Wirtschaft im Südwesten
4 | 2016
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UnTErnEHMEn
Lohmann & Birkner Mobile Services
Mobile Datenerfassung für Pfleger
FReibuRg.
Astrid Lohmann kennt die Pra-
xis der Pflege. Die Freiburger Unternehmerin
ist ausgebildete Gerontologin und hatte meh-
rere Seniorenheime geleitet, ehe sie sich mit
ihrem Mann Harald Fischer, einem promovier-
ten Informatiker, selbstständig machte und
eine mobile Datenerfassung für Pflegekräfte
im Außendienst entwickelte. Sie weiß, dass
Pfleger eher älter und eher weniger technik-
affin sind. Deshalb hat sie es immer als ihre
Herausforderung empfunden diese Damen
– denn es arbeiten hauptsächlich Frauen in
der Pflege – für ihr Programm zu gewinnen.
Wenn dann eine 65-jährige Ordensschwester
sagt: „Das hätten wir schon viel eher einfüh-
ren sollen. Die Handys sind ein Segen für den
ganzen Pflegedienst“, dann ist das für Astrid
Lohmann und Harald Fischer eine Bestäti-
gung ihres Erfolgs. „Wir haben eine hochmo-
derne Technik in einen konservativen Markt
gebracht“, sagt Astrid Lohmann.
Doch der reihe nach. Mit der Einführung der
Pflegeversicherung kam Ende der 1990er-
Jahre die Pflicht für Pflegedienste, elektro-
nisch mit der Kasse abzurechnen. Astrid
Lohmann wusste, welche Herausforderung
das für soziale Einrichtungen war und suchte
nach Lösungen. Aber es gab bis dato keine.
Deshalb beschloss sie gemeinsam mit ihrem
Mann, selbst eine zu erarbeiten. Gut, günstig
und sicher musste die sein, denn der finanzi-
elle Druck war und ist in der Pflege groß. Ihre
Vorstellung war daher, dass die ambulanten
Mitarbeiter die Daten vor Ort schon elektro-
nisch erfassen und an die Pflegedienstleitung
übermitteln. Das erste internetfähige Handy,
das 1999 auf den Markt kam, sollte die Lö-
sung sein. Lohmann und Fischer konzipierten
eine mobile Zeit- und Leistungserfassung, die
auf dem damals noch sehr kleinen Display
mit nur drei Tasten funktionierte.
Diese kabellose Verbindung von Außen- und
Innendienst war ein absolutes novum. „Wir
sind da ganz unbedarft rangegangen“, erin-
nert sich Fischer. „Wir hätten mit dieser Idee
auch eine weltweite Firma werden können.“
Doch es war eine schwierige Zeit für Gründer
um die Jahrtausendwende nach dem Crash
des neuen Marktes. Der erste Versuch ging
prompt schief – Lohmann und Fischer hat-
ten auf den falschen Handy-Hersteller ge-
setzt. Der zweiten Anlauf klappte dann, und
so entstand 2003 die „Lohmann & Birkner
Mobile Services GmbH“ als Tochterfirma des
Berliner Unternehmens „Lohmann & Birkner
Health Care Consulting GmbH“ mit Hauptsitz
in Freiburg – anfangs in der rosa-Luxemburg-
Straße und seit 2013 in einem renovierten Alt-
bau gegenüber der Johanneskirche. 25 Män-
ner und Frauen arbeiten dort mittlerweile.
Handys haben sich seit der Firmengründung
enorm verändert, die Funktion von „factis“
(so heißt das Programm) blieb indes im We-
sentlichen gleich. Aber sie wurde immer bun-
ter und hübscher, vor allem seit der dritten
Generation speziell für Smartphones. Ast-
rid Lohmann hat dafür gesorgt, dass viele
kleine nettigkeiten den Pflegekräften die
Arbeit erleichtern. Der nutzer wird freund-
lich begrüßt, wenn er sich einloggt und mit
fröhlichen Symbolen durch den Arbeitstag
begleitet. Ein kleines blaues Auto fährt auf
dem Display mit von Haus zu Haus. Alles, was
die Pflegekraft wissen oder tun muss, wird
übersichtlich angezeigt: Zeiten, Leistungen
oder auch Geburtstage.
„Wir denken vom Menschen aus“, sagt Astrid
Lohmann. „Wenn die Pflegekraft gut gelaunt
beim Kunden reinkommt, dient das auch der
Pflege.“ Über 100.000 Pflegekunden deutsch-
landweit zählen die Sozialdienste, die das Pro-
gramm nutzen. Bislang generiert Lohmann &
Birkner Mobile Services 80 Prozent seines
Umsatzes in der Pflege, den rest beispiels-
weise mit haushaltsnahen Dienstleistern oder
Streetworkern. Astrid Lohmann sprüht immer
noch vor Ideen und kann sich auch weitere
Einsatzbereiche vorstellen. „Überall, wo im
Außendienst jemand Dienstleistungen er-
bringt, kann man factis einsetzen.“
kat
In dem roten Haus gegenüber der Freiburger Johanneskirche arbeiten 25
Mitarbeiter für die Lohmann & Birkner Mobile Services, die mobile Daten-
erfassung vor allem für ambulante Pflegedienste konzipiert.