Umkirch/Rheinfelden. „Kramer füllt die Lücke zwischen Handwerk und Industrie“, sagte Geschäftsführer Matthias Weckesser in einem Pressegespräch anlässlich des 90-jährigen Bestehens der Kramer GmbH Mitte November am Firmensitz in Freiburg-Umkirch. Das sei in den 1970er-Jahren so gewesen, und das gelte auch noch heute. „Zwischen den Stühlen fühlen wir uns wohl.“ Kramer hat die komplett getrennten Geschäftsbereiche Dämmtechnik, Kühlraumbau sowie Ladenbau für die Foodbranche.
1929 ging es mit Isolierungen, also der Dämmtechnik, los. Damals gründete der Isolierer Fritz Kramer das Unternehmen in Grenzach mit drei Mitarbeitern. Die Grenzacher Roche-Niederlassung, wo der Pfälzer zuvor gearbeitet hatte, zählte zu den ersten Kunden. Für diese isolierte „Fritz Kramer Isolierungen“ nun Rohrleitungen der Industrieanlagen. Anfang der 1930er-Jahre startete Kramer mit dem Bau von Kühlräumen, einem neuen Feld. Schnell galt er als Fachmann auf diesem Gebiet. Aufträge aus Bayern und der Pfalz folgten. 1936 verlegte Kramer den Firmensitz nach Rheinfelden, wo das Unternehmen auch heute noch einen Standort hat. Den Schritt nach Freiburg machte Heinz Gass, der Neffe und spätere Nachfolger Kramers, der 1947 in das Unternehmen einstieg und es 1955 übernahm. 1950 eröffnete Gass die Freiburger Niederlassung in einer Mietwohnung mit Lager im Keller, 1958 bezog er eine Lagerhalle mit Büro im Industriegebiet Nord.
Die sogenannte Fresswelle in den 1960ern, die mit einer großen Nachfrage nach Fleisch, Back- und anderen Waren einherging, führte zu einem Kühlraumboom. Einer der damals typischen Aufträge war die Kühltheke für die Metzgerei Gruninger am Bertoldsbrunnen. Mit den Geschäften wuchs der Standort: Heinz Gass richtete eine Schreinerei fürs Fertigen der damals hölzernen Kühlraumtüren ein. 1963 verlegte er den Firmensitz nach Freiburg, ein paar Jahre später – die Metallverarbeitung war wichtiger geworden – investierte er in eine eigene Schlosserei. In den 1970er-Jahren kam mit BASF ein großer Kunde im Bereich Isolierungen dazu, 1983 folgten Isolierungen für den Neubau einer Erdgasraffinerie in Schottland: mit einem Volumen von acht Millionen Mark das größte Einzelprojekt der Firmengeschichte und zugleich das erste von Matthias Weckesser, der zwei Jahre zuvor als Trainee in den Betrieb seines Schwiegervaters eingestiegen war, dem er 1998 in die Geschäftsführung folgte.
Einen großen Einschnitt markierten für Kramer die 1990er-Jahre, als Discounter Frischesortimente anboten. „Für uns war das ein Paradigmenwechsel“, erinnert sich Weckesser. Die Kühlräume für die Discounter hatten andere Dimensionen als für Metzgereien, waren bis zu 100 Meter lang sowie zehn Meter hoch und sahen für jede Filiale gleich aus. Der erste Auftrag kam von Lidl für das Zentrallager in Hof. Weitere folgten. Der Discounter, noch heute größter Kunde von Kramer, expandierte nicht nur deutschland-, sondern europaweit, und Kramer war dabei. Niederlassungen in Frankreich und Spanien folgten. Die Zunahme der Supermärkte und Discounter bedeutete für viele Metzgereien und Bäckereien das Aus. Auch Kramer musste sich im Bereich Ladenbau neu orientieren, setzte hier ebenfalls auf Großfläche, stieg in den Lebensmitteleinzelhandel ein und fertigt seit den 2010er-Jahren beispielsweise für Edeka bis zu 70 Meter lange Frische- und Bedientheken.
2010 bezog Kramer den inzwischen erweiterten Standort in Umkirch. In den vergangenen zehn Jahren wurden 29 Millionen Euro investiert. Eine Forschungs- und Entwicklungsabteilung entstand, ebenso die Bereiche „addhome“ (flexible Module zum Wohnen, für Gastronomie oder den Handel) und „Cellux“ (kleine Kühlhäuser, die mit Sonnenenergie autark betrieben werden und beispielsweise in Afrika zum Einsatz kommen). Heute beschäftigt Kramer rund 280 Mitarbeiter an zehn Standorten, davon etwa 180 in Umkirch, 33 in Rheinfelden und 10 in Singen. 2019 beträgt der Umsatz über 80 Millionen Euro. Zum Vergleich: 1954 lag er erstmals über einer Million D-Mark. Eines gilt bei Kramer damals wie heute: „Uns ist es wichtig, dass wir eine Kramer-Familie sind“, sagt Geschäftsführer Alexander Butsch. Und ein Familienunternehmen: 2020 steigt Matthias Weckessers Sohn Daniel (31) in das Unternehmen ein und sorgt dafür, dass es einmal ein Vertreter der vierten Generation führen wird. Sein 63-jähriger Vater denkt allerdings noch nicht ans Aufhören.
mae