Der Zoll stellt konsequent weiter um auf digitale Prozesse und hat vor Kurzem das Bürger- und Geschäftskundenportal auf den Weg gebracht. Bürger wie Unternehmen können so verschiedene Dienstleistungen einfach und effizient über das Internet abwickeln. Derzeit erfolgt die Verwaltung der EORI-Nummer sowie die Beantragung der verbindlichen Zolltarifauskunft über das Portal. Weitere Dienste werden folgen.
Zollrechtlich laufen die Verfahren derzeit in ruhigen Bahnen. Für manche Exporteure ist die neue Definition des „Ausführers“ von Bedeutung, die nicht mehr auf das Vertragsverhältnis zielt und den Beteiligten somit mehr Flexibilität gibt. Die Definition folgt nun zollrechtlich dem Unionszollkodex und kann damit von der außenwirtschaftsrechtlichen Definition abweichen. In solchen Fällen ist eine entsprechende Kennzeichnung bei der Ausfuhranmeldung erforderlich.
Zollrechtlich spannend wird es 2020 aufgrund des Brexits. Viele Firmen werden deutlich mehr oder gar erstmalig Berührungspunkte mit dem Zoll haben. Großbritannien wird einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands bleiben, ist zollrechtlich nach dem Brexit allerdings ein Drittland. Je nachdem, welche Regelungen für das zukünftige Verhältnis gefunden werden, wird dies zu einschneidenden Änderungen im Handel mit Waren und bei der Erbringung von Dienstleistungen führen. Daneben sind zahlreiche weitere Änderungen durch den Brexit zu erwarten, zum Beispiel in rechtlicher und steuerlicher Sicht.
In Punkto Umsatzsteuer gibt es zudem Neuerungen für alle Unternehmen, die innerhalb des europäischen Binnenmarktes (Liefer-) Geschäfte machen. Die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie der EU wurde verbindlich zum 1. Januar 2020 geändert. Wesentliche Punkte sind dabei die sogenannten „Quick Fixes“ für die Umsatzbesteuerung von innergemeinschaftlichen Lieferungen. Diese betreffen in erster Linie die Voraussetzungen der Steuerbefreiung, die Belegnachweise für den Grenzübertritt, die Zuordnung der Bewegung im Reihengeschäft sowie das Auslieferungs- beziehungsweise Konsignationslager, für das nun eine Vereinfachung gilt.
Das geänderte Verhältnis zu Großbritannien wird 2020 nicht die einzige handelspolitische Herausforderung sein. Die Weltwirtschaftslage ist angespannt, und Anti-Dumping- oder Strafzölle sind zur Zeit häufig gebrauchte Instrumente. Betroffen sind europäische Unternehmen sowohl direkt als auch indirekt. Zum einen sind EU-Waren bei der Einfuhr in die USA mit Strafzöllen belegt. Zum anderen wirkt sich der Handelsstreit zwischen den USA und China auch auf Lieferungen aus der EU aus, wenn es sich um Waren chinesischen oder amerikanischen Ursprungs handelt. Auch bei der Einfuhr in die EU ist Vorsicht geboten, ob die eingeführten Produkte eventuell zusätzlichen Zöllen unterliegen. Entspannung ist derzeit nicht in Sicht. Eher zeichnet sich ab, dass die Einfuhrvorschriften und Dokumentationen aufgrund der Handelskonflikte weltweit komplexer werden. So werden beispielsweise von Importeuren aus der Türkei vermehrt Ursprungszeugnisse angefordert, und die Vereinigten Arabischen Emirate haben die Vorschriften für die Beglaubigung von Dokumenten verschärft.
Politische Entwicklungen spiegeln sich auch oftmals in den Ausfuhrkontrollbestimmungen. Es bedarf einer in der Organisation verankerten systematischen Prüfung, ob alle gesetzlichen Verpflichtungen eingehalten werden – Stichwort Compliance. Dabei sind immer mehr Aspekte zu beachten. Die USA wenden ihre Exportkontrolle schon lang weltweit an, auch aus China zeigen sich jetzt Absichten, das Exportkontrollrecht so zu reformieren, dass europäische Firmen davon betroffen sein könnten. Es lohnt sich, in diesem Punkt aufmerksam zu bleiben.
Bei allen Auseinandersetzungen setzt das Freihandelsabkommen mit Singapur, das im November in Kraft getreten ist, ein positives Signal für erleichterten und regelbasierten Handel. Das Abkommen sieht neben der Abschaffung von Zöllen vor allem den Abbau nicht-tarifärer Barrieren vor. Wichtig zu wissen in diesem Zusammenhang: Wie schon aus vorhergehenden Abkommen bekannt, ist die „EUR 1“ als Nachweisdokument nicht vorgesehen. Bei Warenwerten von mehr als 6.000 Euro ist daher die Bewilligung „Ermächtigter Ausführer“ notwendig, um eine Ursprungserklärung abgeben zu können und dem Empfänger gegebenenfalls Zollvorteile zu ermöglichen.
Das Abkommen hat Auswirkungen auf die häufig zum Jahreswechsel ausgestellten Lieferantenerklärungen. Singapur kann nun als begünstigtes Land genannt werden, sofern die Ursprungskriterien erfüllt sind. Ebenso kann Japan im Länderkreis der Lieferantenerklärung genannt sein, das Abkommen gilt bereits seit Februar 2019. Allerdings ist darauf zu achten, dass für Japan zusätzlich die Ursprungskriterien in codierter Form anzugeben sind. Auch im Zusammenhang mit der Lieferantenerklärung wird sich der Brexit auswirken. Tritt Großbritannien aus der EU aus, verlieren alle Waren mit dem Ursprung „EU – Vereinigtes Königreich“ ihren präferentiellen Status, und auch vor dem Austritt gelieferte Waren können nicht mehr in die Präferenzkalkulation einbezogen werden. Bereits ausgestellte Langzeiterklärungen sollten gegebenenfalls widerrufen werden. Und apropos Lieferantenerklärung: Bei der Lieferung von Gebrauchtwaren, für die wegen Ablauf der Aufbewahrungsfrist keine Lieferantenerklärung mehr vorhanden ist, werden ab Januar für den Ursprungsnachweis deutlich strengere Kriterien angewendet. Die in diesen Fällen verwendete Herstellererklärung muss klaren Bezug auf die Verarbeitungsregel beinhalten.
Bei den Anpassungen zum Jahreswechsel sollte auch ein Blick auf die Lieferbedingungen nicht fehlen. Die Incoterms der Internationalen Handelskammer (ICC) wurden überarbeitet und liegen in aktueller Version 2020 vor (siehe auch WiS 11/19). Auch wenn die Änderungen eher gering sind, bieten sie dennoch eine gute Gelegenheit zu prüfen, ob die Anwendung im Unternehmen korrekt ist oder ob Anpassungen vorgenommen werden sollten, weil sich Lieferbeziehungen geändert haben. Wichtig ist auch hier wieder ein Blick auf die Geschäfte mit Großbritannien, denn die Lieferbedingung „ddp“ kann zu bösen Überraschungen führen, wenn durch den Brexit für die Einfuhr in Großbritannien zukünftig Zölle zu entrichten sind.
Last but not least werden auch die EU-Schwellenwerte für öffentliche Ausschreibungen 2020 angepasst. Sie liegen seit Jahresbeginn unter den bisherigen Werten und zwar bei Bauaufträgen bei 5.350.000 Euro (bisher 5.548.000 Euro), bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bei 214.000 Euro (statt bisher 221.000 Euro), bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Bereich der Sektoren bei 428.000 Euro (statt bisher bei 443.000 Euro), bei Liefer- und Dienstleistungsaufträge von obersten und oberen Bundesbehörden bei 139.000 Euro (statt bisher 144.000 Euro). Die Bekanntmachung im Bundesanzeiger steht noch aus.
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