, muss der Betreiber folgenden weiteren Pflichten nachkommen:
- Meldepflicht, wenn der Verdacht besteht, dass durch die veröffentlichten Nutzerinhalte eine Straftat begangen wird;
- Pflicht zum Einrichten eines Notice-and-Action-Systems, über das Nutzer sowie Dritte rechtswidrige Inhalte melden können;
- Beschränkungen für Nutzer, die rechtswidrige oder den Nutzungsbedingungen widersprechende Inhalte veröffentlicht haben, müssen begründet werden.
Wenn Nutzer kommentieren und werten dürfen…
Bei einer Bewertungs- und Kommentarfunktion werden die von den kommentierenden Nutzern hinterlegten Inhalte für längere Zeit gespeichert. Da diese vom Anbieter im Auftrag des Nutzers veröffentlicht werden, wäre der Webshop als Onlineplattform einzuordnen – mit den entsprechenden erweiterten Pflichten. Das gilt – als Ausnahme – dann nicht, wenn die öffentliche Verbreitung von Informationen lediglich eine unbedeutende Nebenfunktion des Hauptdienstes ist, wie zum Beispiel bei der Kommentarfunktion einer Onlinezeitung, deren Hauptfunktion die Veröffentlichung von Nachrichten ist. Bei Social-Media-Plattformen dagegen ist die Kommentarfunktion eine Hauptfunktion.
In einem Webshop könnte die Bewertungs- und Kommentarfunktion vergleichbar zur Onlinezeitung als bloße Nebenfunktion des Hauptdienstes gesehen werden. Dann wäre ein Webshop mit Kommentarfunktion lediglich als Hosting-Dienst zu qualifizieren – mit dem Vorteil geringerer Pflichten als eine Onlineplattform. Gute Argumente sprechen dafür. Abschließend beantwortet werden kann diese Frage erst, sobald Rechtsprechung zum DSA vorliegt.
Text: Birgit Münchbach, Advant Beiten
Bild: Adobe Stock/ Lakee MNP