Für viel Verwirrung sorgte zu Jahresbeginn die Einführung der sogenannten Bagatellgrenze für Ausfuhren im nichtkommerziellen Reiseverkehr. Kunden mit Wohnsitz in der Schweiz bekommen seitdem erst ab einem Einkauf von über 50 Euro die Mehrwertsteuer erstattet. Das Gesetz trat in Kraft, obwohl viele Details, wie Geschäfte und Händler mit der neuen Regelung umgehen sollten, am 1. Januar noch nicht geklärt waren. Fragen gab es bei der Berücksichtigung von Flaschenpfand, beim Handling von Gutscheinen oder beim Umgang mit mehreren Kassenbons. Vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) vernahm man noch im Dezember nur die Ankündigung, sich mit den Einzelfragen der Anwendung zu befassen. „Eine missliche Lage“, sagt Claudius Marx Hauptgeschäftsführer der IHK Hochhrein-Bodensee. „Die Geschäfte und der Handel wurden mit Unsicherheiten konfrontiert, die sie nicht zu verantworten hatten.“
Auf Druck der regionalen Wirtschaft, der IHK Hochrhein-Bodensee und des Handelsverbands hat das BMF nun Klarheit geschaffen. In einer Verwaltungsanweisung vom 10. Januar werden die offenen Fragen beantwortet. „Das war überfällig, denn die eigentlich vermeidbaren Verwirrungen waren erheblich“, sagt Marx. „Der Zoll, der ja nur die Ausfuhr als solche sowie den Wohnsitz des Ausführenden außerhalb der EU bestätigt, nicht aber über die Steuererstattung befindet, hat wegen der bestehenden Unsicherheiten auch nach Jahresbeginn weiterhin Ausfuhrzettel mit einem Warenwert unter 50 Euro bescheinigt.“ Obwohl die Bagatellgrenze natürlich zweifelsfrei gegolten habe, sei so der Eindruck entstanden, die Mehrwertsteuer könne weiterhin unabhängig vom Warenwert erstattet werden. „Wer die Steuer aus Kulanz auch in Zweifelsfällen weiter erstattete, lief das volle Risiko, bei einer nachfolgenden, negativen Beurteilung durch die Finanzverwaltung auf der Steuerschuld sitzen zu bleiben“, so Marx.
Das Schreiben des BMF an die Finanzbehörden der Länder vom 10. Januar sowie das ebenfalls im Januar aktualisierte Merkblatt zur Umsatzsteuerbefreiung geben nun Klarheit etwa beim Thema Flaschenpfand. Hier war die Frage, ob es zum Warenwert hinzuaddiert werden darf oder nicht. Ja, sagt das BMF. Kauft ein Schweizer Kunde Getränke im Wert von 45 Euro und wird durch das Pfand die 50 Euro-Grenze überschritten, kann die Mehrwertsteuer zurückerstattet werden. Die nachfolgende Pfanderstattung ist unschädlich – „aus Vereinfachungsgründen“.
Fraglich war zuvor auch, ob mehrere Kassenbons addiert werden dürfen. Hier sagt das BMF nein – auch dann nicht, wenn mehrere Gegenstände von ein und demselben Unternehmer an einen und denselben Kunden an ein und demselben Tag geliefert werden. „Eine Zusammenfassung mehrerer einzelner Rechnungen, um dadurch die Wertgrenze von 50 Euro zu überschreiten, ist nicht zulässig“, heißt es in dem genannten Schreiben des Ministeriums. Großzügiger ist man dagegen wieder beim Autozubehör. Das ist zwar – gleich, ob mit dem Fahrzeug fest verbunden oder lose, zum Betrieb oder zur Pflege bestimmt – von der Steuerbefreiung ausgeschlossen; bei der Ermittlung der Wertgrenze darf es aber mitberücksichtigt werden.
Bei sogenannten Mehrzweckgutscheinen ist der Zeitpunkt der Einlösung maßgeblich, nicht der Erwerb. Hintergrund ist, dass beim Erwerb des Gutscheines oft nicht klar ist, welcher Mehrwertsteuersatz (7 oder 19 Prozent) für die bei der Einlösung gekauften Waren gilt. „Die Wertgrenze ist daher auch für Mehrzweckgutscheine anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2020 ausgegeben, aber erst nach dem 31. Dezember 2019 eingelöst werden“, stellt das BMF klar. Bei sogenannten Einzweckgutscheinen (im Sinne des Paragraf 3 Absatz 14 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes) kommt die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr – unabhängig von der Überschreitung der Wertgrenze – nicht in Betracht. Vorsicht ist schließlich geboten, wenn beim Kauf die Wertgrenze überschritten wurde, aber nachträglich ein Teil des Kaufes wegen Reklamationen oder eines kulanzhalber gewährten Umtausches gegen Barauszahlung rückabgewickelt wurde. Ein solcher Sachverhalt ist zu berücksichtigen, kann die Erstattungsfähigkeit also ausschließen.
„Auch wenn jetzt weitgehend Klarheit herrscht, werden die Geschäfte und Händler weiterhin mit einzelnen Fragen konfrontiert werden“, befürchtet Marx. „Es bleibt daher unser primäres Ziel, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und so dem Papierkram endgültig ein Ende zu setzen.“ Dann nämlich würde auch die Bagatellgrenze entfallen, die ja auf diesen Zeitpunkt befristet ist, und mit ihr alle Fragen der Anwendung. Wann allerdings ein IT-Verfahren zur Erteilung des Ausfuhrnachweises eingeführt wird, sei derzeit noch unklar. „Bis heute werden die Mittel dafür vom Rechnungsprüfungsausschuss im Bundestag blockiert. Dabei darf es nicht bleiben“, sagt Claudius Marx.
Text: hw
Bild: Gina_Sanders-Fotolia
Das BMF-Schreiben als Download.