In den Coronajahren 2020 und 2021 wurde zur Reduzierung von Kontakten unter anderem die vorübergehende Schließung von Geschäften, die nicht der Grundversorgung der Bevölkerung dienten, angeordnet. Nicht geregelt wurde dabei, was das für die Pflicht des Mieters zur Mietzahlung bedeuten sollte. Dementsprechend entwickelten sich seither etliche Rechtsstreitigkeiten um diese Frage.
Vertreten wurde dabei vieles – vom alleinigen Verwendungs- und damit alleinigen Mieterrisiko bis zur pauschal hälftigen Herabsetzung der monatlichen Miete, durch die Mieter und Vermieter den Ausfall zu gleichen Teilen tragen. Jetzt hat der Bundesgerichtshof Klarheit geschaffen (Az. XII ZR 8/21): Durch die Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens hat sich die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag schwerwiegend geändert. Da die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung dieser „Systemkrise“ nach epidemiologischen Gesichtspunkten ausgewählt worden seien, kann dieses Risiko keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden.
Fifty-fifty nicht als generelle Lösung
Zur Beantwortung der Frage, ob und in welcher Höhe deshalb die Miete anzupassen ist, müssen die Interessen der Vertragsparteien im Einzelfall abgewogen werden, sagen die Richter. Der Mieter muss darlegen, welche konkreten Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um dadurch resultierende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen, dass er sich vergeblich um mögliche Hilfeleistungen bemüht hat. Gelingt ihm das nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten.
Die Entscheidung belegt einmal mehr, dass kein Fall wie der andere ist. Eine Faustformel verbietet sich; jeder Sachverhalt ist aufzuarbeiten und zu bewerten. Dazu gehört auch, sich den betroffenen Mietvertrag genauer anzusehen. Denn zum einen gelten die genannten Grundsätze nur für Verträge, die vor dem Ausbruch der Pandemie geschlossen wurde. Zum anderen können sie auch durch eine vertragliche Regelungen zur Risikoverteilung abgeändert worden sein.
Text: Till Böttcher, Friedrich Graf von Westphalen & Partner
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