Seit vielen Jahren wird die Notwendigkeit einer Reform des Urheberrechts zur Anpassung an die zunehmende Digitalisierung diskutiert. Wegen der am
7. Juni dieses Jahres abgelaufenen Umsetzungsfrist europäischer Vorgaben ist jetzt Bewegung in die Sache gekommen. Der Bundestag hat mit Billigung des Bundesrates eine umfassende Novelle beschlossen, mit der das bestehende Urheberrechtsgesetz (UrhG) sowie das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) geändert und das neue Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) verabschiedet wurde. Die Änderungen gelten seit dem 7. Juni (UrhG und VGG) beziehungsweise treten zum 1. August dieses Jahres in Kraft (UrhDaG).
Das neue UrhDaG regelt die urheberrechtliche Verantwortlichkeit sogenannter Diensteanbieter wie zum Beispiel Youtube oder Facebook. Sie sind künftig verpflichtet, bestmögliche Anstrengungen zu unternehmen, um Lizenzen für die Inhalte auf ihren Plattformen zu erwerben. Liegt eine solche Lizenz nicht vor, sind die Plattformbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, die unerlaubte öffentliche Wiedergabe eines Werkes von Beginn an zu sperren beziehungsweise nachträglich zu beenden. Hierzu ist der Einsatz sogenannter Uploadfilter möglich, also einer Software, die die Rechte an den Inhalten beim Hochladen automatisiert prüfen kann. Wichtig ist jedoch, dass die erweiterten Pflichten der Plattformbetreiber die Unternehmen, die Inhalte verbreiten, nicht aus ihrer eigenen Haftung befreien.
Zum Schutz der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit im Internet wurden im UrhDaG bestimmte Grenzen definiert, innerhalb derer der Diensteanbieter grundsätzlich von der Zulässigkeit der Plattforminhalte ausgehen darf, etwa bei Nutzungen bis zu 15 Sekunden einer Tonspur oder Nutzungen bis zu 125 Kilobyte je Lichtbild. In diesen Fällen scheidet bei einer Wiedergabe die urheberrechtliche Verantwortlichkeit des Diensteanbieters zunächst aus. Erst nach einer Beschwerde durch den Urheber kann sich dies ändern.
Nutzungen urheberrechtlich geschützter Werke zum Zwecke von Karikatur, Parodie et cetera werden durch eine neu eingefügte Vorschrift nun ausdrücklich erlaubt. Diese Anpassung war aufgrund der Rechtsprechung des EuGHs zur Nutzung von Audiofragmenten erforderlich. Auch die Nutzung von Vervielfältigungen visueller Werke wie etwa Gemälden, deren urheberrechtliche Schutzdauer abgelaufen ist, ist künftig zulässig.
Die umfassende Reform greift die Anforderungen des digitalen Zeitalters auf. Die Auswirkungen in der Praxis bleiben abzuwarten. Insgesamt ist jedoch davon auszugehen, dass urheberrechtliche Verstöße durch den Einsatz automatisierter Uploadfilterung leichter entdeckt und damit konsequenter verfolgt werden. Da die verstärkte Inanspruchnahme der Diensteanbieter allerdings nicht die Verantwortlichkeit der einstellenden Nutzer entfallen lässt, sollten die Rechte an Inhalten weiterhin vor der Nutzung geklärt werden.
Text: Ilva Schiessel/Lukas Kalkbrenner, Friedrich Graf von Westphalen & Partner
Bild: Marta Sher – Adobe Stock