Die Formalitäten, die deutsche Unternehmen zu erledigen und einzuhalten haben, wenn sie Mitarbeiter auch nur für Stunden zum Erledigen von Arbeiten nach Frankreich senden, sorgen für Aufwand und Ärger. Das hat eine breit gestreute Umfrage der IHK Südlicher Oberrhein ergeben, an der sich 425 Unternehmen beteiligt haben. Die Ergebnisse stellte Steffen Auer, Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, Anfang August bei einer Pressekonferenz vor.
Christian Löffler, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Faller Stapler in Titisee-Neustadt berichtete, dass seine Service-Mitarbeiter rund 50 Mal im Jahr zu elsässischen Kunden fahren. Die brauchen häufig schnelle Hilfe, beispielsweise wenn ein Hydraulikschlauch an einem Stapler undicht wird und dadurch Betriebsabläufe ins Stocken geraten. Der Servicemitarbeiter kann aber erst losfahren, wenn nach circa einstündiger Arbeit bei Faller alle nötigen Daten in das französische Onlinemeldeportal Sipsi eingegeben sind und ein französischsprachiger Vertreter benannt ist (das kann auch der Kunde selbst sein). Der Monteur nimmt dann eine Kopie seines Arbeitsvertrags (auf Französisch), ein jährlich zu erneuerndes Gesundheitszeugnis ebenfalls auf Französisch und die (EU-weit nötige) sogenannte A1-Bescheinigung zum Nachweis der Sozialversicherungen auf seine Fahrt mit. Für jede einzelne Fahrt muss das ganze Verfahren wiederholt werden, selbst wenn immer derselbe Mitarbeiter unterwegs ist. So ist es auch bei der Lahrer Firma Schwarzwald Eisen, deren Geschäftsführer IHK-Präsident Steffen Auer ist. Seine Frau Tanja Bohner-Auer, die ebenfalls im Unternehmen tätig ist, erläuterte, dass circa fünf Fahrten pro Tag von Lahr aus ins Elsass abgehen, also fünf Stunden Arbeitszeit im Büro dafür – meist am Vorabend – aufgewendet werden müssen. Fällt ein Fahrer aus, muss der Vorgang für den ihn ersetzenden Mitarbeiter wiederholt werden.Die Strafen, wenn die Entsandten die entsprechenden Papiere bei Kontrollen durch die französische Arbeitsinspektion an der Grenze oder beim Kunden nicht dabei haben, können laut Steffen Auer empfindlich sein: bis zu 4.000 Euro pro fehlendem Papier. Es können also hohe Summen zusammenkommen.
Diese zwei Beispiele stehen für viele vor allem kleine bis mittelständische Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern aus den Bereichen Industrie, Dienstleistung, Handwerk, die regelmäßig nach Frankreich fahren. Dabei führen die meisten (63 Prozent) Arbeiten und Reparaturen bei französischen Kunden durch. Kundenbesuche und Warenlieferungen sind dagegen weniger häufig. Zu Problemen kommt es bei den deutschen Betrieben an erster Stelle bei der Übersetzung deutscher Dokumente ins Französische, fast ebenso häufig nennen die Firmen die Einstellung der nötigen Daten ins französische Online-Meldeportal Sipsi. Die Folgen sind jetzt schon deutlich: 13 Prozent der antwortenden Unternehmen haben ihr Frankreichgeschäft eingestellt und fast ein Viertel der Firmen, die nur wenige Mitarbeiterentsendungen pro Jahr durchführen, wollen künftig keine Mitarbeiter mehr nach Frankreich schicken.
Nicht nur deutsche, sondern auch französische Unternehmen werden durch das Entsendegesetz (nach dem französischen Präsidenten, der beim Inkrafttreten des Gesetzes Wirtschaftsminister war, „Loi Macron“ genannt) ausgebremst. So berichtete Pascale Mollet-Piffert, Leiterin des Geschäftsbereich International bei der IHK, von einem Sägewerk im Elsass, das die Arbeit einstellte, weil die Wartungs- und Reparaturleistungen durch den deutschen Dienstleister nicht mehr erbracht wurden und kein französisches Unternehmen sich dazu in der Lage zeigte. Und ein weiteres Beispiel aus dem Handwerk: Kleine deutsche Ofenbauer beendeten ihr Frankreich-Geschäft – dort gibt es aber weder den Beruf noch diese Tätigkeit, sodass diese Leistung künftig im Nachbarland nicht mehr angeboten werden kann.
Was würde nun helfen? Auf diese Frage antworteten die meisten Befragten (350 von 425), dass es keine Meldepflicht bei kurzfristigen dringlichen Einsätzen mehr geben sollte. IHK-Präsident Auer meinte, es wäre eine vernünftige Lösung, hier eine längere Bewilligung, beispielsweise für ein halbes Jahr einzuräumen. Das würde Monteuren, die mehrmals für kurze Zeit den gleichen Weg machen, die Arbeit sehr erleichtern. Außerdem wünschten sich fast 300 Unternehmen den Verzicht der Übersetzung der erforderlichen Unterlagen ins Französische. Darüber hinaus hätten die Firmen gerne weniger erforderliche Dokumente und die Möglichkeit, einen Vertreter auch auf deutschem und nicht nur auf französischem Boden zu benennen.
Wie Auer weiter ausführte, bestätigen die Ergebnisse dieser Umfrage die Forderungen, die er und seine Präsidentenkollegen der Kammern am Oberrhein kürzlich in einem Brief an das französische Arbeitsministerium geschickt haben. Bei der ganzen Problematik gehe es nicht um eine Kritik an dem Entsendegesetz, vielmehr um die Aufforderung, es zu erleichtern und praktikabler zu gestalten. Nicht nur Frankreich, sondern jedes EU-Land habe ein Entsendegesetz, um – ein berechtigtes Anliegen – Sozial- und Lohndumping zu verhindern. Dem gegenüber stünden allerdings die vier fundamentalen EU-Freiheiten des Verkehrs von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Es wäre gut, so Auer, „wenn wir nicht nur schöne Abkommen unterzeichneten, wie kürzlich den Aachener Vertrag zwischen Deutschland und Frankreich, sondern auch in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vor Ort tatsächliche Erleichterungen erreichten“.
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Bild oben (Flaggen): Ilyes Laszlo – Fotolia
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Veranstaltung „Update Mitarbeiterentsendung Frankreich“: 8. Oktober (9-13 Uhr), IHK in Lahr
Frédéric Carrière
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