In einer Pressemitteilung Ihres Unternehmens heißt es, Sie revolutionieren die Impfstoffentwicklung. Wie machen Sie das?
Günter Roth: Im Prinzip vereinen wir 50 Jahre alte Biochemie mit der Erfindung des Fotokopierers. So können wir Impfstoffe finden oder Allergien vermessen. Wenn wir ihre DNA kopieren, kann das bei zukünftigen Gentherapien eingesetzt werden. Bis hin zu Waschmitteln, die wir dann effizienter und umweltschonender machen.
Wie funktioniert das genau, und was ist das Besondere daran?
Unser Ausgangspunkt sind die Antikörper im Blut eines Menschen, der die Krankheit überlebt hat. Wir nehmen dann das Erbgut des Virus und übertragen es in einen speziellen Kopierchip. Anschließend machen wir mit gängiger Biochemie eine Proteinkopie davon und erstellen sozusagen ein Proteinabbild des Virus. Darauf geben wir das Blut, und die Antikörper markieren dann von allein die Proteine, die im Impfstoff sein sollten. Damit haben wir einen Impfstoffvorläufer. Dieser lässt sich biosynthetisch schnell und im großen Maßstab produzieren, und damit kann dann zeitnah ein angepasster, optimaler Impfstoff bereitgestellt werden. Dies garantiert einen wirksamen, aber vor allem schnellen Schutz vor kommenden Pandemien und sich schnell ändernden Virenstämmen.
Wie kamen Sie auf die Idee für den Kopierer, und was haben Sie und Ihre drei Mitgründer davor gemacht?
Ich bin gestartet mit zwei Diplomen in Biochemie und Physik und habe dann an der Uni Tübingen eine Doktorarbeit in der Biochemie geschrieben, auch in Zusammenarbeit mit der Firma Curevac, die durch die Covid-19-Impfstoffentwicklung bekannt wurde. 2008 bin ich als Gruppenleiter ans Institut für Mikrosystemtechnik der Uni Freiburg gekommen und Jürgen Burger als Doktorand. 2009 besuchte uns der Erfinder Franz Lärmer von Bosch. Er suchte eine Idee, die hochriskant ist, aber das Potenzial hat, die Welt zu verändern. Und er versprach: Wenn wir eine solche Idee haben, dann kriegen wir einen Doktoranden gesponsort. Wir knobelten und meinten noch etwas belustigt: Wie wäre es mit einem Kopierer für Biomoleküle? Wir bekamen das Stipendium. Niko Bausch arbeitete damals im Gründerbüro der Uni Freiburg, so habe ich ihn kennengelernt und später abgeworben. Christin Rath stieß 2011 als Diplomandin und später als Doktorandin hinzu. Die Idee wurde stetig verfeinert, führte zu einer eigenständigen Gruppe am Zentrum für Biosystemanalyse der Uni Freiburg und dem Exzellenzcluster Bioss, sieben Patenten und 2016 zur Ausgründung.
BioCopy GmbH
Gründer: Günter Roth (43, Geschäftsführer, auf dem Bild), Jürgen Burger (53), Niko Bausch (51), Christin Rath (33)
Ort: Emmendingen
Gründung: formal Mai 2016, aktiv seit Oktober 2019
Branche: Biotech
Idee: Kopierer für Biomoleküle für die Impfstoffentwicklung
Womit haben Sie die Gründung finanziell gestemmt?
Die GmbH wurde 2016 mit Eigenmitteln ausgegründet und war zunächst inaktiv. 2018 wurde mithilfe eines Investors die Holding in der Schweiz gegründet. Am 1. April 2019 wurde die Biocopy GmbH von der Holding übernommen. Seitdem gibt es Aktien von Biocopy zu kaufen. Die bisherigen Aktionäre sind mehrheitlich Schweizer und aus den Bereichen Medizin, Klinik, Medizintechnik und Pharma.
Hat Ihnen die Covid-19-Pandemie einen Schub gegeben?
Sogar sehr. Die Investrunde im Januar 2020 lief so erfolgreich, dass wir die Firma Biametrics in Tübingen übernehmen konnten. Dazu kommen die nun verstärkten Kooperationen mit Firmen aus dem Impfstoffbereich. Diese nutzen wir, und ich freue mich, dass unser Kopiergerät in der Impfstoffentwicklung schon jetzt und nicht erst wie ursprünglich geplant 2023 zum Einsatz kommt. Außerdem entwickeln wir zurzeit auch dank einer Förderung des Landes Baden-Württemberg einen Schnelltest, mit dem man herausfinden kann: Bin ich resistent gegen Corona und, wenn ja, gegen welche Mutante? Geplant ist, dass im Sommer der Prototyp steht.
Interview: mae