Rielasingen. Auf dem Flughafenvorfeld, in einem Olivenhain, auf einem Steg oder im Wasser – Stühle und andere Gegenstände an besonderen Orten zu inszenieren und sie reduziert sowie leicht abstrakt zu fotografieren, ist das Markenzeichen des Fotodesigners Otto Kasper aus Rielasingen. Dies machte ihn in den 1980er-Jahren international bekannt. Ein typisches Beispiel seiner Arbeit ziert auch das Cover seines Buches „Workplace Living“, das Kasper Ende September im Eigenverlag veröffentlicht hat (siehe Bild rechts). Dabei geht es um Design, Licht und Akustik im Büro der Zukunft und darum, dass die Mitarbeiter sich an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen – für Kasper eine Voraussetzung für deren Kreativität. Mit der Gestaltung von Arbeitswelten beschäftigt sich auch die Kasper GmbH, die der 66-Jährige inzwischen gemeinsam mit seinen drei Kindern führt. In die Firma, so wie auch in das aufwendig gestaltete Buch mit seinen schönen Bildern, fließt seine Erfahrung aus 45 Arbeitsjahren ein. Der Grund für das Projekt: „Mir ist aufgefallen, dass wir immer schöne Bilder und Welten erschaffen, aber nie eine Vorlage zur Umsetzung für andere machen“, sagt Otto Kasper, der das Buch als Gebrauchsanweisung versteht – und sich selbst als „Ideenlieferant“. Diese Berufsbezeichnung hat er sich auch auf seine Visitenkarte drucken lassen. Allerdings fotografiert er nach wie vor, wenn auch weniger als früher.
Ideen brauchte Otto Kasper von Anbeginn, um die Gegenstände, die er fotografierte, in Szene zu setzen. Von seinen Kunden erhält er stets nur das Produkt – einen Bürostuhl, einen Tisch oder einen Kerzenständer. Der Rest ist ihm überlassen: Er sucht die Orte oder Räume, die Models und Accessoires, setzt sie mit dem passenden Licht in Szene und drückt schließlich auf den Auslöser. „Ich habe eine diebische Freude gehabt, wenn ich einen Kerzenständer so fotografiert habe, dass man bei seinem Anblick weinen musste“, sagt er und berichtet leicht amüsiert davon, wie sich derart in Szene gesetzte Gegenstände zu Verkaufsschlagern entwickelten.
Damit, Möbel anders als üblich zu fotografieren, begann er bereits in den 1970er-Jahren nach seiner Ausbildung zum Werbefotografen in Freiburg. Von der damals dort ansässigen Firma Fortschritt Büromöbel bekam er seine ersten Aufträge. Weitere folgten. Anfang der 1980er-Jahre zog es den gebürtigen Singener zurück an den Bodensee, wo er schon zuvor fast jedes Wochenende verbracht hatte. In seiner Heimatstadt richtete er sich in einem Hinterhof ein Studio ein, komplett schwarz ausgekleidet, wie es damals üblich war. 1987 brach er mit den Konventionen der Branche und eröffnete auf über 1.500 Quadratmetern in Rielasingen ein Tageslichtstudio.
Sein internationaler Durchbruch gelang dem Fotodesigner mit den Bildern von kunstvoll in Szene gesetzten Spaghetti. Die Stillleben, zusammengestellt in einem Kalender, wurden preisgekrönt und schmückten Zeitschriften weltweit. Ähnlich erfolgreich war der Kalender mit einem 8,50 Meter hohen roten Stuhl für den Kamerahersteller Sinar aus Schaffhausen, der heute zu Leica gehört. Otto Kasper erhielt vor allem in den 1980ern und 1990ern rund ein Dutzend Branchenpreise, veröffentlichte etwa ebenso viele Bildbände, arbeitet(e) für den Büromöbelhersteller Sedus Stoll, den Glasproduzenten Riedel, den Heine-Versand und fotografierte die aus TV-Spots bekannte Insel in der Wiehltalsperre für die Krombacher-Werbung. Bis zu zwölf Fotografen beschäftigte er in diesen Jahren. Für seine Shootings arbeitete Kasper meist drei Monate im Jahr auf Mallorca, außerdem häufig in Südfrankreich. Aber immer wieder zog es ihn an den Bodensee, zum Arbeiten, zu seiner Familie, zum Segeln und zum Wandern.
Auch heute noch hat sein Unternehmen seinen Sitz im zum Teil umfunktionierten Studio in Rielasingen. Unter den 25 Mitarbeitern ist außer Kasper nur noch ein Fotograf. Mit 60 Jahren, so berichtet er, „habe ich mir gesagt, ich mache nur noch, was ich will“. Er zog sich aus dem Tagesgeschäft zurück, strukturierte sein Unternehmen neu und holte seine Kinder nach und nach herein. Die Geschäftsfelder sind heute neben dem Fotostudio Digitaldruck, Werbetechnik und das Einrichten der Bürowelten – mit Otto Kasper als Strategen und Ideengeber. Auch zu Beginn der Coronapandemie lieferte er neue Ideen für sein Unternehmen: Seit März produziert die Kasper GmbH Schutzwände aus Acrylglas. Sie stehen inzwischen im Deutschen Museum in München, in Landgerichten von Konstanz bis Karlsruhe, in Schulen und der Berliner Charité. So gelang es Kasper, einen großen Teil der Verluste, die die Coronakrise bislang mit sich brachte, zu kompensieren.
mae