Alle Welt hat inzwischen ein Auge auf Cyberkriminelle. Doch auch alte Offline-Betrügereien scheinen nicht auszusterben, wie ein aktueller Fall aus der Region zeigt. Wie man seine Belegschaft wachsam hält.
Monika Schäfer ist sauer. Das, was die Inhaberin der Offenburger „Die Sign Agentur“, bei einem ihrer Kunden miterlebt hat, hält sie für eine Dreistigkeit. Sie appelliert an andere Unternehmen wachsam zu sein, damit ihnen kein Schaden entsteht. Was passiert ist? Eine Anruferin, die sich als „Dolly Scheider von der Firma AC Media“ vorstellte, berief sich auf eine Anzeige, die das Unternehmen einige Wochen zuvor geschaltet hatte. Von der wusste der angerufene Mitarbeiter, aber der Name seiner Gesprächspartnerin und der Firmenname sagten ihm nichts. Die Frau war freundlich, fragte, ob die Anzeige erneut geschaltet werden solle. Weil dem angerufenen Mitarbeiter die Sache suspekt vorkam, wimmelte er die Frau ab. Ebenso wie alle Kollegen, die in der Folgezeit angerufen wurden.
Info- und Meldestellen:
- Deutscher Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e. V. www.dsw-schutzverband.de
- Bundesnetzagentur www.bundesnetzagentur.de
- Übersicht über Meldestellen bei einem Cyberangriff unter www.wirtschaft-im-suedwesten.de/titelthemen/kann-jeden-treffen
Sie taten tat das Richtige. Die Vorgehensweise der Anruferin heißt „Kölner Masche“: Unseriöse Anzeigenverlage gehen auf Kundenfang, indem sie in anderen Medien veröffentlichte Anzeigen sichten und die Unternehmen anrufen. Angeblich soll ein Anzeigenabo bestätigt werden. Weil die meisten Firmen kein Interesse zeigen, bekommen sie einfach ein Fax zugeschickt. Dort steht zwar häufig „Kein zweiter Auftrag“ – doch im Kleingedruckten wird ein solcher erteilt. Wer dann gutgläubig oder in Eile ist, unterschreibt mal schnell, faxt zurück – und ist den Betrügern auf den Leim gegangen.
Im Ernstfall sofort reagieren
Ob es sich bei einem so erschlichenen Auftrag um einen Betrug im strafrechtlichen Sinn handelt, muss die Polizei prüfen. Agenturchefin Monika Schäfer, die sich bei der IHK Südlicher Oberrhein im Einpersonen- und Kleinstunternehmensausschuss engagiert, hat den Vorfall auch den IHKs und dem Deutschen Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) gemeldet. Die Kölner Masche, so DSW-Geschäftsführer Peter Sollfs, trägt ihren Namen, weil sich unzählige Callcenter im Kölner Raum zu Beginn der 2000er Jahre darauf spezialisiert hatten. Mittlerweile agierten die meisten Drahtzieher aus dem Ausland. Sollfs rät: Wer ein solches Formular unterschrieben und zurückgefaxt habe, solle die Forderungen schnellstmöglich abwehren. „Bezahlen Sie auf keinen Fall den in der Rechnung geforderten Betrag und holen Sie sich unverzüglich anwaltlichen Rat“, appelliert er. Erfolgt die Anfechtung des Vertrages zeitnah, kann sie erfolgreich sein. Einen Formulierungsvorschlag gibt es auf der DSW-Website. Zudem rät Sollfs zur Anzeige.
Bei einer anderen Betrugsmasche werden Betriebe von vermeintlichen Webseitenbetreibern oder Herausgebern von Branchenbüchern kontaktiert – oft mit teuren Folgen. Auch in diesen Fällen erhält der Empfänger unaufgefordert Formulare, in denen vermeintlich kostenfreie Leistungen angeboten werden, die bei näherem Hinsehen aber auf den Abschluss langfristiger und vor allem teurer Verträge abzielen.
Text: Nina Lipp
- So schützen Sie Ihren Betrieb vor der „Kölner Masche“ und anderen Old-school-Vertragsfallen:
Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter: Die wohl effektivste Präventionsmaßnahme gegen Betrug ist das Sensibilisieren Ihrer Mitarbeiter. Klären Sie Ihre Angestellten regelmäßig über die gängigen Maschen auf. Kennt die Belegschaft das jeweilige Vorgehen der Gauner, erkennen sie mögliche Betrugsversuche, bevor es zu einem Schaden kommt. - Nicht unter Druck setzen lassen: Lassen Sie – und Ihre Mitarbeiter – sich von zudringlichen und penetranten Anrufern nicht bedrängen. Beenden Sie im Zweifel das Telefonat. Oder beharren Sie auf Ihr Recht, Verträge in Ruhe durchzulesen. Achten Sie darauf, dass Sie alles lesen können. Eine Qualitätsminderung der Dokumente durch den Versand via Fax wird von unseriösen Anzeigenverlagen gezielt ausgenutzt.
- Seien Sie wachsam: Werden Sie aufmerksam, wenn Sie in Verträgen, die Ihnen angeboten werden, Formulierungen lesen, die Sie in Sicherheit wiegen. Etwa: „Vertrag läuft automatisch und ohne schriftliche Kündigung aus. Kein Abovertrag.“
- Prüfen Sie, ob eine Geschäftsbeziehung vorliegt: Unseriöse Anrufer beziehen sich bei der ersten Kontaktaufnahme oftmals auf einen „Vorvertrag“. Verlangen Sie, dass dieser vorgelegt wird.
- Recherchieren Sie: Eine Onlinerecherche kann Aufschluss darüber geben, wie seriös ein Unternehmen ist. Lückenhafte Informationen oder eine sehr kurze Unternehmenshistorie weisen auf Neugründung oder Namensänderung hin. Die Betreiber unseriöser Anzeigenverlage versuchen auf diese Weise, ihrer Nachverfolgung zuvorzukommen.
- Andere aktuelle Maschen: Nicht totzukriegen sind die bekannten Pishing-Mails und SMS im Namen der Deutschen Bank, der Postbank, von Paketdiensten oder auch unter dem Deckmantel der IHK, etwa fälschlich als IHK Deutschland oder von service@ihk24.de und support@mein-ihk.de. Mails von solchen Absendern sollten ungelesen in den Papierkorb wandern (siehe unsere Warnungen in der November- und der Februar-WiS, online zum Beispiel hier www.wirtschaft-im-suedwesten.de/regioreport/erneute-phishing-kampagne-taeuscht-ihk-vor). Sollten IHK-Mitgliedsunternehmen oder Ehrenamtliche unsicher sein, ob eine Nachricht tatsächlich von ihrer IHK stammt, kann eine kurze telefonische Klärung mit der Kammer Sicherheit bringen.
Gerade sehr aktuell: die SMS-Nachricht, dass Zoll für eine Sendung zu entrichten sei.
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