Was für ein toller Blick in so viele Gesichter!“ Als Medical-Mountains-Geschäftsführerin Yvonne Glienke zur Eröffnung des 13. Innovation Forum Medizintechnik auf die Bühne der Tuttlinger Stadthalle trat, schwangen Emotionen mit. Wie sehr der persönliche Austausch der Branche gefehlt hatte, wurde in diesem Moment fassbar – und mit der Rekordzahl von 450 Teilnehmern auch messbar.
Das Innovation Forum stand unter dem Leitgedanken „Zukunft gestalten – den entscheidenden Schritt voraus“. IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Albiez sah darin die Herausforderung formuliert, angesichts einer „unglaublichen Dynamik“ mit den Entwicklungen Schritt halten zu können. Wie sich dann auch noch ein Vorsprung erarbeiten lässt, dafür hatte Technology Mountains-Vorstandsvorsitzender Harald Stallforth kein Patentrezept zur Hand, „sondern nur Zutaten“. Zum einen: den Vorteil der Medizintechnik zu nutzen, direkt mit den Anwendern Bedarfe zu analysieren und darauf zu reagieren. Zum anderen: mit Kooperationspartnern die technologischen Potenziale nutzbar zu machen. Beides verlangt nach Kommunikation. „Deswegen sind Netzwerke so unglaublich wichtig.“
Den Faden griff Henry W. S. Schroeder in seiner Keynote über neue Wege der Visualisierung in der Schädelbasischirurgie auf. Die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und der Medizintechnik sei extrem bedeutsam, betonte der Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie der Universitätsmedizin Greifswald: Aus der Industrie heraus gelangen Innovationen in den OP-Saal, mit dem Feedback der Chirurgen können die Unternehmen die Instrumente wiederum besser machen. Der sich selbst befeuernde Kreislauf zum Wohle der Patienten ist jedoch durch die EU-MDR spürbar ins Stocken geraten. Erste Bestandsprodukte seien nicht mehr verfügbar, Zulassungen mit enormen Hürden verbunden – an bahnbrechende Neuentwicklungen wollte Henry W. S. Schroeder vorerst nicht denken: „Wir wären froh, wenn wir erst einmal das nutzen könnten, was wir schon hatten“, resümierte er später beim Podiumstalk.
Über spektakuläre Fortschritte beim 3D-Druck von Organen berichtete indes Ute Schepers vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Über alle Größenordnungen hinweg eröffnen additive Verfahren ungeahnte Möglichkeiten: Angefangen bei haarfeinen „Mikroschwimmern“, die sich durch Wärme aktivieren lassen, über lernfähige Nervenzellen bis hin zur fertigen Nase für die plastische Chirurgie, so die Professorin. Zwar wird es noch dauern, bis ein komplettes, mit Blut- und Nervenbahnen versehenes Organ transplantationsreif aus dem Drucker kommt – die Grundlagen sind jedoch gelegt.
Ein realitätsnahes Szenario skizzierte Ute Schepers so: Im Säuglingsalter werden Stammzellen gewonnen und aufbewahrt, sodass sich aus ihnen viele Jahrzehnte später für genau diese Person wieder Zähne aufbauen lassen – sozusagen die „Dritten aus dem Drucker“. Was Ute Schepers hervorhob: Technologische Durchbrüche lassen sich nicht im Alleingang erzielen. Es gebe „viele Hände, die an allen Stellen mitwirken“. Bei der Sensorik zum Beispiel, der Fluidik, Bildgebung und Medizintechnik allgemein.
Zusammenarbeit als Zutat für die Zukunft
Der Appell fand hörbar Widerhall. Angefangen beim Warm-up am Vorabend, dann nach den fast 50 Vorträgen in den Sälen und auf den Open Stages, an den Ständen der 75 Aussteller in der Stadthalle und im InnoCamp, mit den Besuchern aus dem Partnerland Saarland.
„Innovation kann nur durch Kommunikation gelingen“, erinnerte Yvonne Glienke, „daher gehören der fachliche Input und die vielen Gespräche untrennbar zusammen.“ Die ersten Rückmeldungen von Ausstellern und Besuchern seien sehr positiv – und motivierend, direkt nach Torschluss in die Planungen für das nächste Innovation Forum Medizintechnik einzusteigen: am 20. Oktober 2022.
Text: Ke
Bilder: Medical Mountains GmbH
Bild oben:
Podiumstalk mit den Keynote-Speakern des Forums (von links): Harald Stallforth (Vorstandsvorsitzender Technology Mountains e.V.), Henry W. S. Schroeder (Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie der Universitätsmedizin Greifswald), Ute Schepers (Institut für Funktionelle Grenzflächen am Karlsruher Institut für Technologie) und Yvonne Glienke (Geschäftsführerin Medical Mountains GmbH).
Bild unten:
Rund 450 Teilnehmer zählte das 13. Innovation Forum Medizintechnik: Entsprechend gut gefüllt waren die Vorträge; Eröffnung, Keynotes und Podiumstalk wurden aus dem Großen Saal per Livestream in andere Bereiche der Tuttlinger Stadthalle übertragen.
Britta Norwat, Medical Mountains GmbH
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