Das Vergütungspaket eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers setzt sich üblicherweise aus diversen Bestandteilen zusammen, etwa aus einem Festgehalt, Einmalzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, Sachbezügen und variablen Gehaltsbestandteilen wie zum Beispiel Tantiemen. Spannend wird dieses Paket, wenn es um die Frage geht, wann die Bestandteile zufließen und damit zu versteuern sind: So fließt laufender Arbeitslohn mit Ablauf des Lohnzahlungszeitraums zu und ist in diesem Kalenderjahr als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu versteuern. Alle sonstigen Bezüge sind ebenfalls im Jahr des Zuflusses zu versteuern. So weit, so klar.
Bei einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer kann ein Zufluss von Einnahmen jedoch auch ohne Zahlung oder Gutschrift angenommen werden. Er hat es regelmäßig selbst in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist (Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht).
Nicht selten wird deshalb über den Zufluss- und damit den Versteuerungszeitpunkt gestritten. So auch in dem Fall, den der Bundesfinanzhof (BFH) im Juli 2021 zu entscheiden hatte (Az. VI R 3/19). Laut dem Urteil des BFH vom 12. Juli 2021 gelten Tantiemen, sofern der Anstellungsvertrag keine Regelung zur Fälligkeit des Tantiemeanspruchs enthält, im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses als zugeflossen.
In dem verhandelten Fall enthielt der Geschäftsführer-Dienstvertrag folgende Formulierung: „Der Anspruch auf Auszahlung der Tantieme wird aufgrund dieser Vereinbarung nicht mit Feststellung des Jahresabschlusses zur Auszahlung fällig, sondern nach gesonderter Aufforderung durch den Geschäftsführer unter Berücksichtigung der Zahlungsmöglichkeit.“ Aufgrund dieser Regelung bildete die Gesellschaft Tantiemerückstellungen.
Tantiemevereinbarungen verbindlich regeln
Als für die Jahre 2013 und 2014 Teilbeträge ausbezahlt wurden, setzte das beklagte Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für die Streitjahre auch die nicht ausgezahlten Teilbeträge an. Der BFH bestätigt diese Vorgehensweise und führt in seiner Begründung auf, dass der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer gleichwohl wirtschaftlich bereits im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses über seinen Tantiemeanspruch verfügen kann. Ist im Vertrag – wie im Urteilsfall – eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts enthalten oder fehlen Angaben zur Fälligkeit komplett, kann der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer trotzdem wirtschaftlich im Zeitpunkt der Feststellung verfügen. Sofern die Vertragsparteien nicht zivilrechtlich wirksam und fremdüblich eine andere Fälligkeit vereinbart haben, wird der Tantiemeanspruch mit der Feststellung des Jahresabschlusses in Höhe des vereinbarten Betrags fällig und fließt dem Gesellschafter-Geschäftsführer zu. Die Höhe der tatsächlichen Auszahlung ist unerheblich.
Nur wenn die Gesellschaft in Folge von Zahlungsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen wäre, die Tantiemeforderungen zu erfüllen, müsste schon aus diesem Grund ein Zufluss, der nicht ausgezahlten Tantiemen verneint werden. Auf die Fälligkeit der Forderungen oder den Inhalt der Tantiemevereinbarung käme es in diesem Fall nicht an.
Neben einer präziseren Regelung zum Zuflusstermin wird empfohlen, dass bei derartigen Vereinbarungen und Leistungen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers mit der Gesellschaft die Fremdüblichkeit stets beachtet wird, sprich, dass Vereinbarungen nur so getroffen werden, wie man sie mit fremden Parteien schließen würde.
Text: Claudio Schmitt, Bansbach GmbH
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