Die Fahrt von Zürich nach Stuttgart dauert im besten Fall drei Stunden. Und auf 70 Kilometern zwischen Horb und Tuttlingen verläuft die Gäubahn noch immer einspurig. Dies obwohl die Strecke seit 2003 und erneut seit 2016 im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans steht und der Bundestag 550 Millionen Euro bis 2030 eingeplant hat. Der Ausbau geht aber nur tröpfchenweise voran. Ein Verbund aus zwölf Wirtschaftsverbänden hat Mitte Juni bei einem Pressegespräch den unverzüglichen Ausbau der Gäubahn gefordert.
Schon 1996 ist im Staatsvertrag von Lugano zwischen der Schweiz und Deutschland vereinbart worden, den Fernverkehr zwischen Stuttgart und Zürich deutlich zu beschleunigen und zwar von derzeit drei Stunden Fahrtzeit auf zwei Stunden und 15 Minuten. Prinzipiell ist die Strecke ein wichtiger transeuropäischer Hochgeschwindigkeitseisenbahnkorridor, in dem die Züge mit bis zu 200 Kilometern pro Stunde verkehren sollen. Die Schweiz hat ihren Anteil der Strecke von Zürich über Bülach und Schaffhausen bis an die Landesgrenze schon vor fünf Jahren für 155 Millionen Franken auf Doppelspur ausgebaut – ihre Hausaufgaben also gemacht. In Deutschland ist das Vorhaben, das die Strecke zu einem Zubringer zum Gotthard-Basistunnel und damit weiter bis nach Italien machen soll, in langjährigen Planungsverfahren ziemlich steckengeblieben. In Singen müssen die Reisenden meist umsteigen. Wegen der Eingleisigkeit zwischen Tuttlingen und Horb ist Kreuzen und Überholen nur an Bahnhöfen möglich, und der langsame Regional- und Güterverkehr behindert den Fernverkehr.
Mitte Juni haben nun zwölf Wirtschaftsverbände (siehe Kasten) ihre Forderungen an das Bundesverkehrsministerium und die Deutsche Bahn in einem Pressegespräch bei der Firma Marquardt in Rietheim-Weilheim benannt und bekräftigt. Guido Wolf, Landesjustizminister und Vertreter des Interessenverbandes Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn, leitete ein, dass der Ausbau schon viel zu lange dauere und man im Rahmen des jetzigen Bundesverkehrswegeplans zum Ziel gelangen müsse. Birgit Hakenjos-Boyd, Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, meinte ergänzend, das Verkehrsministerium und die Bahn betrieben Verzögerungstaktik. Sie forderte eine leistungsfähige Verbindungsachse für die beiden großen Wirtschaftsräume Zürich und Stuttgart, eine funktionierende Zulaufstrecke für den Gotthard-Tunnel und die Alpentransversale in der Schweiz sowie eine Kapazitätsreserve für die überlastete Rheintalbahn. Dass diese beim Störfall als kaum zu umfahrendes Nadelöhr wirkt, hatte sich bei dem Unfall in Rastatt 2017 gezeigt. Der Schaden damals wurde auf annähernd zwei Milliarden Euro geschätzt. Hakenjos-Boyd forderte, den Bundesverkehrswegeplan bis Ende der Laufzeit im Jahr 2030 umzusetzen und die vorgesehenen 550 Millionen Euro bis dahin zu investieren.
Firmenchef Harald Marquardt betonte, dass alle Arbeitgeber zwischen Stuttgart und Zürich noch attraktiver würden, wenn Pendeln mit dem Zug eine echte Alternative zum Pkw wäre. Marquardt, der auch Vizepräsident der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg ist, berichtete, dass nur die wenigsten seiner 2.500 Mitarbeiter am Standort Rietheim-Weilheim wohnen, also pendeln müssen. Auch zu den Flughäfen in Stuttgart und Zürich würden die Marquardt-Beschäftigten wegen der schlechten Zuganbindung fast ausschließlich mit dem Auto fahren. Marquardt meinte, die Region fühle sich abgehängt und die Unternehmen dort hätten jetzt die Nase voll.
Andrea Marongiu vom Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg sprach die staubedingten Qualitätsverluste an. 71 Prozent der von der Wirtschaft bedingten Logistik finde auf der Straße statt, nur 19 Prozent auf der Schiene. Eine ausgebaute Strecke könne die Straße deutlich entlasten.
Beteiligte des Bündnisses
Die Industrie- und Handelskammern Schwarzwald-Baar-Heuberg (als Initiator), Region Stuttgart, Reutlingen, Nordschwarzwald und Hochrhein-Bodensee, der VSL Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg sowie der Interessenverband Gäu-Neckar-Bodenseebahn haben sich mit dem Schweizerischen Dachverband der Wirtschaft Economiesuisse, dem Speditionsverband Spedlogswiss, der Handelskammer Deutschland-Schweiz, der Zürcher Handelskammer sowie der Industrie- und Wirtschaftsvereinigung Schaffhausen zusammengeschlossen. Sie repräsentieren 430.000 Mitglieder.
Firmenchef Harald Marquardt betonte, dass alle Arbeitgeber zwischen Stuttgart und Zürich noch attraktiver würden, wenn Pendeln mit dem Zug eine echte Alternative zum Pkw wäre. Marquardt, der auch Vizepräsident der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg ist, berichtete, dass nur die wenigsten seiner 2.500 Mitarbeiter am Standort Rietheim-Weilheim wohnen, also pendeln müssen. Auch zu den Flughäfen in Stuttgart und Zürich würden die Marquardt-Beschäftigten wegen der schlechten Zuganbindung fast ausschließlich mit dem Auto fahren. Marquardt meinte, die Region fühle sich abgehängt und die Unternehmen dort hätten jetzt die Nase voll.
Andrea Marongiu vom Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg sprach die staubedingten Qualitätsverluste an. 71 Prozent der von der Wirtschaft bedingten Logistik finde auf der Straße statt, nur 19 Prozent auf der Schiene. Eine ausgebaute Strecke könne die Straße deutlich entlasten. „Die Bahn ist Lebensnerv der ganzen Region“, betonten verschiedene Vertreter der IHKs. 20 Prozent der deutschen Exporte stammten aus Baden-Württemberg, Waren im Wert von 15 Milliarden Euro gingen jährlich in die Schweiz und solche im Wert von zehn Milliarden Euro nach Italien. Und für die Schweiz ist Deutschland und vor allem Baden-Württemberg der wichtigste Handelspartner. Eine ausgebaute Verbindung würde 104.000 Personenfahrten vom Auto und 561.000 Tonnen Güter vom Lastwagen auf die Schiene verlagern können, so wurde errechnet. Der Gesamtnutzen im Personenverkehr könnte bei 230 Millionen Euro, jener im Güterverkehr gar bei 615 Millionen Euro liegen.
Kurt Lanz, Verkehrsspezialist bei Economiesuisse, und Regine Sauter, Nationalrätin und Direktorin der Zürcher Handelskammer, stellten die Linie als Zubringer zur Alpentransversale mit dem Gotthard und dem Lötschberg-Basistunnel heraus. Dafür habe die Schweiz 20 Milliarden Euro ausgegeben. Diese Infrastruktur sei nur halb so viel wert, wenn die Zulaufstrecken in Deutschland und Italien nicht ausgebaut werden. Derzeit würden bereits 40 Millionen Tonnen im Güterverkehr verlässlich und klimafreundlich über das Schweizer Schienennetz alpenquerend transportiert.
Thomas Albiez von der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg brachte den Tourismus ins Spiel. Die derzeitige Schienenverbindung sei so schlecht, dass es immer weniger Bahnreisende gäbe und damit der verzögerte Ausbau von Politik und Bahn begründet würden. Aus diesem Teufelskreis gelte es auszubrechen. Abschließend meinte Birgit Hakenjos-Boyd, die Wirtschaft gebe sich nicht mehr länger zufrieden mit Lippenbekenntnissen, sie brauche vielmehr Transparenz und Planbarkeit.
Einen kleinen Lichtblick gibt es: Bund und Deutsche Bahn haben eine Finanzierungsvereinbarung (35 Millionen Euro) für den Ausbau des 5,8 Kilometer langen Abschnitts zwischen Horb und Neckarhausen geschlossen. Mit einem Baubeginn ist allerdings nicht vor 2021 zu rechnen. Wann der zweigleisige Ausbau zwischen Rottweil-Neufra und Rietheim-Wurmlingen erfolgen soll, ist unklar.
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Eine Broschüre mit weiteren Informationen – sie heißt „Schienenachse Stuttgart-Zürich“ – ist bei der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg erhältlich.
Kontakt:
Martin Schmidt
Telefon: 07721 922-207
Mail: schmidt@vs.ihk.de