Bei der Vergabe von Rechnungsnummern ist man als Unternehmer auf der sicheren Seite, wenn diese fortlaufend vergeben werden. Soweit klar und einsichtig. Und soweit die Theorie. In der Praxis aber kann einem im Laufe des Jahres und im Eifer des Geschehens durchaus schon mal eine Nummer durchgehen. Ein Auftrag wird anders abgewickelt als ursprünglich geplant, die Buchhaltung vergisst zu aktualisieren. Passiert. Das zuständige Finanzamt machen solche Lücken natürlich stutzig.
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Beschluss vom 31. Mai 2023 (X B 111/22) deshalb erneut dargelegt, dass es bei nicht fortlaufender oder lückenhafter Rechnungsnummer zwar immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt, die Finanzämter jedoch grundsätzlich zu Hinzuschätzungen berechtigt sind.
Der zugrundeliegende Sachverhalt:
Ein Hausmeisterservice ermittelt den Gewinn im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Bei einer Betriebsprüfung wurde eine nicht fortlaufende Nummerierung der Ausgangsrechnungen festgestellt. Darüber hinaus existierten Fehlbeträge und ungeklärte Einlagen des Einzelunternehmers, die im Rahmen einer Geldverkehrsrechnung entdeckt wurden. Das alles zusammen veranlasste die Betriebsprüfer zu Hinzuschätzungen bei den Betriebseinnahmen ungefähr in Höhe der jährlichen Fehlbeträge der Geldverkehrsrechnung.
In seiner Klage vor dem Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 2. September 2022, Az: 3 K 154/18) erreichte der Kläger zwar der Höhe nach eine Herabsetzung der hinzugeschätzten Einnahmen, dem Grunde nach blieb es aber bei der Zuschätzung, was der Bundesfinanzhof nun bestätigte.
Der vorgenannte Beschluss des Bundesfinanzhofs bestätigt erneut, dass lückenhafte Rechnungsnummern nicht generell zu Hinzuschätzungen berechtigen und stets der Einzelfall zu betrachten ist. Ob allein Lücken im Rechnungskreis ausreichen, haben die Richter dabei noch nicht klar beantwortet, denn im obigen sowie einem weiteren Urteilsfall kamen weitere Mängel in der Buchhaltung hinzu wie zum Beispiel hohe, nicht plausible Einlagen oder Ausbuchung von Forderungsverlusten ohne nachvollziehbare Begründung. Es ist aber nicht auszuschließen, dass auch ohne solche weiteren Umstände eine Schätzung rechtens ist, wenn die Vollständigkeit der Erfassung der Einnahmen nicht gewährleistet erscheint.
Praxistipp:
Schätzungen durch das Finanzamt müssen auf alle Fälle unternehmensbezogen wirtschaftlich vernünftig sein. Insofern sind auch das Ausmaß von Rechnungslücken und die Relation zum Gesamtergebnis zu berücksichtigen. So rechtfertigen nicht schon ein, zwei Lücken eine Zuschätzung. Sind Fehler bei den Rechnungsnummern passiert – was nicht selten bei automatisierten Prozessen auftreten kann – lässt sich im Ernstfall zumindest die Höhe von Zuschätzungen mit guten Argumenten und Nachweisen verteidigen. Die Systematik der Nummernvergabe muss auf alle Fälle nachvollziehbar und Lücken durch entsprechende Dokumentation erklärbar sein.
Text: Claudio Schmitt, Bansbach GmbH
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