Frau Fernandes, woher kam die Idee zu ‚Social On‘?
Meine Masterarbeit „Digital braucht Sozial – Experteninterviews zur Video-Beratung in der Sozialen Arbeit“ hat 2019 zweierlei gezeigt: Ratsuchende sehen in dem Angebot eine willkommene Option, um schambehaftete Themen niederschwellig anzusprechen, Sozialberaterinnen und Sozialberater zögern angesichts der Unsicherheiten im Zuge der DSGVO-Einführung aber, diese anzubieten. Der Bedarf für ein Onlinetool, das datenschutzkonforme, digitale Räume für vertrauliche Gespräche bietet, war also vorhanden und wuchs im Zuge der Coronapandemie. Mit der Anschubfinanzierung eines privaten Investors und der Unterstützung eines IT-Entwicklers habe ich eine Beratungssoftware geschaffen, die diese Lücke schließt.
Digital Counseling GmbH
Gründerin: Raphaela Da Costa Quintas Fernandes
Ort: Freiburg
Gründung: 2021
Branche: Social-Tech
Idee: Datenschutzstarke und anonyme Onlineberatungssoftware
Was kann Social On?
Wir wollen Beratenden eine intuitiv bedienbare und niedrigschwellige Softwarelösung bieten und einen digitalen Raum schaffen für ihre vertraulichen Gespräche. Es lassen sich zum Beispiel offene Sprechstunden abhalten oder man kann mit Kolleginnen und Kollegen in Projekten zusammenarbeiten. Im Frühjahr soll ein virtueller Methodenkoffer folgen. Inhaltlich basiert das Konzept auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, meiner langjährigen Erfahrung als Betriebliche Sozialarbeiterin und meinem Wissen aus der Onlineberatung.
Was macht Social On anders?
Vor allem unser Fokus auf Datenschutz und Datensparsamkeit. Wir werden allen DSGVO-Vorschriften gerecht und erfassen nur die Daten, die unbedingt nötig sind – etwa Vor- und Zuname sowie die E-Mail- und IP-Adresse der Nutzer. Ratsuchende können den Service auch anonym nutzen. Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung garantiert den aktuell höchsten Schutz der Gespräche. Inhaltlich haben wir uns auf den Beratungsprozess konzentriert. Social On bietet Beraterinnen und Beratern sowie Ratsuchenden durchdachte Lösungen, etwa Ärzte oder Dolmetscher zu Sitzungen hinzufügen zu können, Formulare zu versenden oder Notizen festzuhalten.
Software zu entwickeln ist mitunter teuer, soziale Angebote sind häufig gratis. Wie meistern Sie diesen Spagat?
Im Social-Tech-Bereich unterwegs zu sein, ist, wie in zwei Welten zu leben. Gerade mit Blick auf finanzielle Spielräume, denn reine Tech-Start-ups haben viel höhere Summen zur Verfügung und es ist unstrittig, für deren Leistungen zu zahlen. Da ich der Meinung bin, dass Soziales durchaus etwas kosten darf, biete ich Social On als Jahresabo im Lizenzmodell an. Zudem habe ich bewusst nicht als gGmbH gegründet, um Gewinne flexibler für andere soziale Projekte einsetzen zu können.
Welche Herausforderungen mussten Sie bis hierher lösen?
Organisation ist ein großes Thema, da ich noch in Teilzeit angestellt bin und zwei Kinder habe. Ohne meinen Mann und unsere paritätische Aufgabenteilung in Bezug auf Kindererziehung und Haushalt wäre das nicht zu schaffen.
Wo soll die Reise mit Social On hingehen?
Perspektivisch suche ich eine Entwicklerin oder einen Entwickler sowie Investoren, um Social On auszubauen – sowohl personell als auch inhaltlich. Eines meiner Ziele ist, Social On als App zu entwickeln, sodass alle Ratsuchenden schnell und direkt Hilfe bekommen können. Angesichts der multiplen Krisensituation sehe ich eine zunehmende Notwendigkeit hierfür. Gerne dürfen sich Interessierte bei mir melden, ich freue mich immer über Austausch.
Interview: ks
Bild: Rita Eggstein