Fortsetzung folgt – ein Wunsch, der leider nicht immer in Erfüllung geht. Denn noch nie war Unternehmensnachfolge so schwer wie heute. Laut aktuellem
DIHK-Report kommt nur ein Interessent auf drei Unternehmen. Doch es gibt auch positive Beispiele: Birgit Hakenjos hat es innerhalb nur weniger Monate geschafft, ihr Unternehmen „HAKOS“ an einen externen Nachfolger zu übergeben.
Frau Hakenjos, Ihre Unternehmensübergabe ging geradezu lehrbuchmäßig vonstatten. Wie sollte ein Übergabeprozess aussehen?
Birgit Hakenjos: Den Übergabeprozess sollte man so früh wie möglich angehen und sich vorab auch beraten lassen. So lässt sich eine passende, individuelle Nachfolgeregelung für das eigene Unternehmen herausarbeiten und man erhält einen guten Überblick über Angebote, Beratungen und Hilfestellungen, die hierfür genutzt werden können. Denn eine Unternehmensübergabe kann ein langer und komplexer Prozess sein und nicht immer läuft es so wie in meinem Fall.
Welche Herausforderungen sehen Sie derzeit bei der Unternehmensnachfolge, insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen?
Eine der größten Herausforderungen ist sicherlich der Mangel an geeigneten Nachfolgerinnen und Nachfolgern. Viele Unternehmen suchen aktuell händeringend nach einer geeigneten Nachfolge, aber die jüngere Generation hat oft andere Karrierepläne, möchte vielleicht sogar selbst gründen und sieht die Unternehmensübernahme noch nicht als Möglichkeit der Selbstständigkeit. Hinzu kommt, dass aufgrund des demografischen Wandels weniger Nachfolger in den Startlöchern stehen. Außerdem sind Themen wie Finanzierung, Unternehmensbewertung und sogar die emotionale Bindung an das Unternehmen nicht zu unterschätzen.
Welche beratenden Schritte sollten Unternehmen frühzeitig unternehmen, um eine erfolgreiche Nachfolge sicherzustellen?
Für das Thema der Unternehmensübergabe ist das Know-how verschiedener Akteure relevant, wie zum Beispiel Steuerberatungen, Anwälte, eine Beratung durch Banken und Unternehmensberater.
Unternehmen sollten daher mindestens fünf Jahre vor der geplanten Übergabe mit der Nachfolgeplanung beginnen. Dazu gehört insbesondere die Suche nach einer geeigneten Nachfolge, aber auch die Bewertung des Unternehmens und die Klärung vieler steuerlicher und rechtlicher Fragen.
Die Nachfolge auf den Weg zu bringen, fällt sicherlich nicht leicht?
Man sollte sich auf jeden Fall auch emotional und persönlich auf die Lösung vom Unternehmen vorbereiten. Der eine schafft das leichter, der andere schwerer. Häufig reden wir von einem ganzen Lebenswerk, dass es in andere Hände abzugeben gilt. Ich persönlich arbeite nun beratend in meinem Unternehmen mit, welches ich übergeben habe. Dies ist auch immer eine wichtige nützliche Stütze für den Nachfolger. Und durch meine ehrenamtliche Tätigkeit als Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg weiß ich, dass das Konzept der Nachfolgemoderation der IHK eine erste Orientierung und wichtige Hilfe im gesamten Prozess der Nachfolge geben kann.
Warum ist das Thema Unternehmensnachfolge für die IHK und ihre Mitgliedunternehmen von besonderer Bedeutung?
Allein in den kommenden fünf Jahren stehen bundesweit 250.000 Unternehmen zur Übergabe an. Unserer Erfahrung nach kann von diesen Unternehmen zirka ein Drittel die Nachfolge innerhalb der Familie regeln und jedes fünfte dieser Unternehmen wird an Mitarbeiter übergeben werden. In der Konsequenz benötigen etwa die Hälfte dieser Betriebe eine externe Nachfolge. Weiterhin schätzen wir, dass, je nach Branche, zwischen drei bis vier abzugebende Unternehmen einem potenziellen externen Nachfolger gegenüberstehen. Das heißt leider auch, dass alle anderen für immer ihre Tore schließen werden. Betrachten wir dabei einmal unsere Region, dann werden momentan von den 34.000 Mitgliedsbetrieben der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg rund 1.700 von Frauen und Männern über 55 Jahren geführt. Diese Unternehmen werden als nächstes nachfolgerelevant, wenn man von einer Übergabedauer von fünf bis zehn Jahren ausgeht.
Das Thema Nachfolge nimmt also stetig an Bedeutung zu. Es ist ein wichtiger Faktor für die Stabilität und das Wachstum unserer Wirtschaft in der Region. Und am Ende des Tages geht es nicht nur um das Unternehmen, sondern auch um die vielen Arbeitsplätze. Und da diese Betriebe momentan genau vor dieser Herausforderung stehen, geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger zu finden, haben wir uns dieses Thema ganz groß auf die Fahne geschrieben. Die IHK versteht sich hierbei als Partner und Unterstützer, um diesen Übergang so reibungslos wie möglich zu gestalten.
Welche speziellen Angebote oder Programme bietet die IHK, um bei der Nachfolgeplanung zu unterstützen?
Die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg hat eine Nachfolgekampagne initiiert und bietet in deren Rahmen eine Vielzahl von kostenfreien Programmen an. Ich denke hier beispielsweise an die Sprechtage zur Nachfolgeplanung, die persönliche Beratung und Begleitung durch Expertinnen und Experten im Rahmen einer Moderation, an unseren Arbeitskreis Nachfolge zum gemeinsamen Erarbeiten von Lösungsansätzen mit anderen Nachfolgeakteuren und eine Börse zum Suchen und Finden einer Nachfolge. Zudem arbeiten wir eng mit Finanzinstituten und Beratungsfirmen zusammen, um eine umfassende Unterstützung zu gewährleisten. Denn keine Übernahme ist wie die andere und jede Phase im Übergabeprozess braucht das passende Wissen. Hier können vor allem unsere beiden IHK-Nachfolgeberaterinnen Larissa Kratt und Marlene Roming eine wichtige Anlaufstelle sein, denn neben einem umfangreichen Wissen und jahrelangen Erfahrungen in der Unternehmensnachfolge verfügen sie auch über ein weitreichendes Netzwerk.
Was würden Sie Unternehmern raten, die sich aktuell mit der Frage der Nachfolge beschäftigen?
Mein wichtigster Ratschlag ist: Fangen Sie früh an! Je früher, desto besser. Die Nachfolge ist ein Prozess, der Zeit, Planung und oft auch viel Geduld erfordert. Nutzen Sie die Unterstützung, die Ihnen zur Verfügung steht, und seien Sie offen für eine externe Beratung und Begleitung. Gerade diese liefert oft nochmals eine ganz andere und vor allem auch eine neutrale Sicht auf die Dinge. Und die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg hilft hier gerne mit ihren Angeboten und bei Fragen rund um das Thema Unternehmensnachfolge. Dafür haben wir eigens eine Nachfolgehotline eingerichtet, die interessierte Unternehmen erreichen können unter 07721 922-250 oder per E-Mail an nachfolge@vs.ihk.de.
Birgit Hakenjos
Birgit Hakenjos hat im Juli nach über 20 Jahren als Geschäftsführerin ihre Geschäftsanteile an der „HAKOS Präzisionswerkzeuge Hakenjos GmbH“ mit Sitz in Villingen-Schwenningen an die Ketterer Familien GmbH in Bad Dürrheim übertragen. Seit 2018 ist die 58-Jährige Präsidentin der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg.