Wer staatliche Fördertöpfe für Investitionen, Innovationen, Transformation oder Digitalisierung anzapfen möchte, schreckt oft vor den Bergen an Papier zurück, die für so einen Antrag zu erstellen sind. Seit nicht allzu langer Zeit ist nun die Steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen zu haben. Eine Steuergutschrift, die recht unaufwändig zu beantragen ist und die sogar rückwirkend bis zum 2.1.2020 reicht. Unternehmer aus der Region machen gute Erfahrungen damit.
Sie hatte einen etwas zögerlichen Start ins Leben, die Steuerliche Forschungsförderung, die mit dem Forschungszulagengesetz im Januar 2020 das Licht der Welt erblickte. Denn lange war nicht ganz klar, nach welchen Regeln sie in der Praxis funktionieren sollte. Vor rund einem Jahr dann, so erinnert sich Philipp Klemenz, Innovations- und Fördermittelberater bei der IHK Südlicher Oberrhein, sorgte ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums für Klarheit und die Finanzämter konnten ihres Amtes walten.
Seither können sich alle forschenden oder entwickelnden und in Deutschland steuerpflichtigen Unternehmen – vom Start-up über KMU bis zum Konzern – Teile ihrer Forschungs- und Entwicklungsausgaben per Steuergutschrift fördern lassen. „Und das mit vergleichsweise wenig Aufwand“, stellt Klemenz fest. Insgesamt eine DIN A4-Seite und ein Projektplan sind einzureichen, fünf Fragen mit jeweils 800 Zeichen Text zu beantworten. Da ist sich kurzzufassen fast die größte Hürde.
Was wird unterstützt?
Grundlagen- und industrielle Forschung sowie experimentelle Entwicklung. Wer bereits bestehende Produkte oder Verfahren einfach weiterdreht, ist raus. Die Forschung muss fünf Punkte erfüllen: Sie muss neuartig sein – zumindest für die eigene Branche oder die eigene Region. Insgesamt ist der Innovationsanspruch nur mäßig hoch aufgehängt, um die Hürden niedrig zu halten. Schöpferisch, also kein alter Wein in neuen Schläuchen. Ungewiss, könnte also auch scheitern. Systematisch – mit Plan und Budget – und reproduzierbar.
Welche Ausgaben können angesetzt werden?
Die Steuerliche Forschungsförderung ist aktuell quasi eine Manpower-Förderung: Das heißt man kann die für das Forschungs- oder Entwicklungsprojekt angefallenen Personalkosten ansetzen. Bis zu vier Millionen Euro pro Jahr, verteilt auf beliebig viele Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die die Bedingungen erfüllen und für die die Förderfähigkeit festgestellt wurde.
Die Förderung kann auch rückwirkend für alle Projekte beantragt werden, die seit dem 2.1.2020 begonnen wurden. Perspektivisch ist eine deutliche Aufstockung der Vier-Millionen-Euro-Obergrenze im Gespräch. Zudem soll es bald möglich sein, anfallende Abschreibungen für das Projekt mitanzusetzen.
Wie viel Förderung gibt es?
Die Förderung wird als Steuergutschrift über das Finanzamt gewährt und liegt aktuell bei 25 Prozent der nachgewiesenen Personalkosten, sprich bis zu einer Million Euro pro Jahr. Aber: Die Kosten müssen tatsächlich entstanden sein – was man tatsächlich auch nachweisen muss und deshalb zuvor auch zuverlässig erfasst haben sollte.
Wie beantragt man die Steuergutschrift?
Bei der sogenannnten Bescheinigungsstelle Forschungszulage (Link dazu siehe Kasten) ist ein digitales Formular einzureichen, anhand dessen beurteilt wird, ob das innovative Vorhaben förderfähig ist. Bekommt es grünes Licht, erhält das Unternehmen einen rechtssicheren Titel, der wiederum beim eigenen Finanzamt eingereicht wird und in eine Steuergutschrift mündet.
Das Formular ist recht knapp gehalten: Neben den Basisdaten zum Wer und Wo geht es in fünf Fragen darum, knapp die Innovation darzustellen, welche Problemstellung damit gelöst werden soll und welche Arbeitspakete – wer macht was bis wann – das Unternehmen für die Umsetzung plant.
Was ist, wenn die Forschung ins Leere läuft?
„Der Ausgang ist egal“, sagt IHK-Berater Philipp Klemenz. Die Förderung gibt es nicht für den Erfolg, sie ist gewissermaßen ein Anreiz, das Risiko für ein Forschungs- oder Entwicklungsprojekt einzugehen. „Innovation kann man nicht erzwingen.“
Pascal Anders, Gründer der KI-gestützten Weiterbildungsberatung Flinkback, Offenburg
Sebastian Spannagl, Geschäftsführer der Spannnagl Werkzeugservice GmbH, Offenburg
Zwei Unternehmer aus der Region haben Anträge zur Steuerlichen Forschungsförderung gerade in der Pipeline und berichten von ihren Erfahrungen:
Herr Anders, Herr Spannagl, darf man fragen, für welche Forschungsvorhaben Sie die steuerliche Zulage beantragt haben?
Pascal Anders: Klar, bei uns geht es um die Entwicklung unserer Weiterbildungs-KI.
Sebastian Spannagl: Wir haben die Entstehung eines Spritzgusswerkzeugs digitalisiert und die ganze Entwicklung in einen Prozess gegossen.
War der Antrag viel Arbeit?
Anders: Der Aufwand ist wirklich extrem gering. Wenn ich mal einen Vergleich anstellen darf: Wir haben für einen Antrag auf Wirtschaftsförderung des Landes einen Monat gebraucht und 40 bis 60 Seiten produziert. Für die Steuerliche Forschungsförderung kommen wir auf einen, maximal zwei Tage. Klar, der Vergleich hinkt ein bisschen, weil es bei der Wirtschaftsförderung um ganz andere Summen geht, aber trotzdem…
Wo liegen die Hürden?
Spannagl: Die Hürde ist, als Fachmann, der wirklich tief in seiner Materie steckt, sein Forschungsprojekt und die Problemstellung auf fünf mal 800 Zeichen so zu erklären, dass es auch ein Laie versteht und einordnen kann. Das frisst schon ein bisschen Zeit, ist aber verglichen mit anderen Anträgen kaum der Rede wert. Man muss sich eben ein bisschen eindenken.
War es schwer, die Neuartigkeit ihres Forschungsvorhabens nachzuweisen?
Anders: Bei uns war es recht einfach, weil Künstliche Intelligenz per se noch recht neu und noch nicht so verbreitet ist, so auch in der Weiterbildungsberatung. Aber ich glaube, jedes Unternehmen ist irgendwo in seiner Nische unterwegs und kann dann gut argumentieren, dass es diese Innovation bei ihm noch nicht gibt.
Spannagl: Grundsätzlich geht es ja auch darum, zu zeigen, dass man bei dieser Forschung wissenschaftliche oder technische Risiken eingeht. Und wenn Sie nicht gerade etwas entwickeln, von dem vom Start weg feststeht, dass es 1:1 so umsetzbar ist, ist die Argumentation nicht so schwer.
Bekommt ein Unternehmen das allein hin?
Spannangl: Ich denke schon. Die Begleitung durch die IHK ist gut und das Verfahren vergleichsweise einfach. Das Geld für einen extra Forschungszulagenberater, der manchmal ja hilfreich sein kann, kann man sich hier sparen. Das kriegt jeder hin, wenn er will.
Anders: Das denke ich auch. Und weil die Steuergutschrift so einfach zu beantragen ist, sollte sich jedes Unternehmen regelmäßig fragen, ob es etwas einzureichen hat.
Ulrike Heitze
Weitere Infos und Kontakte
- Eine Zusammenfassung der Steuerlichen Forschungsförderung und des Forschungszulagengesetzes unter www.ihk.de/freiburg 4892568
- Die wichtigsten Fragen beantwortet zudem das Bundesfinanzministerium unter www.bundesfinanzministerium.de FAQ Forschungszulagengesetz
- Antrag einreichen bei der Bescheinigungsstelle Forschungszulage unter www.bescheinigung-forschungszulage.de
Die Ansprechpartner bei den IHKs
IHK Hochrhein-Bodensee:
Sunita Patel
Telefon: 07531 2860-126
Mail: sunita.patel@konstanz.ihk.de
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg:
Maximilian Keller
Telefon: 07721 922-312206
Mail: maximilian.keller@vs.ihk.de
IHK Südlicher Oberrhein:
Philipp Klemenz
Telefon: 0761 3858-269
Mail: philipp.klemenz@freiburg.ihk.de