Freiburg. Ob Vermessung, Geotechnik oder Statik – für Disziplinen wie diese gibt es für gewöhnlich jeweils eigene Fachbüros. Für Planungsarbeiten zu Ingenieurbauten wie Brücken, Baugruben und Becken oder Verkehrsanlagen und Infrastruktur ebenfalls. Die Weiß Beratende Ingenieure GmbH aus Freiburg dagegen vereint all diese Disziplinen unter einem Dach. „Unsere Interdisziplinarität ist unsere Spezialität“, sagt Geschäftsführer Martin Felber. Eine weitere Besonderheit: Die Tragwerksplanung für Achterbahnen ist eines ihrer Spezialgebiete.
Stephan Lamprecht, der die Abteilung „Fliegende Bauten“ leitet, zeigt ein dreidimensionales Modell einer Achterbahn, das auf seinem Bildschirm zu sehen ist. Über die Schienen lässt er virtuelle Lasten fahren und berechnet, welche Kräfte durch die Waggons sowie durch Wind und Temperatur auf die Stahlkonstruktion einwirken. Daraufhin plant er deren Stützen – und zwar so, dass die Achterbahn für die Besucher sicher und für den Auftraggeber wirtschaftlich ist. „Dafür die optimale Stützenstellung zu finden, ist die Herausforderung“, sagt Lamprecht. Ist dies gelungen, schickt er dem Kunden ein Modell und empfiehlt ihm, wenn nötig, Schienen an bestimmten Stellen zu verstärken. Sobald dieser sein Okay gibt, konstruieren die Ingenieure die Stützen dann auch. Vor zehn Jahren hat das Ingenieurbüro im Schnitt drei Achterbahnen pro Jahr bemessen und planerisch konstruiert. In den vergangenen drei Jahren waren es jeweils zehn – die meisten von ihnen für die Firma Mack Rides in Waldkirch und den Europa-Park, für den die Ingenieure auch bestehende Achterbahnen sanieren. Mit diesen beiden Kunden arbeitet das Unternehmen bereits seit rund 35 Jahren zusammen.
Auch sonst ist die Weiß Beratende Ingenieure GmbH in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen: 2008, als das Unternehmen im Rahmen einer Altersnachfolge das Freiburger Ingenieurbüro Kunz übernommen hatte, setzten beide Büros zusammen rund 1,9 Millionen Euro um und beschäftigten 24 Mitarbeiter. 2017 waren es rund 4,31 Millionen Euro und 48 Mitarbeiter. 2018 gab es voraussichtlich eine leichte Steigerung beim Umsatz, und zehn weitere Mitarbeiter wurden eingestellt. „Wir wollen nicht mehr wachsen, sondern uns konsolidieren“, sagt Martin Felber.
Zum Jahreswechsel hat das Büro die Weichen für einen Generationswechsel gestellt und die Geschäftsführung von drei auf sieben Personen vergrößert: Die Diplom-Ingenieure Klemens Huber, Stephan Lamprecht, Tomislav Maras und Jörg Weihrauch, die bereits zwischen zwei und zehn Jahren im Unternehmen arbeiten, übernehmen nach und nach mehr Verantwortung. Im Gegenzug geben Peter Bläsi, Istvan Csarnai und Martin Felber – ebenfalls Diplom-Ingenieure und alle um die 60 Jahre alt – diese nach und nach ab. Bläsi und Csarnai scheiden voraussichtlich in den nächsten zwei bis drei Jahren aus dem Unternehmen aus. Sie waren um das Jahr 2000 dem promovierten Ingenieur Fritz Weiß an der Firmenspitze nachgefolgt. Dessen Vater Gustav Weiß hatte das Ingenieurbüro mit dem Schwerpunkt auf Prüfstatik im Jahr 1933 gegründet. Fritz Weiß brachte den Bereich Geotechnik mit, als er Ende der 1950er-Jahre das Büro übernahm, 2008 kamen unter anderem Planungen in der Wasserwirtschaft und Vermessungsleistungen hinzu.
Die Kunden teilen sich etwa zur einen Hälfte auf die öffentliche Hand sowie zur anderen Hälfte auf industrielle und gewerbliche Unternehmen auf. Zu Letzteren zählen neben Mack Rides und dem Europa-Park zum Beispiel die Freiburger Firmen Rhodia – dort sind permanent drei Mitarbeiter vor Ort – und Pfizer. Zu den öffentlichen Auftraggebern gehören städtische Behörden und das Regierungspräsidium Freiburg. Große Projekte der vergangenen Jahre waren zum Beispiel die Sanierung der Wehratalsperre sowie Planung und Statik der Brücken sowie Stützwände für die Anbindung der B 31 an die Unterstadt von Titisee-Neustadt, die geotechnische Beratung beim Bau der ICE-Brücke über den Rhein zwischen Straßburg und Kehl sowie der Umbau der Achterbahn Eurosat im Europa-Park.
mae