Conny und Ingolf Haas haben der Kuckucksuhr ein modernes Gesicht gegeben und so dazu beigetragen, dass sich das Image des Schwarzwaldes gewandelt hat. Ihre Uhren kaufen nicht nur Amerikaner und Asiaten, sie hängen auch bei Prominenten wie Jogi Löw, dem britischen Kronprinzen William und seiner Frau Kate und bei der Band Iron Maiden.
Schonach. Kuckucksrufe tönen durch die Werkstatt der Schwarzwalduhrenmanufaktur Rombach & Haas, es riecht nach Farbe, Mitarbeiter montieren schlichte weiße, rote, schwarze und grüne Kuckucksuhren. So modern die Uhren, so alt sind die Werkbänke, an denen die Angestellten arbeiten, die Schubladen, in denen die Zapfen und das andere Zubehör für die Uhren gelagert werden, und auch das Firmengebäude, ein ehemaliges Bauernhaus mitten in Schonach. „So lange ich hier bin, bleibt alles so antik, wie es ist“, sagt Inhaber Ingolf Haas (57), der vergangenes Jahr das 125-jährige Bestehen des Familienbetriebs feiern konnte, beim Interviewtermin Ende Februar.
1894 hatte Gregor Rombach in dieser Werkstatt damit begonnen, Kuckucksuhren herzustellen. Nebenan, wo heute der Versand untergebracht ist, verkaufte er Lebensmittel. Denn von den Uhren konnte er anfangs nicht leben, wie Ingolf Haas berichtet, da noch niemand davon wusste. Damit sich dies ändert, holte er den Schonacher Kaufmann Christian Haas ins Unternehmen, das so zu Rombach & Haas wurde. Als Gregor Rombach nach dem Ersten Weltkrieg aus Altersgründen ausschied, übernahm Christian Haas dessen Anteile und führte den Betrieb alleine weiter. Bis zu 25 Mitarbeiter waren beschäftigt, als die Uhrwerke noch aufwendig von Hand montiert wurden, wie Ingolf Haas, der Enkel von Christian Haas, berichtet, der das Unternehmen 1996 von seinem Vater Herbert Haas übernommen hat. Seit rund 50 Jahren kauft die Familie, so wie etwa 90 Prozent aller Kuckucksuhrenhersteller, die industriell produzierten Uhrwerke von SBS-Feintechnik zu, die diese ein paar Häuser weiter produziert.
Die Geschäfte liefen mehrere Jahrzehnte gut, die Hauptkunden waren US-Amerikaner. Rund 2.000 Uhren verkaufte die Familie Haas im Jahr. Das änderte sich nach den Terrorangriffen am 11. September 2001. Die US-Amerikaner reisten nicht mehr, die Wirtschaft und auch der Dollarkurs brachen ein, und damit gingen sowohl der Absatz der Uhren im Schwarzwald als auch deren Export rapide zurück. Der Umsatz von Rombach & Haas sank um etwa 25 Prozent. Sie seien noch gut davon gekommen, berichtet Conny Haas, die Ehefrau von Ingolf Haas, vor allem die günstigeren Produkte seien betroffen gewesen, das hochpreisige Segment, das von jeher eine große Rolle spiele, weniger. Zwei Mitbewerber hätten aufgeben müssen. Conny und Ingolf Haas dagegen nutzen die Krise, um kreativ zu werden, dem traditionellen Uhrwerk moderne, schlichte Gehäuse zu verpassen, diese zum Beispiel pink zu bemalen, die Gewichte dagegen weiß. Beide hatten seit jeher ein Faible fürs Gestalten, waren in ihrer Freizeit künstlerisch tätig. Conny Haas bemalt zudem seit rund 30 Jahren die traditionellen Schilderuhren des Unternehmens von Hand. „Wir wollten aus der Kuckucksuhr etwas Künstlerisches machen“, sagt die 59-Jährige. Und ihr Mann, wie schon sein Vater gelernter Uhrmacher, betont: „Die Kunst war unsere Berufung, die Kuckucksuhr unser Beruf.“ Conny und Ingolf Haas nutzen die Krise, um ihre Berufung zum Beruf zu machen. 2005 entwickelten sie die erste moderne Kuckucksuhr, ein Jahr später stellten sie sie erstmals aus. Die Reaktionen reichten von Lob bis hin zu Beleidigungen. Drei Jahre später waren die neuen Uhren etabliert. „Ich hätte nie gedacht, dass wir so einen Hype auslösen“, sagt Ingolf Haas. Heute beschäftigen sie neun Mitarbeiter – darunter auch ihre Tochter Selina, eine selbstständige Designerin, und deren Mann Andreas Kreyer (beide 30). Im März mussten sie wegen Auftrags- und Absatzeinbrüchen angesichts der Coronapandemie allerdings zum Teil Kurzarbeit anmelden.
In den vergangenen Jahren verkauften sie stets rund 6.000 Uhren im Jahr. Etwa 80 Prozent davon sind moderne Uhren, 20 Prozent traditionelle Kuckucks- und Schilderuhren. Vertrieben werden sie vor allem über Händler weltweit, Auftragsarbeiten auch direkt. Im Februar rief wieder einmal die Assistentin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann an und bestellte zehn moderne Kuckucksuhren Uhren als Gastgeschenke der Landesregierung.
Text: mae
Bilder: Rombach & Haas / mae