Bestimmte Vergütungen wie beispielsweise Abfindungen, die für mehrjährige Tätigkeit ausbezahlt werden, unterliegen einem ermäßigten Einkommensteuersatz, wenn sie dem Empfänger auf einmal zufließen. Dadurch soll vermieden werden, dass im Veranlagungsjahr der einmaligen Auszahlung der Steuerpflichtige aufgrund des Progressionsvorbehalts eine überproportionale Steigerung des Einkommensteuerersatzes erfährt.
Voraussetzung an mehrjährige Tätigkeit und Auszahlung
Die Tätigkeit muss sich mindestens über zwei Steuerveranlagungszeiträume erstrecken und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfassen. Zu den Einkünften gehören zum Beispiel Abfindungen, Entlassungsentschädigungen oder Nachzahlungen aufgrund zu geringer Vergütung in vergangenen Jahren. Die Auszahlung muss zusammengeballt erfolgen. Die Finanzverwaltung lässt eine ermäßigte Besteuerung auch zu, sofern eine Teilleistung von maximal zehn Prozent in einem anderen Jahr als im Jahr der Auszahlung der Hauptleistung erfolgt (Nichtbeanstandungsgrenze).
Wie erfolgt die Besteuerung?
Bei der ermäßigten Besteuerung, auch „Fünftelregelung“ genannt, wird die Einmalzahlung so behandelt, als ob sie über fünf Jahre verteilt zufließen würde. Hierzu wird ein Fünftel der einmaligen Einnahme zum zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Die Differenz aus der Einkommensteuerbelastung ohne einmalige Einnahme und der Steuerbelastung beim Einkommen mit einem Fünftel der einmaligen Einnahme wird mit fünf multipliziert und ergibt den Steuerbetrag für die gesamte einmalige Einnahme.
Nochmalige Klarstellung vom Bundesfinanzhof
Im Urteilsfall vom 15. Dezember 2022 (VI R 19/21, NV) hatte eine GmbH-Gesellschafterin infolge einer Pensionszusage ein „Alterskapital“ von 543.000 Euro erhalten. Obwohl die Auszahlung in einer Summe vereinbart war, erfolgte die Zahlung im Jahr 2017 mit einem Teilbetrag in Höhe von 473.000 Euro, im Jahr 2018 in Höhe von 55.000 Euro und 2019 der Restbetrag von 15.000 Euro.
Der BFH sprach sich gegen die ermäßigte Besteuerung aus, weil es an einer Zusammenballung der Zahlung fehle. Die Ausnahme für geringfügige Teilleistungen sei nicht anwendbar, weil die Auszahlung nicht über zwei, sondern über drei Jahre erfolgt war. Zudem hatten die Teilleistungen in den Jahren 2018 und 2019 mit insgesamt 70.000 Euro mit 14,8 Prozent die Nichtbeanstandungsgrenze von 10 Prozent überschritten.
Unerheblich war für das Gericht auch, dass ursprünglich eine Auszahlung in einer Summe vereinbart worden war und die Gesellschafterin keinen Einfluss auf die ratierlichen Auszahlungen hatte.
Wie geht es weiter?
Bisher war die Anwendung der ermäßigten Besteuerung im Lohnsteuerabzugsverfahren direkt durch den Arbeitgeber möglich. Mit dem Wachstumschancengesetz, das der Bundesrat am 22. März 2024 verabschiedet hat, wurde die ermäßigte Besteuerung im Lohnsteuerabzugsverfahren nun ab 2025 (ursprünglich 2024) abgeschafft. Einerseits ist die begünstigte Besteuerung dann nur noch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung möglich. Somit können Arbeitnehmer, die bisher keine Einkommensteuererklärung abgeben müssen, nur über zusätzlichen Bürokratieaufwand in den Genuss der Ermäßigung kommen. Andererseits wurde in der Vergangenheit bei Lohnsteuerprüfungen immer wieder festgestellt, dass die Voraussetzungen für die ermäßigte Besteuerung gar nicht vorgelegen haben. Die Folge war eine Lohnsteuerhaftung beim Arbeitgeber. Für den Arbeitgeber führt die Abschaffung der Fünftelregelung beim Lohnsteuerabzug daher insoweit zu einem Entfall seines Haftungsrisikos.
Text: Claudio Schmitt, Bansbach GmbH
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