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Wirtschaft im Südwesten

4 | 2016

52

Themen & TrendS

Sie haben kürzlich eine Warnung vor einer neuen

Masche des sogenannten Geschäftsführerbetrugs

veröffentlicht. Worum geht es da genau, wer ist

betroffen?

die Warnmeldung bezieht sich auf das Phänomen

CeO-Fraud oder Fake President. Bereits seit 2014

treten Betrüger an mitarbeiter von großen und mit-

telständischen Unternehmen heran. Sie verwenden

geringfügig geänderte e-mail-Adressen, um vorzu-

täuschen, dass es sich beim Absender um den Ge-

schäftsführer der betroffenen Firma handelt. Während

sich der tatsächliche Geschäftsführer außer haus

befindet, teilt der vermeintliche Geschäftsführer per

e-mail mit, er sei telefonisch nicht erreichbar, weil er

zum Beispiel in Besprechungen sei. In dieser angeb-

lich streng vertraulichen e-mail wird vorgetäuscht,

dass eine Firmenübernahme

anstünde. der mitarbeiter wird

dabei unter erheblichen psychi-

schen druck gesetzt, sämtliche

Informationen in diesem Zu-

sammenhang aus betrieblichen

Gründen geheim zu halten und

mit niemandem in der Firma da-

rüber zu sprechen. der vermeint-

liche Geschäftsführer benennt

anschließend einen rechtsan-

walt oder einen Vermittler, mit

dem die weitere Vorgehenswei-

se abgestimmt werden soll. der

angebliche rechtsanwalt nimmt

kurze Zeit später Kontakt zum

mitarbeiter auf und gibt Anwei-

sungen, auf welche Konten die

Gelder zu transferieren sind.

die Täter erschleichen sich durch den fortlaufenden

gefälschten Schriftverkehr das Vertrauen der Firmen-

mitarbeiter.

Wie viele Fälle sind Ihnen bekannt?

In Baden-Württemberg sind uns seit 2014 sechs voll-

endete Fälle mit einem Schaden von insgesamt circa

17 millionen euro bekannt. In vielen weiteren Fällen

blieb die Betrugsmasche im Versuchsstadium stecken,

weil mitarbeiter richtig reagierten und die Fälschung

erkannten.

Haben Sie aktuelle Erkenntnisse über die Betrüger

und ihre Vorgehensweise?

die Kriminellen geben sich verstärkt als angebliche

Kunden und Geschäftspartner aus und suchen den

telefonischen Kontakt zu Unternehmen, um zunächst

Informationen über interne Zuständigkeiten einzuho-

len. Besonders gefährdet sind dabei die Geschäfts-

führung und die Buchhaltung. Außerdem nutzen sie

für ihre Tatvorbereitung gezielt Informationen aus

sozialen netzwerken und Karriereportalen. So ver-

schaffen sie sich individuelle Informationen über

mitarbeiter der Firmen, die sie angreifen wollen –

vor allem mitarbeiter mit Zahlungsberechtigung und

Geschäftsführer. Wenn sie genügend Informationen

gesammelt haben, nehmen die Betrüger telefonisch

oder per e-mail Kontakt mit dem Unternehmen auf.

Ziel ist es zunächst, durchwahlen und persönliche

e-mail-Adressen zu bekommen. die nutzen sie, um

sich gegenüber Zahlungsberechtigten als Geschäfts-

führer auszugeben und diese zu einem Geldtransfer

zu bewegen. Als Begründung für die Überweisung

gaukeln die falschen Geschäftsführer häufig einen

bevorstehenden Firmenkauf vor.

ZUR PERSON

Stefan Reinhard

hat sein Studium

zum Polizeikommissar in Villingen-

Schwenningen mit dem Schwerpunkt

Cybercrime absolviert. Der 27-Jährige

leitet seit dem Jahr 2015 die Zentrale

Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) beim

Landeskriminalamt Baden-Württemberg

in Stuttgart. Die ZAC (Adresse siehe Kas-

ten Seite 53) nimmt Anzeigen von Cy-

bercrime-Delikten zentral auf, vermittelt

Ansprechpartner und Experten innerhalb

der Polizei, betreut Kooperationen sowie

Allianzen und engagiert sich präventiv.

Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft schafft

neue Einfallstore für Kriminelle. Viele vor allem mittel-

ständische Firmen sind sich der Gefahren noch nicht

ausreichend bewusst. Aktuell warnt das baden-württem-

bergische Landeskriminalamt (LKA) vor dem „Geschäfts-

führerbetrug“. Was es damit auf sich hat, wer betroffen

ist, und wie Firmen sich davor schützen können berichtet

Stefan Reinhard vom LKA.

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Täter erschleichen

sich Vertrauen

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