Neuhausen ob Eck. Das Maschinenbauunternehmen Chiron, Spezialist für die CNC-gesteuerte, vertikale Fräs- und Drehbearbeitung, hat nach nur 15 Monaten Bauzeit in seiner neuen Precision Factory den Betrieb aufgenommen. Der Bau ist 13.700 Quadratmeter groß, darunter 9.000 Quadratmeter für die Produktion, 2.500 Quadratmeter für die Logistik und 2.200 Quadratmeter für Büros. Zusammen mit zwei bestehenden Fabrikgebäuden bildet er den Chiron Campus auf dem ehemaligen Bundeswehrgelände in Neuhausen ob Eck, zehn Kilometer östlich von Tuttlingen. Bis zu 400 Maschinen können hier jährlich in sechs Linien gebaut werden, darunter die neuen Baureihen 16 und 25, die in puncto Schnelligkeit, Präzision und Flexibilität neue Maßstäbe setzen, so Markus Flik, Vorsitzender der Geschäftsführung von Chiron. Um solche Maschinen bauen zu können und dies auch noch in 20 Prozent kürzerer Durchlaufzeit als zuvor, bedarf es auch einer entsprechenden Produktionsstätte. Wie das Unternehmen ausführt, sind „auf dem Weg zur papierlosen Fabrik digitale Montagemappen und berührungslose Logistikbuchungen Meilensteine. Ein Pick-by-Light-System unterstützt den Kommissionierer beim schnellen und sicheren Zugriff auf gelagerte Teile. Zur Qualitätssicherung und als Referenzpunkt wird der Auslieferungszustand der Maschinen mittels eines digitalen Fingerabdrucks dokumentiert.“ Die zwölf Meter hohe Halle verfügt über eine vollkommen ebene 35 Zentimeter dicke Bodenplatte, die dank Betonkernaktivierung (43 Kilometer Schläuche verlaufen im Boden) ständig eine Grundtemperatur von 22 bis 23 Grad im Gebäude ermöglicht. Die Investitionen für die „Precision Factory“ haben sich auf 34,5 Millionen belaufen.
Wie die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut bei der Einweihung betonte, ist das Werk die derzeit modernste Werkzeugmaschinenfabrik in Europa. In dieser Fabrik komme das Beste, das die Branche im Land zu bieten habe, zusammen: hier würden Maschinen gebaut, die höchst produktiv und höchst präzise seien und dabei Standards für das digitale Zeitalter setzten. Die Wirtschaftsministerin machte aber auch darauf aufmerksam, dass zehn Jahre Aufschwung erstmal vorbei seien, der Maschinenbau im Land habe im ersten Halbjahr starke Auftragsrückgänge hinnehmen müssen, die Handelsauseinandersetzungen zwischen den USA und China sowie zwischen den USA und Europa und schließlich der Brexit träfen die Branche ins Mark. Markus Flik berichtete ergänzend von einem außerordentlich schwierigen Marktumfeld, das mehrere Jahre Rückgänge für die Maschinenbaubranche erwarten lasse. Die Auftragseingänge bei Chiron lägen nach den ersten drei Quartalen 2019 um 20 Prozent unter denen des Vorjahres, das Umsatzminus bei rund zehn Prozent. Dennoch ziehe man nach übereinstimmender Auffassung der Gesellschafter, des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung die Firmenstrategie (neue Produkte für vielfältige Zwecke) gerade in solchen Zeiten durch. Dies betonte auch Stephan Hoberg, einer der Gesellschafter des Unternehmens. Er führte aus, dass es der optimale Zeitpunkt für das neue Werk sei. Die Abhängigkeit Chirons von der Automotive-Industrie würde verringert, die neuen Maschinenbaureihen seien auch für andere Branchen ausgelegt. Dazu gehörten die Medizintechnik und die Luftfahrtindustrie.
Im vergangenen Jahr hatte Chiron bei einer Exportquote von rund 70 Prozent einen Umsatz von ziemlich genau 500 Millionen Euro erzielt. Weltweit sind 2.100 Mitarbeiter beschäftigt, darunter 930 in Tuttlingen und Neuhausen. Das Unternehmen gehört seit 1957 den Düsseldorfer Familien Hoberg und Driesch. Sie betreiben in der nordrhein-westfälischen Hauptstadt auch den Röhrenhandel Hoberg und Driesch, der einen Umsatz von circa 200 Millionen Euro erzielt.
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