Knigge-Benimmregeln mögen verstaubt wirken. Und doch stehen sie im Azubi-Alltag hier und da noch auf der Agenda.
Gutes Benehmen ist ein Erfolgsfaktor, da ist man sich bei Martens und Prahl sicher. Und um da nachzuhelfen, besuchen alle Auszubildenden des Spaichinger Versicherungsmaklers ein Knigge-Baustein-Seminar. „Durch die verschiedenen Kulturen und Lebensweisen, die aufeinandertreffen, ergeben sich unterschiedliche Umgangsformen“, sagt Personalleiterin Tanja Stegmann. Im eintägigen Seminar geht es um den Umgang mit Menschen, um Geschäftsessen, Small-Talk und soziale Netzwerke. „Dies erleichtert das stilsichere Verhalten im Privat- und Berufsleben, die eigene Werteerkennung wie Respekt und Rücksichtnahme sowie das kollegiale Miteinander in unserem Team“, so Stegmann.
Betül Hanisch betreibt in Freiburg eine Knigge-Schule. Sie findet: „Azubis brauchen Knigge-Regeln wie alle anderen auch. Nur würde ich mehr von ,Knigge-Empfehlungen‘ sprechen statt von ‚Regeln‘, denn es gibt ja auch keine Knigge-Polizei, die einen verhaftet, wenn man sich nicht daran hält.“ Aber mit den Konsequenzen des eigenen Verhaltens leben müsse man eben doch: „Um in seinem Umfeld souverän, selbstsicher und wertschätzend aufzutreten, braucht es ein paar Empfehlungen, an denen sich im besten Fall alle orientieren.“ Schlechtes Benehmen gebe es aber generationsübergreifend, so Hanisch. „Sie begeistern Jugendliche für gute Manieren in allererster Linie dadurch, dass Sie als ältere Generation selbst vorleben, was sie von jungen Menschen einfordern.“
Bei den Kammern gibt es Knigge auch: Die IHK-Akademie Südlicher Oberrhein bietet ein Azubi-Angebot zur Stärkung von Schlüsselqualifikationen an, das Business-Knigge beinhaltet. „Grund für das Angebot waren Rückmeldungen der Ausbildungsbetriebe, dass heutige Schulabgänger oft noch nicht ausbildungsreif seien“, sagt Akademieleiter Andreas Klöble. Die Teilnehmerzahlen seien allerdings „fast im Promillebereich“ angesiedelt, so Klöble: 73 Teilnehmer (von rund 5.000 neu beschäftigten Azubis) habe man dieses Jahr gezählt.
Bei der IHK Hochrhein-Bodensee gibt es Seminare zu Umgangsformen. „Außerdem führen wir zum Ausbildungsstart für einige Mitgliedsunternehmen Inhouse-Schulungen zum Thema durch“, so Michaela Rennhak, stellvertretende Leiterin der Abteilung Weiterbildung. Und auch die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg ist in Sachen Knigge engagiert. „Der Bedarf ist da, man kann das nicht an einer Generation festmachen“, sagt Miriam Kammerer, stellvertretende Geschäftsbereichsleiterin Bildung und Prüfung. Aber das Grundgerüst an Umgangsformen hätten viele junge Menschen schon drauf, wenn sie eine Ausbildung beginnen. rd