Geschäftsführer des Schlossbergrestaurants Dattler in Freiburg und Leiter der Fachgruppe Berufsbildung beim Dehoga-Kreisverband Freiburg
Wie beurteilen Sie die Personalsituation im Gastgewerbe in Südbaden?
Jörg Dattler: Die Lage ist dramatisch. So deutlich muss man es sagen. Nach allem, was ich von Kollegen höre, und auch mit Blick auf meine eigenen Erfahrungen gibt es quasi keine Stellenneubesetzung mehr, die unproblematisch läuft. Es gehen teilweise gar keine Bewerbungen auf Anzeigen hin mehr ein. Für unseren Betrieb war das bislang noch einigermaßen zu verkraften, weil wir im Zuge einer Umstrukturierung sowieso Personal reduziert haben – aber auf längere Sicht ist das alles sehr bedenklich. Mich erstaunt und bestürzt, dass man Ähnliches aus fast allen Branchen hört.
Wie reagieren Sie?
Ich denke, schnelle Patentlösungen gibt es leider nicht. Wir haben uns aber nun entschlossen, bei den Betriebsschließungszeiten Anpassungen vorzunehmen. So werden wir erstmals über die Weihnachtsfeiertage nicht öffnen, weil etlichen Mitarbeitern eine Auszeit in dieser Phase sehr wichtig ist. Auch wollen wir kommendes Jahr zum ersten Mal in der Hochsaison im Sommer zwei Wochen Betriebsferien einlegen. Denn immer gab es Diskussionen darum, wer im Sommer frei bekommt – was einfach viele Mitarbeiter möchten. Und wir hätten sonst immer mühsam jonglieren müssen angesichts der dünnen Personaldecke. Natürlich verfügen wir schon lange über eine minutengenaue Arbeitszeiterfassung. Das ist ja Standard heute.
Was raten Sie den Kollegen Ihrer Branche?
Man kann sicher noch an manchen Stellschrauben drehen, um die Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen. Wir setzen uns über die Industrie- und Handelskammern auch stark dafür ein, damit Arbeitskräfte aus Drittstaaten leichter in Deutschland eine Arbeit aufnehmen können. Aber letztlich muss es auch um die Frage der Vergütung gehen. Wir bezahlen dieses Jahr zum Beispiel einen Coronabonus an alle, die uns die Treue halten. Und ich denke, wir werden steigende Vergütungen, aber auch weiter steigende Preise in der Gastronomie sehen.
Interview: hos