In unserer Rubrik „Aus dem Südwesten“ stellen wir Produkte vor, die viele kennen, von denen aber wenige wissen, dass sie in der Region hergestellt werden. Diesmal: eine Signalsäule von Werma, die Luftqualität misst.
Bei Mief blinkt’s
Signalsäulen sind normalerweise vor allem in Produktionen, Logistikzentren, Laboren oder Parkhäusern im Einsatz. Sie zeigen, ob alles im grünen Bereich ist, etwas fehlt oder eine Störung vorliegt. Und neuerdings auch, ob die Luft rein ist. Die auf Signaltechnik spezialisierte Firma Werma aus Rietheim-Weilheim (Kreis Tuttlingen) hat eine Ampel entwickelt, die den Anteil von Kohlendioxid (CO2) in der Luft misst. Wenn der auf über 1.000 Volumenenteile pro Million („Parts per Million“, kurz: ppm) steigt, wechselt die Ampel ihre Farbe von grün auf gelb. Das heißt: Nun sollte gelüftet werden. Passiert das nicht und steigt der Wert weiter auf mehr als 2.000 ppm, signalisiert das rote Licht: Es müsste dringend gelüftet werden und zwar so lange, bis die Ampel wieder grün leuchtet. Ab 3.000 ppm blinkt sie rot. Laut Bundesumweltamt besteht dann Gesundheitsgefahr. Denn mit dem CO2 -Gehalt steigt auch der Anteil der Aerosole in der Luft, die das Coranavirus übertragen können. Die Ampel eignet sich deshalb laut Werma für alle Räume, in denen sich lange und regelmäßig Menschen aufhalten, etwa Schulen, Großraumbüros, Geschäfte und nun wieder Restaurants.
Modular aufgebaut
Werma fertigt die CO2-Ampeln, wie die anderen Signalsäulen auch, am Hauptsitz in Rietheim. Das Unternehmen macht dabei fast alles selbst, von den Kunststoffteilen über die Metallkomponenten bis zur Elektronik. Die bunten Kunststoffbecher („Kalotten“) entstehen aus Polycarbonat-Kügelchen bei über 300 Grad in einem weitgehend automatisierten Spritzgussverfahren. Für das Innenleben der Kalotten biegen Roboterarme Drähte, montieren Lampenkontakte sowie Leuchtmittel, bringen Dichtungen an und prüfen Funktionen. Die Signalsäulen werden nach Kundenwunsch modular aufgebaut, in der Regel aus den klassischen Ampelfarben rot, gelb und grün, können aber auch aus mehr oder weniger Farben bestehen. Das schwarze Modul auf der abgebildeten CO2-Ampel enthält einen Sensor, der optisch mit Infrarotlicht den Kohlendioxidanteil in der Luft misst.
Marktführer in Europa
Bislang hat Werma mehrere tausend CO2-Ampeln produziert. Insgesamt fertigt das Unternehmen eine vielfache Menge von Signalsäulen. Zum Sortiment zählen zudem Hupen und Sirenen, optisch-akustische Kombinationen sowie Systeme zur Prozessoptimierung. Werma-Produkte sind – von Einsatzfahrzeugen abgesehen – universell und weltweit im Einsatz. An Maschinen und Anlagen, in Parkhäusern oder Laboren leuchten, blinken oder flackern, hupen, klingeln oder summen sie, wenn etwas nicht stimmt. So breit wie die Einsatzmöglichkeiten ist das Kundenspektrum. Es reicht vom großen Industrieunternehmen bis zum Ein-Mann-Betrieb. Die Wahrscheinlichkeit, ein Signalgerät von Werma zu sehen oder zu hören, ist hoch. Denn in Europa sind die Rietheimer nach eigenen Angaben Marktführer, weltweit unter den Top 3. Mehr als 40 Prozent des Umsatzes (siehe unten) erzielt Werma im Export.
Vom Haartrocker zur Ampel
Werner und Erich Marquardt gründeten die Firma Werma 1950. Sie produzierten anfangs Haartrockner sowie Motoren und sattelten Ende der 1950er-Jahre auf die Herstellung von Summern und Hupen um. 1994 brachte Werma die erste modulare Signalsäule auf den Markt. Der Umsatz lag 2019 bei mehr als 46 Millionen Euro, 2020 bei gut 44 Millionen Euro. Für 2021 rechnet man wieder mit dem Vorkrisenniveau. Werma beschäftigt 375 Männer und Frauen, davon 290 am Haupt- und Produktionssitz in Rietheim-Weilheim. Die anderen verteilen sich auf Vertriebsniederlassungen in Frankreich, der Schweiz, Italien, Belgien, Großbritannien, den USA und China. Innovation wird großgeschrieben bei Werma: Etwa zehn Prozent des Umsatzes fließen in die Entwicklung. So wurde in den vergangenen Jahren die Möglichkeit geschaffen, Sensoren in die Signalgeräte zu integrieren, die zunächst wenig genutzt wurde. Ende 2020 kam dann ein großer Schulausrüster auf Werma zu mit der Frage nach einer Ampel für die Luftqualität in Klassenzimmern. Mittlerweile stehen sie außer in Schulen auch in Büros, Fabriken, Gerichten und Impfzentren.
kat