Das Scheitern des Deutsch-Schweizer Rahmenabkommens Ende Mai führte zu viel Aufregung in der Region – und auch zu Besorgnis in der Wirtschaft. Doch Thomas Conrady, Präsident der IHK Hochrhein-Bodensee und damit der Kammer mit der größten Grenze zur Schweiz, gibt zunächst Entwarnung: „Durch den Abbruch der Verhandlungen ändert sich für unsere Mitgliedsbetriebe, für die die Schweiz ein wichtiger Markt ist, zum Glück erst einmal nichts“, sagt er. „Das Scheitern ist zwar enttäuschend, aber die aktiven bilateralen Verträge I und II bestehen ja grundsätzlich weiter, solange sie nicht gekündigt werden.“
Seit 2018 wurde über das institutionelle Abkommen ‚InstA‘ verhandelt. Das Verhandlungsbestreben bezieht sich dabei ausschließlich auf die fünf bestehenden bilateralen Marktzugangsabkommen – Personenfreizügigkeit, Landverkehr, Luftverkehr, technische Handelshemmnisse/MRA und Landwirtschaft – sowie auf zukünftige Marktzugangsabkommen, beispielsweise im Bereich Strom.
„Die Folgen durch ein Nichtzustandekommen des InstA werden eher schleichend sein und langfristig wirken. Es ist eine ähnliche Entwicklung wie beim Brexit zu erwarten, die einzelnen Normen (Medizinprodukte, Maschinen, Bauprodukte) werden auseinanderdriften“, so Conrady. Das werde sich mit der Schweiz aktuell am ehesten im Zusammenhang mit Medizinprodukten zeigen. „Hier werden wohl bald die Zulassungskriterien unterschiedlich sein. Es dürfte für einen vergleichsweise kleinen Markt für KMU in der EU zu aufwendig werden, extra eine Schweizer Zulassung mit hohen Kosten zu erwirken“, so Conrady. Das dürfte sich zukünftig auch im Bereich Maschinenbau fortsetzen.
Schweizer Firmen sind allerdings oft sehr spezialisiert, das heißt, ihre Produkte sind weniger oft ersetzbar und auch in einem Hochlohnland produzierbar. Dagegen bieten sich für die Schweiz für viele Produkte auch außerhalb der EU Alternativen zur Beschaffung an. Obwohl die Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz vorerst gescheitert sind, heißt das nicht, dass es so bleiben muss. „Die Wirtschaft plädiert weiter für ein Rahmenabkommen, und die Politik sollte keine Chance verpassen, doch noch eine Einigung zu erzielen“, so Conrady.
Text: bö
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