Wellendingen. „Deutschland als Standort für Großserienfertigungen in der Zerspanungsindustrie ist zu teuer“ – davon sind die Brüder Thomas (48, Wirtschaftsingenieur) und Heinz (56, Maschinenbauingenieur) Schauber überzeugt. Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Firma AWS M. Schauber GmbH Präzisionsteile haben schon vor Jahren begonnen, ihre Firma neu auszurichten, indem sie sich von hohen Stückzahlen, die an Großunternehmen vorwiegend der vorgelagerten Automobilindustrie geliefert wurden, zurückzogen und stattdessen begannen, auf die Komplettfertigung von Bauteilen nach Kundenzeichnung zu setzen – und dies in kleinen Serien beginnend beim Prototypen beziehungsweise der Losgröße eins.
Schauber ist ein Spezialist vor allem für rotationssymmetrische Präzisionsteile, etwa Schneckenradsätze und andere Getriebekomponenten. Dafür ist während der vergangenen zehn Jahre ein umfangreicher und hochmoderner Maschinenpark auf den circa 2.000 Quadratmeter großen Fertigungsflächen mit darunter im Untergeschoss befindlichen Versorgungseinrichtungen (beispielsweise für das Kühlwasser) installiert worden. Dabei haben die Brüder schon früh dem Umweltgedanken Rechnung getragen: Die Abwärme des Kühlwassers wird zum Heizen genutzt, die Kühlanlagen werden aus einem Regenauffangbecken gespeist. Auf dem Dach steht eine Photovoltaikanlage, der Fremdstrom stammt aus Wasserkraft.
Das Arbeitsspektrum der Schauber-Fertigung umfasst CNC-Schleifen, CNC-Drehen, CNC-Fräsen, Tieflochbohren, Keilnutenstoßen und Verzahnungsmesstechnik. Schauber verfügt also über eine sehr hohe Fertigungstiefe und hat sich – das gehört ebenfalls zum Erfolgsrezept der Firma – auf höchste Präzision und Qualität, größtmögliche Flexibilität und extrem kurze Lieferzeiten spezialisiert. Wenn es sein muss, so Heinz Schauber, werden einzelne Fertigungsschritte innerhalb von 25 Stunden realisiert und ausgeliefert. Das ist nach seiner Überzeugung ein Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens. Begleitet werden die Kunden auf Wunsch von der ersten Idee über die Prototypenfertigung bis hin zum Serienanlauf. Die Auftraggeber kommen aus dem Getriebe- und Maschinenbau, dem Werkzeugformenbau, der Medizintechnik, der Luft- und Raumfahrtindustrie sowie der Umwelttechnologie und haben ihren Sitz nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Österreich, der Schweiz, Polen und Tschechien.
Für ihr Angebot haben die Schaubers zusammen mit dem Markenspezialisten Gerhard Fischbach die Bezeichnung „German Precisioneering“ entwickelt und 2019 als Wortmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) registrieren lassen. Heinz und Thomas Schauber sehen die Ausrichtung ihres Unternehmens gerade auch in Krisenzeiten als mögliches Erfolgsrezept für die Zerspanungsindustrie, die sich derzeit aufgrund von Corona, aber auch wegen der technischen Umwälzungen in der Automobilindustrie in schwerem Fahrwasser befindet. Schaubers 25 Mitarbeiter sind derzeit nur zu einem geringen Teil in Kurzarbeit, im Branchendurchschnitt sieht das ganz anders aus. Wie das 1955 von Manfred Schauber, dem Vater der heutigen geschäftsführenden Gesellschafter, gegründete Unternehmen zum Jahresende dastehen wird, ist noch ungewiss, Heinz und Thomas Schauber sind jedoch optimistisch. upl
Bild: Ein typisches Produkt von Schauber: ein Schneckenradsatz, nach Kundenvorgaben gefertigt.