Fast viertausend Unternehmen, die in den drei südwestlichen IHK-Bezirken im „Grundstücks- und Wohnungswesen“ tätig sind, zählt das Statistische Landesamt. Meistens dreht es sich um Betriebe mit nur wenigen Beschäftigten. Ihre Tätigkeitsgebiete sind vielfältig. Sie sehen sich seit August vergangenen Jahres neuen gesetzlichen Anforderungen gegenüber. Die IHKs werden voraussichtlich ab 1. März 2019 im Rahmen einer neuen Zuständigkeitsregelung für Berufszulassungen in der Branche verantwortlich sein.
Die Märkte brummen. Wie der Immobilienverband Deutschland IVD (Verband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen) Ende vergangenen Jahres festgestellt hat, dürften die Immobilienumsätze 2018 in Baden-Württemberg wie schon in den Vorjahren wieder gestiegen sein, dieses Mal um über acht Prozent auf 38,1 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das Umsatzvolumen in Freiburg liegt bei etwa einer Milliarde Euro. Aber, so stellen Stephan Kippes, Geschäftsführer von IVD Süd und Leiter des IVD Marktforschungsinstitutes, sowie Dirk Schemmer, Immobilienmakler und Sachverständiger in Freiburg, übereinstimmend fest, die Verkaufsfälle gehen eher zurück, es gibt viel zu wenige Objekte. Es herrscht Angebotsdürre, so Schemmer, der Bestandspuffer ist kurz, die Verweildauer der einzelnen Objekte im Angebot meist außerordentlich gering. Dies meldet auch jede regionale Bank, wenn sie sich im Immobiliengeschäft engagiert. Die Mieten steigen ebenfalls nach wie vor, in Baden-Württemberg vermutlich zwischen drei und fünf Prozent im vergangenen Jahr. Dieser Markt ist gleichfalls seit Jahren von großem Nachfrageüberhang gekennzeichnet. Und Vieles, was verkauft und vermietet wird, so Schemmer und die Konstanzer Immobilienverwalterin Kathrin Welter, geht unter der Hand weg, ohne die Beteiligung der Branche. Im Mietbereich hat darüber hinaus das Bestellerprinzip, nach dem seit dem 1. Juni 2015 vor allem die Vermieter die Provision bezahlen, der Branche „wehgetan“, so Stephan Kippes vom IVD.
Die Branche ist gekennzeichnet von überwiegend kleinen Betrieben. Die vom Statistischen Landesamt für das Jahr 2016 aufgeführten circa 3.930 Unternehmen in den drei südwestlichen IHK-Bezirken (siehe die Tabelle auf Seite 10) geben rund 4.100 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Brot und Arbeit. Ihr Umsatz lag bei etwa 1,8 Milliarden Euro. Überwiegend dürfte es sich bei den Unternehmen um Makler handeln. Zumindest ist das aus den Zahlen des IVD ablesbar. Der Verband hat bundesweit 6.000 Mitglieder, von ihnen sind 80 Prozent Makler, wobei 40 Prozent ausschließlich makeln, die anderen haben zudem eine Hausverwaltung oder sind auch als Bauträger und/oder sogar als Sachverständige tätig. 15 Prozent der 6.000 Mitglieder sind reine Verwalter und fünf Prozent Sachverständige. Das ineinander Übergehen der Bereiche ist also ebenfalls ein Charakteristikum der Branche.
Nachhaltige Gründungen erfordern Durchhaltewillen
Dirk Schemmer (49) stellt tätigkeitsspezifische Charakteristika der verschiedenen Bereiche der (vom Statistischen Landesamt sogenannten) Wirtschaftsabteilung „Grundstücks- und Wohnungswesen“ fest. Den Immobilienmakler charakterisiert er als kommunikationsfreudig und gut vernetzt. Es brauche da schon zehn Jahre, meint Schemmer, bis ein Netz aufgebaut sei, eine gute Ausbildung und permanente Weiterbildung seien nötig.
Die Verwalter beschreibt er als entweder der Buchhaltung entstammend oder besonders gut mit der Technik von Bauten vertraut. Im Umgang mit den Kunden, egal ob im Wohneigentums- oder Mietbereich, ist ebenfalls Kommunikationsfähigkeit gefordert. Auch hier gelte: Aus- und Weiterbildung sind ein Essential. Während die Immobilienmakler häufig alleine unterwegs sind, ist bei den Verwaltern meist etwas mehr Personaleinsatz nötig – buchhalterische und juristische Kenntnisse auf der einen, technisches Wissen auf der anderen Seite. Auf die Frage der Honorierung von Verwaltern meint Schemmer, 25 bis 30 Euro pro Wohnung und Monat seien nicht unüblich, es könne jedoch auch schon bei 20 Euro beginnen. Logischerweise sollte daher ein Verwalter rund 300 Einheiten verwalten, um davon leben zu können. Beim Makeln beläuft sich die Provision in Baden-Württemberg laut Schemmer üblicherweise auf 3,57 Prozent (inklusive Mehrwertsteuer), sowohl für den Käufer als auch den Verkäufer. Dass der Käufer alles bezahlt, kommt in Berlin, Frankfurt oder Hamburg vor, im Südwesten kaum. Sachverständige gibt es laut Schemmer nur wenige. Die IHK Südlicher Oberrhein beispielsweise zählt lediglich zehn öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige mit Sitz in ihrem Bezirk. Häufig handelt es sich dabei um Architekten, Bauingenieure oder Betriebswirte. Der Arbeitsaufwand sei sehr hoch, die Honorierung ist beim Privatauftrag frei – Orientierung bieten dabei die einschlägigen Verbände – bei Gericht gilt das JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz).
Eine nachhaltige, das heißt auf lange Zeit angelegte Gründung ist laut Schemmer in der Branche nicht einfach. Die ersten fünf Jahre seien schwierig, dann folgten fünf Jahre auf einem Niveau, das man „so lala“ bezeichnen kann, dann läuft es ordentlich. Wichtig sind Offenheit, Ehrlichkeit, Solidität. Firmen in zweiter oder dritter Generation sind nicht die Regel. Manche Unternehmen verschwinden einfach vom Markt, nachdem ihr Besitzer ins Rentenalter gekommen ist, manche werden verkauft (hier sollte man keine übertriebenen Vorstellungen haben) und manche wiederum gehen auf die Kinder über.
Eine Hausverwaltung in Konstanz übernommen
Kathrin Welter (43) beispielsweise ist 2008 in das von ihrer Mutter gegründete Unternehmen eingestiegen. Die Diplombetriebswirtin, die zuvor in einigen größeren Unternehmen gearbeitet hatte, machte 2013 noch den Immobilienfachwirt und ist außerdem Immobilienmediatorin. Das ist einerseits ein weiteres Standbein ihrer Firma, aber auch eine wichtige Hilfe bei Eigentümerversammlungen. 2014 hat sie mit der Firma die Verwalterverträge und das seit fast 30 Jahren bestehende und besonders in Zeiten der Handwerkerüberlastung wichtige Netzwerk übernommen. Das Unternehmen wurde in eine GmbH umgewandelt. Das Geschäft läuft inzwischen so gut, dass sie, neben dem Firmensitz in Konstanz-Wallhausen eine Filiale in Uhldingen aufmachen konnte. Welter engagiert sich sowohl im Verband, als auch in der Nachwuchsarbeit. So ist sie Mitglied des Verwalterfachausschusses des IVD Süd und des Prüfungsausschusses für Immobilienkaufleute bei der IHK Hochrhein-Bodensee.
Die Maklerfirma der Mutter auf eine neue Basis gestellt
Ein Beispiel für die gelungene Übernahme eines Maklerbüros ist Leo Beyer (34). Der Architekt (Diplom an der Universität Karlsruhe) hat nach Lehr- und Wanderjahren in Architektur- und Planungsbüros sowie einer Maklerfirma 2015 die Firma seiner Mutter Lydia Beyer in Freiburg übernommen. Das Angebot der Firma hat er aus dem Wohn- auch in den Gewerbeimmobilienbereich kräftig erweitert. Neue Aktivitäten sind auch unabhängige Baufinanzierungen sowie die Optimierung von Immobilien. Dabei helfen Partnerunternehmen seiner Bürogemeinschaft im roten Herdergebäude in Freiburg, die aus Architekten, Bauphysikern, Bauleitern und Juristen besteht. Leo Beyer setzt neben der Digitalisierung und Prozessautomation auf schnellere Aufbereitung und professionelle Darstellung der Objekte. Das Team der Firma ist von vier Mitarbeitern auf 13 gewachsen (darunter mehrere junge Leute, die in dualen Studiengängen eine Ausbildung machen), der Umsatz ist kräftig gestiegen. Beyer hatte neben seiner Ausbildung und dem familiären Fluidum große Vorteile in Form des Netzwerkes seiner Mutter und deren Erfahrungsschatz, den sie bis heute an ihn weitergibt. Neuerdings betreibt er neben den großen Büroräumen im Herdergebäude auch einen kleinen Geschäftsladen, und er arbeitet kräftig an der Marke „Beyer“, deren Europalizensierung er anstrebt.
Genossenschaften stellen mehr als ein Zehntel aller Wohnungen
Ein ganz anderes Segment, das ebenfalls in die Erfassung des „Grundstücks- und Wohnungswesens“ des Statistischen Landesamtes fällt, sind Baugenossenschaften und gemeinnützige Wohnbaugesellschaften, also Unternehmen, die Wohnbauten errichten, verwalten und unterhalten, die sie nicht weiterverkaufen, sondern den Mitgliedern ihrer Genossenschaft als Mietwohnungen zur Verfügung stellen. Ein Beispiel dafür ist die Baugenossenschaft Villingen. Ihre Geschäftsführer, der Architekt Franz Eisele (50) und der Bilanzbuchhalter Andreas Scherer (48), führen eine Genossenschaft, die bereits 1902 – schon damals gab es Wohnungsnot – von zwei Pfarrern gegründet wurde. Sie hat knapp 1.200 Mitglieder und verfügt über 800 Wohnungen, 455 Garagen sowie 197 Stellplätze. Ihr Umsatz lag 2017 bei 5,5 Millionen Euro, die Geschäftsguthaben der Mitglieder beliefen sich auf 2,2 Millionen Euro. Ziel der Genossenschaft ist es, neben der Ausschüttung von vier Prozent Dividende auf die Guthaben der Mitglieder, diesen Wohnungen zur Verfügung zu stellen, deren Mieten etwa zehn Prozent günstiger als die (im örtlichen Mietspiegel niedergelegten) lokalen Durchschnittsmieten sind. Dies bei gleichzeitiger permanenter Renovierung des Wohnungsbestandes und auch dem Neubau. Ein sehr großes Objekt in den vergangenen sechs Jahren war das Warenburg-Areal mit 125 neuen Wohnungen, nachdem bislang dort stehende alte Gebäude abgerissen worden waren. Die Villinger Baugenossenschaft hat den Vorteil – der sich aus ihrem Alter ergibt -, dass sie über Immobilien verfügt, die zur Zeit ihrer Gründung am Ortsrand lagen, sich mittlerweile jedoch in Zentrumsnähe befinden. Die Nachfrage ist sehr groß, und die Wartezeit liegt bei mindestens einem Jahr für Interessenten. Immer wieder kann es auch zu Wohnungswechseln kommen, wofür die Voraussetzung eine hohe Altersspreizung der Genossen ist. So ist es nicht selten, dass eine ältere Person lieber in eine neue kleine Wohnung mit Aufzug umziehen möchte und dann ihre große Altbauwohnung für eine junge Familie freimacht. Baugenossenschaften und kommunale Wohnungsunternehmen, so berichten Scherer und Eisele, stellen über zehn Prozent aller Wohnungen in Deutschland. Der einschlägige baden-württembergische Verband hat 300 Mitglieder, im Regierungsbezirk dürften es zwischen 70 und 100 sein.
Aus- und Weiterbildung gewinnt an Gewicht
Für alle hier zitierten Branchenvertreter gilt übereinstimmend, dass sie eine gründliche Aus- und Weiterbildung derjenigen für nötig halten, die in der Branche tätig sind. Kathrin Welter beispielsweise berichtet, dass sich während der vergangenen Jahre die Urteile zur Mietgesetzgebung vervielfacht haben. Das betrifft auch Betriebskostenrecht, Bauvorschriften, Brandschutz, Datenschutz, WEG-Rechtsprechung. Die Kunden gehören gründlich und regelmäßig informiert, am besten online. „Transparenz in Permanenz“ lautet da das Credo von Welter. Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es – auch in der Region – viele. Eine große ist die DIA (Deutsche Immobilienakademie) in Freiburg. Mehr als 300 Absolventen, die aus ganz Deutschland kommen, verlassen die Akademie jedes Jahr. Auch die IHKs haben immobilienbranchenspezifische Lehrgänge und Weiterbildungseinrichtungen im Angebot ihrer Einrichtungen.
Neue gesetzliche Bestimmungen, Rolle der IHK
Seit dem 1. August 2018 müssen sich die Branchenangehörigen mit neuen gesetzlichen Bestimmungen auseinandersetzen. Die Immobilienmakler hatten bisher schon Zulassungsbedingungen für ihre Tätigkeit zu erbringen. Dabei war die Erlaubnis (ausgesprochen vom Landratsamt) zu versagen, wenn die persönliche Zuverlässigkeit und geordnete Vermögensverhältnisse nicht gegeben waren. Die Erlaubnis wurde unabhängig von der Qualifikation des Gewerbetreibenden ausgesprochen oder versagt. Eine Erlaubnis für Wohnimmobilienverwalter gab es bislang überhaupt nicht. Seit dem ersten August 2018 nun müssen auch Immobilienverwalter eine Erlaubnis haben. Diese umfasst die gleichen Voraussetzungen an die persönliche Zuverlässigkeit und die geordneten Vermögensverhältnisse wie bei Immobilienmaklern. Nur für Verwalter gilt darüber hinaus, dass sie eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung (500.000 Euro für jeden Versicherungsfall und eine Million Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres) haben müssen. Eine Weiterbildungsverpflichtung aber gibt es für beide Tätigkeitsfelder. Diese beläuft sich auf 20 Stunden in drei Jahren, sowohl für Inhaber als auch für qualifizierte Beschäftigte. Übt eine Person sowohl die Makler- als auch die Verwaltertätigkeit aus, so muss sie 40 Stunden Weiterbildung innerhalb von drei Jahren nachweisen. Untergebracht sind diese Bestimmungen im novellierten Paragraphen 34c der Gewerbeordnung sowie in der Makler- und Bauträgerverordnung.
Eine weitere Neuerung wird es aller Wahrscheinlichkeit nach ab dem 1. März 2019 geben: Die Industrie- und Handelskammern werden dann die Zuständigkeit für die Berufszulassungen der Branche haben und diese von den Landratsämtern beziehungsweise von den kreisfreien Städten übernehmen.
Text: Ulrich Plankenhorn