Das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung (BBiMoG) ist zum Jahresbeginn in Kraft getreten, doch nicht alle Änderungen gelten bereits. Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Änderungen und darüber, was Unternehmen bereits jetzt beachten müssen und wo sie noch abwarten können.
Mindestausbildungsvergütung: Zum Jahresbeginn wurde eine Mindestvergütung für alle Auszubildenden eingeführt. Sie gilt für sämtliche Ausbildungsverträge, die ab dem 1. Januar 2020 abgeschlossen wurden oder noch werden. Geregelt wurde der monatliche Mindestbetrag pro Ausbildungsjahr bis 2023. Dieser steigt pro Ausbildungs-, aber auch pro Kalenderjahr an (siehe Kasten rechte Seite). Alexandra Thoß von der IHK Hochrhein-Bodensee geht davon aus, dass die meisten Unternehmen in der Region ihren Azubis bereits mehr als den Mindestbetrag zahlen und daher von den Regeln nicht betroffen sind. Wer die Vergütung erhöhen muss und dies vergisst, bei dem meldet sich die Kammer: „Wer einen Ausbildungsvertrag bei uns einreicht, der nicht den Regeln entspricht, den weisen wir darauf hin“, sagt Alexandra Thoß. Ausgenommen von den neuen Regeln sind Unternehmen, die Tarifgemeinschaften angehören. Die Vergütung ab 2024 legt das Bundesbildungsministerium jährlich stets bis
1. November des Vorjahres fest.
Fortbildungsstufen: Für die neu eingeführte höherqualifizierende Berufsbildung gibt es drei Fortbildungsstufen, die jeweils eine eigene, zusätzliche Bezeichnung erhalten. Die erste ist der Berufsspezialist/die Berufsspezialistin, die zweite der Bachelor Professional und die dritte Stufe der Master Professional. Die Bezeichnungen gelten für die Fortbildungsordnungen des Bundes sowie für die Fortbildungsprüfungsregelungen der IHKs. „Voraussichtlich gibt es keine Rückwirkung, sodass die neuen Bezeichnungen für alle Abschlüsse ab diesem Jahr gelten“, sagt Alexandra Thoß. Die Details werden in den angepassten Fortbildungsverordnungen festgelegt, die noch verabschiedet werden müssen. Die IHK-Geschäftsführerin rechnet damit, dass dies im zweiten Halbjahr geschieht. „Die Teilnehmer der Fortbildungen werden darüber informiert“, sagt sie.
Prüfungswesen: Das BBiMoG bringt Entlastungen für die ehrenamtlich tätigen Prüfer mit sich. „Prüferinnen und Prüfer können nach einer Änderung des Berufsbildungsgesetzes künftig bei der Abnahme und Bewertung von Prüfungsleistungen durch Prüferdelegationen entlastet werden“, sagt der Jurist Harald Töltl, Geschäftsführer Berufsbildung bei der IHK Rhein-Neckar und einer der bundesweit renommiertesten BBiG-Experten. Außerdem dürfen künftig auch nur zwei Mitglieder des Prüfungsausschusses oder einer Prüferdelegation schriftliche oder praktische, jedoch nicht sogenannte flüchtige Prüfungsleistungen abnehmen und bewerten. „Hierzu bedarf es jedoch noch einer Änderung der Prüfungsordnungen der zuständigen Stellen auf Basis einer Empfehlung des Bundesinstituts für Berufsbildung in Form einer Musterprüfungsordnung“, sagt Töltl, der als Vertreter der IHK-Organisation in einer interministeriellen Arbeitsgruppe auf Bundesebene inhaltlich am Verhandlungsprozess des Gesetzes beteiligt war. Mit der Umsetzung dieser Neuerung sei deshalb frühestens im zweiten Halbjahr 2020 zu rechnen. Gleiches gilt für die neuen Durchlässigkeitsregeln. Beispielsweise kann ein Prüfling, der die Abschlussprüfung für einen drei- oder dreieinhalbjährigen Beruf nicht besteht, den Antrag stellen, dass ihm der Abschluss im entsprechenden zweijährigen Beruf anerkannt wird (siehe auch nächster Abschnitt).
Durchlässigkeit in der Beruflichen Bildung: Bei Berufen, für die es sowohl zwei- als auch dreijährige Ausbildungen gibt, soll es zwischen beiden eine größere Durchlässigkeit geben. Davon sollen Durchgefallene bei Abschlussprüfungen, aber auch Lehrlinge mit besonders guten Noten in den Zwischenprüfungen profitieren. Details regeln die Prüfungsordnungen, die in den nächsten Monaten aktualisiert werden.
Freistellung und Anrechnung bei Auszubildenden: Ob jugendlich oder volljährig – seit diesem Jahr werden alle Auszubildenden gleich behandelt, wenn es darum geht, dass Unternehmen sie für Prüfungen und Berufsschultage freistellen. „An der bisherigen Praxis der Entgeltfortzahlung ändert dies nichts“, heißt es vom DIHK. Bisher waren jugendliche Azubis bessergestellt als volljährige. Seit Jahresbeginn müssen volljährige Auszubildende vor der Berufsschule nicht mehr in den Betrieb kommen, wenn der Unterricht vor 9 Uhr beginnt. Bisher war das nur für Jugendliche der Fall, auch hier wurde die Regelung aus dem Jugendarbeitsschutzgesetz in das BBiMoG übernommen.
Darüber hinaus sollen alle Auszubildenden für die Teilnahme an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden einmal in der Woche für einen Arbeitstag freigestellt werden. Für Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden sollen sie an mindestens fünf Tagen freigestellt werden. Diese Schulzeiten dürfen seit Jahresbeginn nicht mehr auf die Ausbildungszeit aufgeschlagen werden. Außerdem haben Lehrlinge seit Jahresbeginn einen Anspruch, an Arbeitstagen, die der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangehen, freigestellt zu werden.
Teilzeitausbildung: Eine Berufsausbildung in Teilzeit können jetzt auch Menschen machen, die weder Kinder erziehen noch Angehörige pflegen.
Text: dihk/mae
Bild: SolStock
IHK Hochrhein-Bodensee:
Alexandra Thoß,
Telefon: 07531 2860-131
Mail: alexandra.thoss@konstanz.ihk.de
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg:
Martina Furtwängler
Telefon: 07721 922-164
Mail: furtwaenglerm@vs.ihk.de
IHK Südlicher Oberrhein:
Simon Kaiser
Telefon: 0761 3858-150
Mail: simon.kaiser@freiburg.ihk.de