Immer wieder erstaunlich, was bei uns im Südwesten alles hergestellt wird. Dieses Mal geht’s um das Spannbettlaken. Dessen Erfindung hat das Bettenmachen revolutioniert und in Löffingen gibt‘s Spezialisten dafür.

Sonderlich erotisch klingt es nicht: Das Wort Spannbettlaken auf der Zunge treibt den Puls nicht gerade in die Höhe. Dabei ist die Erfindung dieses besonderen Bettlakens geradezu revolutionär, seine Entstehungsgeschichte auch durchaus aufregend – und eine Firma in Löffingen setzte dann noch eine Schippe drauf.
Alles beginnt im Sommer 1977. Mário Marques befindet sich auf Geschäftsreise in Schweden. Der Legende nach lernt der Portugiese dort eine Einheimische kennen, es knistert zwischen den beiden, und was folgt, ist eine Nacht mit ausgiebigem Liebesspiel in seinem Hotelzimmer. Am Morgen dann das gar nicht böse Erwachen: Das Betttuch liegt so glatt und stramm auf der Matratze, als hätten sich die beiden nie übers Laken gewälzt. Kein Knittern, Knautschen oder Knüllen. Erstaunt stemmt der Portugiese die Matratze hoch und stellt fest, dass das Laken darunter mit Schnüren zusammengebunden ist. „Mit Gummiband wäre es doch viel besser!“, überlegt Marques und das ist die Geburtsstunde des Lakens mit Gummizug: eine Revolution fürs Bettenbeziehen.
Das Spannbettlaken breitet sich in Europa aus und erreicht auch das Städtchen Löffingen im Schwarzwald, in dem Bettwäsche seit langem nicht nur schnöder Gebrauchsgegenstand ist. 1947 hatte nämlich Helene Jaschke, die Großmutter des heutigen Formesse-Geschäftsführers Matthias Jaschke, zusammen mit ihrem Mann Rudolf das Unternehmen gegründet, um Bettwäsche und andere Aussteuer-Textilien herzustellen. In den 1970ern übernimmt ihr Sohn Volker das Textilunternehmen – und wenig später hält eine weitere Revolution Einzug in Europas Betten: das Spannbetttuch mit Elastananteil. Die Löffinger gehören Mitte der 1980er Jahre zu den ersten, die auf einen Schuss Elastan im Baumwolllaken setzen und so für noch mehr Dehnbarkeit und Anschmiegsamkeit sorgen. Sie gelten fortan als wahre Textil-Spezialisten.
Die Jaschkes setzen auf Beständigkeit – nicht nur, was die gute Qualität der Produkte angeht oder den Fortbestand des Betriebs innerhalb der Familie, sondern auch den Firmen-Standort. Noch heute, knapp 80 Jahre nach der Gründung, befindet sich die Administration im 8000-Einwohner-Städtchen Löffingen. 44 Menschen beschäftigt das Unternehmen aktuell, im Geschäftsjahr 2023/24 erwirtschaftete es 14,5 Millionen Euro. Heute produziert Formesse neben Spannbettlaken (in 54 Farben!) Sommer-Bettdecken, Schon- und Kissenbezüge.
Die Baumwolle für Spannbettlaken und Co. stammt aus Indien, in Deutschland werden die Garne verstrickt, die Stoffe veredelt und gefärbt. Genäht wird dann zum größten Teil in der nahen Schwarzwaldregion oder im Elsass. Die fertigen Produkte lagern am Hauptstandort im Hochschwarzwald und werden von dort aus an Händler verschickt, vor allem in Deutschland und den Benelux-Ländern.
Das Spannbettlaken ist also mit echten Erfolgsgeschichten verknüpft. Einen Haken an der Erfindung gibt es allerdings. Kaum einer weiß, wie man ein elastisches Laken so zusammenlegt, dass es nicht wie ein schlampig zusammengeknüllter Haufen Stoff aussieht. Formesse sagt: je zwei Ecken ineinanderschieben und dann weiterfalten. Kriegt das die Mammutaufgabe endlich klein? Ausprobieren.
Und der Portugiese Mário Marques? Der war mit Ende 30 Millionär. Mit 47 hatte er von der Textilbranche die Nase voll, verkaufte seine Firmenanteile und erwarb ein Weingut bei der kleinen Stadt Maia, nahe Porto. Und seither baut er Wein an. Auch spannend! se