Frau Ziegler, Sie haben 2021 die Firma OpenDress gegründet. Wie kam es dazu?
Die Idee für OpenDress entstand während meines Studiums an der Hochschule für Gestaltung und Wirtschaft Konstanz (HTWG), in dem ich über Nachhaltigkeit, Digitalisierung von Lieferketten, KI für Mode und Schnittmustertechnologie forsche. Ziel ist es, über die Verknüpfung von KI, Textil und Design eine nachhaltige und zukunftssichere Modeindustrie zu schaffen – und massive Überproduktion zu vermeiden.
Ihre App Beawear ist ein Kompositum aus den englischen Begriffen „sei achtsam“ und „etwas tragen“. Welches Problem löst Ihr Angebot?
Ich will Mode neu denken: Durch die Erstellung eines 3D-Bodyscans, einem digitalen Zwilling, gehören Retouren zukünftig der Vergangenheit an. Der Scan lässt sich mit jedem mobilen Endgerät erstellen. In den Partnerstores filtert der digitale Zwilling nach den passenden Größen. Über den Algorithmus werden so nur Artikel empfohlen, die auf den tatsächlichen Körpermaßen beruhen statt auf den Kleidergrößen S bis XL.
OpenDress
Branche: Fashion-Tech
Idee: 3D-Körper-Scans für die Modeindustrie, um Mode passender zu machen
Gründerin: Verena Ziegler
Ort: Konstanz
Gründung: Dezember 2021
Webseite: OpenDress.com
Wie ist das Geschäftsmodell, wer sind Ihre Kunden?
Wir sind ein B2B- und Software-as-a-Service-Anbieter (SaaS). Das heißt, wir bieten international eine API-Schnittstelle zu Onlineshops an. Je nach Shopgröße variieren die monatlichen Abokosten. Diese beginnen bei 99 Euro und enden bei 4.900 Euro für Multimarkenshops und Marktplätze.
Wie lautet Ihr Zwischenfazit drei Jahre nach der Gründung?
Die Gründungsphase war durch Krisen gekennzeichnet: Corona, der Ukrainekrieg, Energie- und Wirtschaftskrise. Entgegen allen Ratschlägen habe ich die Firma auf mehrere Standbeine gestellt. Das hat uns aus heutiger Sicht das Überleben garantiert. Selbst sicher geglaubte Projekte mit großen Institutionen wie der Bundeswehr, P&C oder Jelmoli wurden wegen Krieg oder Insolvenz stillgelegt. Da half es, dass wir gleichzeitig auch Forschungsprojekte haben, die unser Grundeinkommen teilweise absichern. Ich habe gelernt: Nichts ist sicher, und alles kann sich sofort ändern.
Wie groß ist Ihr Team?
Wir haben seit drei Jahren ungefähr die gleiche Mitarbeiteranzahl, rund zehn Beschäftigte, die teilweise über Forschungsprojekte abgesichert sind, teilweise aus Investorengeldern finanziert werden.
Was hat Sie am meisten beflügelt?
Dass das eintritt, was ich schon lange prognostiziere: Die Fashion-Titanen fallen in den letzten Jahren der Reihe nach um. Kleidung in Massen zu produzieren, mit veralteten Größentabellen, die niemandem wirklich passen, zahlt sich auf lange Sicht nicht aus. Unsere Lösungen sind mehr denn je wichtig, um endlich eine Datengrundlage für Fashionunternehmen zu legen, damit sie wissen, wie ihre Kunden aussehen und was sie produzieren sollen.
Welche Ziele verfolgen Sie aktuell?
Wir arbeiten an der Skalierung und europaweiten Expansion unserer Größenempfehlung als API-Schnittstelle, für mehr Sichtbarkeit und Marktweite. Und wir schauen optimistisch in die Zukunft: Künftige Gesetze – EU-weit und darüber hinaus – sehen vor, die CO2-Emissionen der Lieferwege zu tracken. Da braucht es Ideen. Unsere Lösung bietet die Datengrundlage, um die geforderten neuen Regularien zu erfüllen.
Interview: Benedikt Brüne