Was haben Kreuzfahrtschiffe, die BMW-Kantine in München und Emirate Airlines gemeinsam? Sie nutzen die Spülmaschinentechnik von Hobart. In diesem Jahr feierte der Spezialist aus Offenburg 125-jähriges Jubiläum. Kein Grund sich auszuruhen. Die Vision lautet: Spülen ohne Wasser.
Offenburg. Manche Ideen sind so simpel – kaum zu glauben, dass vorher noch niemand draufgekommen ist. Der Two-Level-Washer vom Spültechnikspezialisten Hobart aus Offenburg ist so eine Erfindung: Für Gastrobetriebe mit wenig Platz in der Küche ist eine doppelstöckige Spülmaschine ein Segen. In 125 Jahren Unternehmensgeschichte gab es viele solcher Entwicklungen, auf die man sehr stolz sei, sagt Geschäftsführer Manfred Kohler.
Der Amerikaner Charles Hobart – ein Schüler von Thomas Edison – gründete 1897 das Unternehmen in Troy, Ohio (USA). In den Anfangsjahren stellte es Generatoren, Dynamos, Elektromotoren bis hin zu Kutschendächern her. Im Jahr 1926 übernahm Hobart die Firma Crescent und brachte die erste Spülmaschine der Marke Hobart auf den Markt. Eine Patentanmeldung 1953 hatte weitreichende Folgen: Mit der weltweit ersten Bandspülmaschine legte Hobart den Grundstein für die nach eigenen Angaben heutige Weltmarktführerschaft für gewerbliche Spülmaschinen. 1960 wurde die Geschirrwaschmaschinenabteilung der Firma K. Martin in Offenburg übernommen – seither sitzt die Kernkompetenz für Spültechnik in Südbaden. Ein entscheidendes Ereignis der jüngeren Firmengeschichte ist die Übernahme durch Illinois Tool Works (ITW), die 1999 erfolgte. ITW ist ein breit diversifizierter Mischkonzern mit Sitz in den USA; die Food Equipment Group, zu der Hobart gehört, ist einer der sieben Geschäftsbereiche.
Weltweit beschäftigt Hobart rund 6.900 Mitarbeiter, 1.100 davon arbeiten in Offenburg. Zum Kundenkreis gehören Gastronomie und Hotellerie, Gemeinschaftsverpflegung, Bäckereien und Fleischereien, Supermärkte, Industriefirmen – darunter die Kantine des Automobilkonzerns BMW in München, Veranstalter von zum Beispiel Musikfestivals, Krankenhäuser, Airlines. Nahezu alle Kreuzfahrtschiffe dieser Welt sind mit Spültechnik des Offenburger Spezialisten ausgerüstet.
„Mit dem Instrumentenkasten, der uns durch den ITW-Konzern zur Verfügung steht, haben wir die meisten unserer Prozesse nochmal komplett neu aufgerollt“, sagt Geschäftsführer Manfred Kohler.
Spülen mit Dampf
Es wurde Grundlagenforschung betrieben: Wie muss eine effiziente Düse aufgebaut sein? Wie verhalten sich Wassertropfen? Auch die Produktion wurde optimiert und kosteneffizienter, 2007 kam die erste Maschine mit „Premax“-Technologie auf den Markt. Mehr als 100 Patente wurden für diese Spülmaschinentechnologie angemeldet. Die Serie spart im Vergleich zu vorherigen Modellen die Hälfte an Wasser ein, weil sie neben Wasser auch Dampf zur Reinigung nutzt, sowie 30 Prozent Energie und 80 Prozent Chemie. Erstmals kam eine neu entwickelte Weitwinkeldüse zum Einsatz, die den Spülvorgang erheblich effizienter gestaltet. Sie wurde in den Folgejahren in alle Spülgeräte eingebaut. „Ein völlig neuer Denkansatz, der uns einen großen Schub verliehen hat. Ab da ging es steil nach oben“, sagt Kohler.
Über 500 Patente angemeldet
Als wichtigste Säule des Erfolgs betrachtet Manfred Kohler den konsequenten Fokus auf den Endkunden. „Wir betreiben intensive Marktforschung, nutzen Trendscouts und wir beobachten unsere Kunden vor Ort, um ihre Probleme zu verstehen, damit wir sie lösen können.“ Das Motto lautet „Verstehen-Vereinfachen-Fokussieren-Erneuern“. Vom Besuch vor Ort werden die Erkenntnisse in das seit 2011 bestehende Forschungs- und Entwicklungszentrum in Elgersweier bei Offenburg getragen. Bis heute wurden von dort aus über 500 Patente angemeldet.
2021 wurde die neue Werkshalle vollständig in Betrieb genommen, die direkt an die alte Halle anschließt. „Das war die größte Investition des Mutterkonzerns seit der Übernahme und damit auch ein Bekenntnis zum deutschen Standort“, sagt Kohler.
Läuft man heute durch den 13.000 Quadratmeter großen Neubau, ist alles an seinem Platz, die Mitarbeiter geschäftig. Nichts ist mehr zu merken vom „Werks-Tetris“, wie Geschäftsführer Kohler das ambitionierte Projekt nennt, den Neubau während der laufenden Produktion zu vollziehen. Jede Abteilung musste während des Baus mindestens einmal, wenn nicht sogar zweimal, umziehen – und das in der Hochphase der Coronapandemie und ohne Produktionsunterbrechung. Stressig zwar, aber die ersten Maschinen liefen bereits im Sommer 2020 vom Band. Anschließend wurde die Umstrukturierung der weiteren Produktionslinien abgeschlossen und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installiert, die nun zehn Prozent des Energiebedarfs mit Solarstrom deckt, der restliche Ökostrom wird zugekauft. Bis 2019 verzeichnete das Unternehmen jedes Jahr einen neuen Rekord, sowohl beim Maschinenoutput als auch beim Umsatz. Die Pandemie hat dies zwar kurzeitig abgeflacht, aber nicht beendet. Die Entwicklung lief auf Hochtouren weiter, Kurzarbeit war zu keinem Zeitpunkt angedacht, um die Innovationspipeline weiter zu füllen.
Stets lieferfähig
Eine größere Herausforderung ist die Versorgungslage mit Mikrochips. „Wenn jemandem eine Spülmaschine kaputt geht, kann man nicht monatelang auf Ersatz warten“, sagt Kohler. Entsprechend habe man ein Sondermodell mit leicht veränderter Steuerung und verfügbaren Teilen designt. „Wir waren immer lieferfähig!“ Mit anderen kritischen Teilen hat sich das Unternehmen rechtzeitig und umfangreich bevorratet. Dafür wurde extra eine Lagerhalle angemietet, die von einem Dienstleister gemanagt wird. Das Serviceunternehmen legt den Servicemitarbeitern von Hobart die notwendigen Teile über Nacht in die Lieferwägen – eine Art Amazon Prime für den Außendienst.
Fachkräftemangel ist mit Blick auf die Produktentwicklung ein Thema: Küchenpersonal ist knapp, Spülprozesse, die bis hin zum Einräumen der Maschine automatisiert sind, sind gefragt. Für den eigenen Arbeitskräftebedarf zieht die Personalabteilung in Sachen Marketing erfolgreich alle Register: Schnuppertage, Kinderprogramm, Mitarbeiter werben Mitarbeiter sowie spezielle Förderprogramme auch in Zusammenarbeit mit Hochschulen. Vor allem aber „sind wir ein attraktives, zukunftsfähiges Unternehmen“, meint der Geschäftsführer.
Trends: Automation und Reusables
Man könnte sagen, dass Hobart den großen Krisen vorwegläuft. Spätestens der diesjährige Dürresommer und der bevorstehende Winter in der Energiekrise machen schmerzhaft deutlich, dass Wasser- und Energiesparen keinen Aufschub dulden. „Das wird inzwischen von Kunden auch vermehrt aktiv nachgefragt“, berichtet Kohler. Impulse kämen auch vielfach aus asiatischen Ländern, die hohe gesetzliche Anforderungen an den Wasserverbrauch von Geräten stellen.
Auch das Verbot von Einweggeschirr aus Plastik durch das Verpackungsgesetz und der damit einhergehende Trend zu wiederverwendbarem Geschirr, wie Kaffeebechern, Schalen und Boxen, die Restaurants bald verpflichtend anbieten müssen, wird von Hobart in neuen Spülkonzepten realisiert. Mehrweggeschirr-To-Go wird oft aus Plastik gefertigt. Kunststoff trocknet schlechter als Porzellan, wird das noch feuchte Geschirr gestapelt, bergen die Wassertropfen Verkeimungsgefahr. Hier punktet das Unternehmen mit seiner Kombination aus Spül- und Trocknungstechnologie. Bereits seit 2018 bietet das Unternehmen nach eigenen Angaben als einziger Anbieter überhaupt „Top Dry“-Trocknung an, sodass Kunden keine Gläser mehr polieren müssen.
Gedanklich ist Kohler ohnehin schon viel weiter. Er zeigt eine Präsentation des „Single-Cup-Washer“, der Prototyp eines Geräts, das zum Beispiel bei Ketten wie Starbucks am Tresen installiert sein kann, um dort direkt die Kaffeebecher der Kunden zu reinigen. „Es gibt immer Verbesserungspotenzial“, sagt er. Die Vision des Unternehmens lautet immerhin „Spülen ohne Wasser“.
db
Bild oben: Bereits seit 2018 bietet Hobart nach eigenen Angaben als einziger Anbieter eine „Top Dry“-Trocknung an, also ein Verfahren, das wäscht und anschließend trocknet.
Bild unten: Geschäftsführer Manfred Kohler ist seit 33 Jahren im Betrieb.