Wirtschaft im Südwesten
4 | 2016
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Themen & TrendS
Sie haben kürzlich eine Warnung vor einer neuen
Masche des sogenannten Geschäftsführerbetrugs
veröffentlicht. Worum geht es da genau, wer ist
betroffen?
die Warnmeldung bezieht sich auf das Phänomen
CeO-Fraud oder Fake President. Bereits seit 2014
treten Betrüger an mitarbeiter von großen und mit-
telständischen Unternehmen heran. Sie verwenden
geringfügig geänderte e-mail-Adressen, um vorzu-
täuschen, dass es sich beim Absender um den Ge-
schäftsführer der betroffenen Firma handelt. Während
sich der tatsächliche Geschäftsführer außer haus
befindet, teilt der vermeintliche Geschäftsführer per
e-mail mit, er sei telefonisch nicht erreichbar, weil er
zum Beispiel in Besprechungen sei. In dieser angeb-
lich streng vertraulichen e-mail wird vorgetäuscht,
dass eine Firmenübernahme
anstünde. der mitarbeiter wird
dabei unter erheblichen psychi-
schen druck gesetzt, sämtliche
Informationen in diesem Zu-
sammenhang aus betrieblichen
Gründen geheim zu halten und
mit niemandem in der Firma da-
rüber zu sprechen. der vermeint-
liche Geschäftsführer benennt
anschließend einen rechtsan-
walt oder einen Vermittler, mit
dem die weitere Vorgehenswei-
se abgestimmt werden soll. der
angebliche rechtsanwalt nimmt
kurze Zeit später Kontakt zum
mitarbeiter auf und gibt Anwei-
sungen, auf welche Konten die
Gelder zu transferieren sind.
die Täter erschleichen sich durch den fortlaufenden
gefälschten Schriftverkehr das Vertrauen der Firmen-
mitarbeiter.
Wie viele Fälle sind Ihnen bekannt?
In Baden-Württemberg sind uns seit 2014 sechs voll-
endete Fälle mit einem Schaden von insgesamt circa
17 millionen euro bekannt. In vielen weiteren Fällen
blieb die Betrugsmasche im Versuchsstadium stecken,
weil mitarbeiter richtig reagierten und die Fälschung
erkannten.
Haben Sie aktuelle Erkenntnisse über die Betrüger
und ihre Vorgehensweise?
die Kriminellen geben sich verstärkt als angebliche
Kunden und Geschäftspartner aus und suchen den
telefonischen Kontakt zu Unternehmen, um zunächst
Informationen über interne Zuständigkeiten einzuho-
len. Besonders gefährdet sind dabei die Geschäfts-
führung und die Buchhaltung. Außerdem nutzen sie
für ihre Tatvorbereitung gezielt Informationen aus
sozialen netzwerken und Karriereportalen. So ver-
schaffen sie sich individuelle Informationen über
mitarbeiter der Firmen, die sie angreifen wollen –
vor allem mitarbeiter mit Zahlungsberechtigung und
Geschäftsführer. Wenn sie genügend Informationen
gesammelt haben, nehmen die Betrüger telefonisch
oder per e-mail Kontakt mit dem Unternehmen auf.
Ziel ist es zunächst, durchwahlen und persönliche
e-mail-Adressen zu bekommen. die nutzen sie, um
sich gegenüber Zahlungsberechtigten als Geschäfts-
führer auszugeben und diese zu einem Geldtransfer
zu bewegen. Als Begründung für die Überweisung
gaukeln die falschen Geschäftsführer häufig einen
bevorstehenden Firmenkauf vor.
ZUR PERSON
Stefan Reinhard
hat sein Studium
zum Polizeikommissar in Villingen-
Schwenningen mit dem Schwerpunkt
Cybercrime absolviert. Der 27-Jährige
leitet seit dem Jahr 2015 die Zentrale
Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) beim
Landeskriminalamt Baden-Württemberg
in Stuttgart. Die ZAC (Adresse siehe Kas-
ten Seite 53) nimmt Anzeigen von Cy-
bercrime-Delikten zentral auf, vermittelt
Ansprechpartner und Experten innerhalb
der Polizei, betreut Kooperationen sowie
Allianzen und engagiert sich präventiv.
Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft schafft
neue Einfallstore für Kriminelle. Viele vor allem mittel-
ständische Firmen sind sich der Gefahren noch nicht
ausreichend bewusst. Aktuell warnt das baden-württem-
bergische Landeskriminalamt (LKA) vor dem „Geschäfts-
führerbetrug“. Was es damit auf sich hat, wer betroffen
ist, und wie Firmen sich davor schützen können berichtet
Stefan Reinhard vom LKA.
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Täter erschleichen
sich Vertrauen
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