Der Schritt in die Selbstständigkeit steht für Gründer in der Regel an, wenn sie ein paar Jahre Berufserfahrung gesammelt haben. Bei Gerhard Neumaier sind es ein paar Jahre mehr geworden: Mit der Gründung seiner Miccados GmbH erlebt er den zweiten Frühling – nach dem Ende seines eigentlichen Berufslebens. „Ich bin seit knapp einem Jahr in Rente, und mir geht es in erster Linie darum, eine sinnvolle und herausfordernde Beschäftigung zu haben“, erklärt der 66-jährige Pharmazeut aus Lörrach. Im Mittelpunkt seines im Juni 2022 gegründeten Ein-Mann-Unternehmens steht die Entwicklung von Mikrodosiersystemen für Arzneimittel. Dafür schöpft er aus einem Wissensfundus, den er sich in 35 Berufsjahren erarbeitet hat. Nach dem Pharmaziestudium hat er zunächst als Lehrer an einer Schule für pharmazeutisch-technische Assistenten gearbeitet, bevor er in die Industrie wechselte. „Den größten Teil, etwa 20 Jahre, war ich als Geschäftsführer damit beschäftigt, marode Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen“, blickt Neumaier zurück. Von 2019 bis Ende 2022 war er bei der Schweizer Perlen Packaging AG für die technische Entwicklung eines Pulverinhalators zuständig. Für seine Selbstständigkeit war diese Anstellung entscheidend. Er habe festgestellt, dass die in den Frühphasen einer Medikamentenentwicklung verwendeten Maschinen teuer, unflexibel, unpassend sind. „Meine Idee ist es, möglichst einfache Geräte zu entwickeln und zu bauen, welche die Produktionsmaschinen, die später zum Einsatz kommen, simulieren“, erklärt er. Mit dem vollmechanischen Gerät könne er sogar Maschineneinstellungen von industriellen Dosiersystemen nachbilden. Erste Zielgruppe sind Universitäten. Die kaufen zwar nichts, weil sie kein Geld haben, aber sie können Veröffentlichungen schreiben und so Bekanntheit herstellen. Ein Gerät hat Neumaier ans Trinity College in Dublin verliehen, ein weiteres an die Universität Kiel. Im Gegenzug veröffentlichen die Wissenschaftler Fachbeiträge. Als Abnehmer für seine Entwicklung kommen Pharmafirmen und Entwicklungslabore in Frage, die Pulverformulierungen entwickeln. Sie profitieren, so Neumaier, von der verbesserten Entwicklung von Arzneimitteln, sowohl qualitativ als auch hinsichtlich der Kosten. Die Zuschauer beim Regional Cup Konstanz, dem Vorentscheid zum Gründungswettbewerb „Start-up BW Elevator Pitch“, konnte er mit seinen Ideen schon einmal überzeugen. Sie haben dem Tüftler aus Lörrach den Publikumspreis verliehen. Wirtschaftlich gehe es darum, dass sich die Firma selbst trägt. Neumaier: „Es sieht vielversprechend aus.“
Benedikt Brüne