
Gengenbach. Lange Zeit war der Ponyhof der Familie Wußler am Ortsrand Gengenbachs ein typisches Ausflugslokal, wie der Namenszusatz „Waldgaststätte“ bis jetzt unterstrich. Großvater Stöhr hatte 1967 eine Kegelbahn eröffnet und ein Jahr später den Gasthof. Er bot seinen Gästen Kutschfahrten an, hielt Pferde und Ponys – daher rührt der Name. Vor vier Jahren änderte sich diese Ausrichtung, wie die Gäste seither an der Speisekarte erkennen. Denn darauf finden sich nun nicht mehr nur Klassiker wie Cordonbleu oder Schnitzel, sondern auch immer mehr moderne Kreationen, beispielsweise Blumenkohlravioli oder glasierter Wildfang-Kabeljau. 2015 war die dritte Generation in den Ponyhof zurückgekehrt. Tobias und Marco Wußler, 30 und 27 Jahre alt, haben in renommierten österreichischen Häusern gelernt und über zehn Jahre gearbeitet. Das Trofana Royal in Ischgl und das Landhaus Bacher in der Wachau hatten je zwei Michelinsterne.
Daheim in Gengenbach bringen die Brüder jetzt ihre Ideen und ihre Philosophie in den Familienbetrieb ein. Das machte sich zunächst auf der Karte bemerkbar, Schritt für Schritt sollen sich nun auch die Räume anpassen. Im Juni wurden Decken und Wände renoviert. Außerdem fand der Generationswechsel offiziell statt: Die Anteile wurden auf Tobias Wußler überschrieben, und der Betrieb firmierte um von „Waldgaststätte Ponyhof“ in „Ponyhof Stammhaus“ sowie „Ponyhof Stadtmitte“. Die kleine Dependance in der Gengenbacher Altstadt betreiben die Wußlers seit einem Jahr. Dort gibt es außer einem warmen Mittagessen vor allem Leckereien aus der Ponyhof-Küche zum Mitnehmen. Beispielsweise Ragout und Gulasch, Essig und Öl, Sirup, eigenes Brot und das selbstgemachte Eis am Stiel, mit dem sich Tobias und Marco Wußler einen Namen gemacht haben. Von ihrer Kreation „Waldspaziergang“ – ein Milcheis mit gerösteten Tannenzweigen, umhüllt von Bitterschokolade mit Meersalz und karamellisierten Haselnüssen – fertigten sie für den österreichischen Pavillon auf der Mailander Expo 2015 rund 14.000 Stück.
Die Veränderungen im Ponyhof sind der Szene nicht verborgen geblieben. Schon bald, nachdem die talentierten Jungköche nach Gengenbach zurückgekehrt waren, hatten die wichtigsten Gastroführer das Restaurant mit seinen rund hundert Plätzen drinnen oder auf der Terrasse gelistet. So zeichnete beispielsweise der Guide Michelin den Ponyhof mit seinem Bib Gourmand aus (siehe hierzu auch WiS 4/19). „Die Gäste haben sich in den vergangenen vier Jahren komplett gewandelt“, sagt Tobias Wußler. „Es kommen viel mehr Genussmenschen.“ Den Wandel unterstützt der Ponyhof mit seiner neu gestalteten Website und seinem Instagramauftritt. Über 15.000 Genießer folgen dem Restaurant in dem sozialen Netzwerk, und einige sogenannte Follower kommen auch nach Gengenbach. Die Filiale in der Stadtmitte dient gleichermaßen dazu, Besucher auf das ein Kilometer entfernte Restaurant aufmerksam zu machen. Irgendwann möchte Tobias Wußler zudem ein kleines Hotel bauen, um auswärtige Gäste anzulocken.
Bislang stemmt die Familie Wußler die Neuausrichtung weitestgehend aus eigener Kraft. Beide Eltern feiern dieses Jahr ihren 60. Geburtstag und arbeiten noch voll mit. Vater Alois Wußler steht zusammen mit Tobias in der Küche, Mutter Erika Wußler kümmert sich mit Marco sowie dessen Lebensgefährtin und einer Auszubildenden um die Gäste. Außerdem backt sie wochenends rund ein Dutzend Kuchen und Torten.
kat